Kapitel 59

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„Man erkennt es am Nasenbluten, aber ich glaube, dass man sie gar nicht verhindern kann", gab sie wenig erfreut zu. „Trotzdem danke, dass du mir dabei hilfst. Sie kommen ja auch nicht so oft."

„Aber vielleicht kann man sie abschwächen, wenn man sie rechtzeitig erkennt ...", sagte er und versuchte schließlich aufzustehen. „Ich hole deine Kleidung, damit du dich anziehen kannst, in Ordnung?" Da jedoch seine Beine komplett eingeschlafen war, verlor er sein Gleichgewicht und knickte ein, sodass er auf den Knien landete. Haru fluchte nicht gerade leise und nett, wobei es ihm selbst galt.

„Alles in Ordnung?", wollte Sezuna sofort wissen, hob sich aber die Decke an die Brust, bevor sie ein Stück übers Bett krabbelte, um nach Haru zu sehen.

„Ja schon, Beine sind nur eingeschlafen ...", murrte er und stöhnte, weil das Kribbeln, das sich nun ausbreitete, schmerzhaft war. Das war normal, wenn sie anfingen, wieder aufzuwachen, doch es tat dieses Mal richtig weh.

„Dann mach langsam", murmelte Sezuna und blieb auf dem Bett sitzen, während sie Haru beobachtete, wie dieser langsam aufstand.

„Mach ich doch schon ...", knurrte er und massierte seine Beine erst einige Zeit, als er stand und bewegte sich mehr und mehr. Sein Gesicht war verzerrt, aber es ging ihm bald besser und noch ein wenig steif ging er ins Badezimmer, um ihre Kleidung zu holen.

Haru warf diese auf das Bett, als er zurück kam und meinte, er würde nun ins Badezimmer gehen, damit sie sich in Ruhe umziehen konnte.

Sezuna nickte und beobachtete Haru. Er wirkte irgendwie verärgert, doch sie wusste nicht warum. Hatte sie ihn irgendwie verärgert?

Der Junge duschte ausgiebig, bevor er wieder zu dem Mädchen zurückkehrte. In der Zwischenzeit dachte er viel nach, aber er wurde davon nur sehr erschöpft, dass er es aufgab. Als er aus dem Badezimmer kam, hatte er bereits seine Hose wieder an, aber das Handtuch über seine Schultern gelegt, wobei er noch seine Haare abtrocknete. „Geht es dir besser?", fragte er und schüttelte seinen Kopf, um das Wasser aus seinen Ohren zu bekommen.

„Ja, geht es. Ich bin das ja schon gewohnt", meinte Sezuna und winkte ab, als wäre es nicht wichtig. „Ich denke aber, es ist trotzdem besser, wenn wir jetzt schlafen."

Haru nickte und trocknete sich den restlichen Oberkörper ab, bevor er das Handtuch zurück brachte und sich sein T-Shirt wieder anzog. „Schlaf gut, Sezuna. Ruh dich aus, in Ordnung?", sagte er zu ihr und zog die Decke über das Mädchen, welches schon im Bett lag. Kurz streichelte er über ihr Haar und lächelte sie an, bevor er sich auf den Boden setzte und sich gegen das Bett lehnte. Haru schloss seine Augen und atmete tief ein, denn er war sich im Klaren darüber, dass sie wieder anfangen würde zu diskutieren. Aber das würde wohl immer so sein.

„Und ich dachte, du wolltest mit im Bett schlafen", murmelte sie und rutschte ein Stück zur Seite. „Falls du es dir anders überlegst."

Er winkte ab, das ihr zeigen sollte, dass sie das ganze Bett für sich hatte. Doch bevor er das Licht ausmachte, entschied er sich anders und sah sie kurz an. „Wenigstens getrennte Decken", verlangte er und zog sich seine Hose und T-Shirt aus, sodass er nur noch Unterwäsche trug und holte seine Decke aus der Hosentasche heraus. Zumindest ein bisschen wollte er von seinem Stolz bewahren, denn er war zu stolz um zuzugeben, dass er es genossen hatte, mit Sezuna unter einer Decke zu schlafen, auch wenn es notwendig gewesen war. Und er war zu stolz zu sagen, dass es auf dem Boden unbequem war.

Haru legte sich ins Bett, nachdem er das Licht ausgemacht hatte und rollte sich in seine Decke ein. Er war ein wenig launisch, weil er sich so schnell anders entschieden hatte.

Er drehte ihr den Rücken zu und spürte kurz darauf, wie sich Sezuna von hinten an ihn schmiegte und seine Wärme genoss.

Haru knirschte mit den Zähnen, weil sein Kopf und sein Herz zwei verschiedene Dinge wollten, sein Kopf sagte nein, sein Herz sagte ja. Auf der einen Seite wollte er sie von sich schieben, auf der anderen Seite wollte er ihre Nähe spüren. Der Junge selbst war verwirrt darüber, wie man so fühlen konnte.

Allerdings wollte er ihr auch zeigen, dass es nicht ihre Schuld war, dass er so kompliziert war ...

Sezuna bemerkte von seiner inneren Zerissenheit nichts und schmiegte sich einfach weiter an seinen Rücken, während sich ihr Atem beruhigte und sie langsam ins Land der Träume glitt.

