Kapitel 6.1 - Lonely With Me

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   Ich war nicht ganz so spät aufgestanden, wie es eigentlich nötig gewesen wäre, hatte nur ein paar wenige Stunden geschlafen, aber das reichte schon. Kaffee würde alles richten, wie immer. Zudem waren meine Träume wirr und handelten von Dean, was nicht dazu animierte weiter träumen zu wollen.

   Ich sah in der Küche die Tageszeitung aufgeschlagen und ehe ich mir einen Kaffee ziehen wollte, warf ich einen kleinen Blick darauf. Mein Vater hatte die Seite mit Sicherheit aufgeschlagen gelassen, damit ich es selbst lesen konnte. Ethan und Julienne, ein schönes Foto von uns. Immerhin keines von dem Kuss, aber das könnte ich sicherlich auch noch irgendwo finden, wenn ich nur danach suchen würde.

   »Ethan soll das nächste Mal bitte vor der Garage parken«, hörte ich meinen Vater aus seinem Arbeitszimmer rufen. Ich war mir nicht sicher, was er mir sagen wollte, sicher war er gerade erst heimgekommen und hätte gar nicht wissen können, das Ethan so lange zu Besuch war.

   »Es wird nicht mehr vorkommen«, rief ich zurück und lugte am Rahmen ins Arbeitszimmer. Mein Vater wirkte müde und dennoch schien er weitere Krankenakten zu wälzen.

   »Wenn es nach mir gehen würde, könnte er parken wo er will, aber Roy hat gemeint, er käme so nicht aus seiner Ausfahrt raus.« Mein Vater rollte mit den Augen. Ethan hatte nicht mal ansatzweise in der Nähe der Auffahrt unserer Nachbarn gestanden, eher wollte Roy meinem Vater scheinbar den langen Besuch eines Mannes unter die Nase reiben.

   »Roy ist eine Klatschtante.«

   »Ist er sicher, Juls. Aber auch ein wachsamer Nachbar, der auf dich aufpasst, wenn keiner da ist. Sehe das immer als Vorteil. Ich hätte ja nicht gedacht, dass zwischen dir und dem Collister-Jungen was ernsthaftes entsteht.« Er schien es beiläufig sagen zu wollen, aber ich hörte genau heraus, dass mein Vater die Wahrheit wissen wollte. Wie nahe standen Ethan und ich uns wirklich und das nicht, weil es sich besser machte, wenn da mehr wäre, sondern weil er sich sorgen um seine Tochter machte und sie nicht verletzt wissen wollte.

   »Wir haben nur geredet, ich denke er ist ein netter Typ, freundschaftlich gesehen.«

   »Vor mir musst du dich deswegen gewiss nicht rechtfertigen. Es ist dein Leben, so lange ich sicher bin, dass es ein guter Umgang ist.«

   Ich wusste direkt, auf was er ansprach.

   »Keine Sorge Dad, ich passe auf mich auf.«

   »Na immerhin scheinst du nicht mehr ganz so böse auf uns zu sein.«

   Wenn er sich da mal nicht geschnitten hatte.

   »Ich bin immer noch enttäuscht, böse war ich euch nicht. Nur enttäuscht, Dad.« Enttäuschung war viel schlimmer, als jemanden böse zu sein. Ich wendete mich ab und ließ die Worte so stehen, was sie sicher schon gewohnt waren, denn so reagierte ich in der letzten Zeit oft und ich war nicht müde, ihnen zu sagen, wie sehr sie mich enttäuscht hatten.

   Ich stöberte noch ein wenig im Internet und fand wirklich noch Fotos von diesem Kuss, einen Moment, den man normalerweise nicht mit der ganzen Welt teilen wollte. Na ja, nun war es so. Ich warf einen Blick auf mein Telefon. Eine Sprachnachricht von Emily, in der sie sich sehr freute, dass wir so gut damit umgegangen waren. Auch wenn Frank den Kuss zu viel fand, sie war begeistert. Sie teilte mir mit, dass sie Ethan angehalten hatte heute ein wenig mit mir durch die Stadt zu laufen, einfach das gute Wetter zu genießen. Hatte ich kein Anrecht auf Freiheit mehr? Ich musste lernen? Ich war in den Letzen paar Wochen nicht mehr ausreichend dazu gekommen und ich fürchtete, es würde sich auch sehr bald an meinen Ergebnissen widerspiegeln. Aber ich hatte scheinbar keine andere Wahl, denn als ich aus dem Fenster blickte, sah ich Ethans Wagen anfahren. Ich drücke mir meinen Kaffee und als ich die Tür öffnete, ohne dass es klingelte, drückte ich die Tasse Ethan in die Hand.

lies have their own truth - Band 1 der Ethan und Juls ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt