Ist da niemand?

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Jaron blickt immer wieder unsicher hin und her. Wie kann es sein, dass er dieses märchenhafte Schloss vorher nie wahrgenommen hat? Mit jedem Schritt, mit dem er darauf zugeht, steigt seine Herzfrequenz. Seine Herzschläge fühlen sich wie eine Trommel an. Seine Beine sind butterweich. Trotzdem tragen sie ihn in Richtung seines Ziels. Ihm ist vor Aufregung ganz warm geworden, sodass er die Kälte nicht mehr spürt. Die tanzenden Schneeflocken nimmt Jaron nun als wunderschönes Spiel der Natur wahr. Wie ferngesteuert bewegt der Junge sich weiter auf das Schloss zu. Die Landschaft wird immer winterlicher.

Nur noch ein paar Schritte trennen Jaron von dem Gemäuer. Auch aus der geringer werdenden Entfernung sieht das Schloss unbewohnt und verlassen aus. Jaron befürchtet, dass sich seine Hoffnung auf ein warmes Plätzchen und etwas zu Essen nicht erfüllen wird. Nun steht er an der Zugbrücke. Ja, das Schloss sieht verwaist aus, aber durch die weiße Bedeckung wirkt es auch irgendwie zauberhaft. Zumal es nicht so groß ist.

Jaron zögert etwas, aber dann schreitet er mutig über die Zugbrücke. Er kommt an ein großes Portal. Aber nichts deutet darauf hin, dass es ein Eingang sein könnte. In seiner Verzweiflung schreit er: "Ist hier niemand?" Doch außer den unheimlichen Lauten einer Schneeeule bleibt es still. Die Hitze der Aufregung lässt nun auch wieder nach. Jaron friert erbärmlich. Er hat das Gefühl, dass es immer kälter wird. Doch es geschieht einfach nichts, nur die kauzigen Laute der Schneeeule. Ein wunderschönes Tier. Doch helfen kann sie ihm jetzt auch nicht. Voller Enttäuschung dreht sich der Junge um.

Da hört Jaron wie sich ein Fenster öffnet. "Was willst du? Warum schreist du so?", hört er eine Stimme. Erschrocken dreht Jaron sich wieder um. Sein Blick fällt auf das Fenster. Auf einen Jungen mit hellblonden Haaren und eisblauen Augen. Obwohl der Junge eigentlich nett aussieht, wirken seine Augen unheimlich kalt. Jaron stottert verlegen und zitternd vor Kälte.

"I-i-ich bin Jaron. M-m-mir ist kalt."

"Dann solltest du bei den Temperaturen nicht im Shirt hier rumlaufen. Bist selbst Schuld."

"A-a-aber."

"Nichts aber. Hier ist nicht die Heilsarmee."

"S-s-sorry, dass ich gestört habe."

Traurig senkt Jaron seinen Kopf. Wie kann jemand mit so schönen Augen nur so herzlos sein. "Dieser Idiot hat ein Herz aus Eis. Genau wie seine Augen. Alles eiskalt", denkt Jaron. Und schon wieder kommen aus seinen Augen Tränen. Die werden sofort zu Eis und das tut auf seiner Haut echt weh. Dabei sieht doch alles hier mit den Schneeflocken so romantisch aus. Wie sie die anmutige Eule umspielen. Jaron denkt an Kilian. Er vermisst ihn so. Er stellt sich vor, wie er sich an ihn ankuschelt und ihm die Wärme gibt, die ihm gerade so fehlt. Wie sie beide Hand in Hand und total verschmust durch diese Winterlandschaft gehen. Nun kommt nun auch noch Hunger und Durst. Jaron beugt sich. Er weiß nicht, ob er die Kraft hat, den Weg zurückzufinden. Er sackt in sich zusammen und spürt nur noch wie die Schneeeule aufgeregt um ihn herumschwirrt.

SchneeflockenprinzenWhere stories live. Discover now