Es dauerte einige Zeit, bis auch er einschlief. Allerdings hatte er unruhige Träume, in denen er etwas hinterher lief und etwas festhalten wollte. Haru wusste nicht, was es war, doch er wachte nachts schweißgebadet auf und unruhig setzte er sich hin. Noch immer lag Sezuna an ihn geschmiegt, doch sie schien es nicht zu bemerken. Sein Herz raste und er versuchte sich an den Traum zu erinnern, aber er konnte es nicht.

Im Zimmer war es dunkel und still. Es musste noch mitten in der Nacht sein, obwohl man draußen vor dem Fenster noch immer Licht sehen konnte. Der Markt schien auch in der Nacht zu laufen, aber ein wenig leiser.

Nur sein schneller Atem war zu hören und es dauerte einige Minuten, bis er sich beruhigt hatte. Vorsichtig legte Haru sich zurück ins Bett und versuchte die gleiche Position zu bekommen. Doch es schien, dass Sezuna in den paar Minuten näher an ihn heran gerückt war, weil sie wahrscheinlich ihn nicht mehr spürte.

Allerdings hatte er nun keinen Platz mehr und ihm blieb nichts anderes übrig, als Sezuna wieder auf ihre Seite zu schieben, sonst konnte er wirklich auf dem Boden schlafen.

Das Mädchen rührte sich dabei kaum und wachte auch nicht auf. Als er sich jedoch wieder hinlegte, schien es, als wäre sie sofort wieder bei ihm und kuschelte sich an die Seite, die er ihr zugedreht hatte.

Wie gut, dass sie seine gemurmelten Worte nicht hören konnte. Haru brauchte eine Weile, bis er wieder einschlafen konnte, doch endlich war er ruhiger und entspannt im Tiefschlaf.

Allerdings drehte er sich in der Nacht um und nahm Sezuna automatisch in den Arm, ohne es zu merken.

Diese kuschelte sich nur weiter an ihn heran und schien es gar nicht zu bemerken. Sie schlief wie ein Murmeltier und wachte auch nicht auf.

In den frühen Morgenstunden wollte sich Haru jedoch wieder umdrehen. Da er aber das Mädchen umarmt hatte und gleichzeitig an der äußeren Kante des Bettes lag, gelang ihm das nicht, denn er schlief dabei tief. Allerdings fiel Haru unsanft aus dem Bett, wobei er Sezuna unbewusst mit sich gezogen hatte. „Ugh ...", stöhnte er, als er durch den unsanften Aufprall aufwachte und im ersten Moment wusste er gar nicht, was geschehen war.

Durch den Aufprall wurde auch Sezuna wach und sah sich ein wenig verpeilt um. „Haru?", murmelte sie, weil sie nicht ganz verstand was los war und sich die Position seltsam war.

„Bin aus dem Bett gefallen ... mit dir ...", antwortete er und versuchte sich aufzurichten. Das war jedoch nicht einfach, denn irgendwie hatten sie es geschafft, die Decken zu verknoten, auch wenn er nicht verstand, wie das möglich war. Nur verstand er, dass er irgendwie deswegen nicht aufstehen konnte.

Sezuna, die ebenfalls irgendwie in der Decke verknotet war, hing mit den Beinen noch auf dem Bett, aber mit dem Oberkörper unten bei Haru und versuchte sich irgendwie zu befreien.

„Wie es scheint, sind die Decken sogar gegen mich", knurrte Haru und schob Sezuna erstmal auf das Bett zurück, nicht dass sie auch noch komplett herausfiel. Dann nutzte er seine Magie, um die Decken zu entknoten, damit Sezuna und er frei waren. Schließlich gab er ihr die Decke zurück und rollte sich im Stehen in seine eigene Decke ein, bevor er sich zurück ins Bett legte. Zwar sah er nun aus wie eine Wurst, die mumifiziert war, aber so entging er dem erneuten Risiko, mit verknoteten Decken aufzuwachen. „Hast du dir weh getan?", fragte er sie, als er endlich wieder neben ihr lag.

„Mir geht es gut", versicherte Sezuna und kuschelte sich ebenfalls in ihre Decke, blickte Haru dabei aber wach und neugierig an.

Ihm entging dieser Blick nicht, deshalb fragte er sie, warum sie ihn so ansah. Trotzdem drehte er sein Gesicht nicht zu ihr, sondern blieb erst einmal auf dem Rücken liegen.

„Darf ich wieder kuscheln kommen?", fragte sie leise und sogar ein wenig schüchtern.

„Von mir aus, aber lass mich erst weiter reinrutschen, du hast mir nämlich in der Nacht den Platz weggenommen, als ich einmal aufgewacht bin", gab er zurück und Widerstand dem Drang, sie wieder in den Arm zu nehmen.

„In Ordnung", murmelte sie und rutschte weiter an die Wand, damit Haru Platz hatte und sich richtig hinlegen konnte.

Nun rutschte er weiter in die Mitte und machte es sich bequem. „Jetzt kannst du kommen", sagte er freundlich und wartete, bis sie wieder bei ihm war. Ungern gab er es zu, aber ihre Nähe half ihm, einfach besser zu schlafen, denn es gab ihm ein beruhigendes Gefühl.

Galdur - Fenua (Band 2)Where stories live. Discover now