Epilog

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Juhee

Den warmen Wind in den Haaren radelte ich die Straßen entlang. Obwohl es ein typisch heißer Augustabend war, lag etwas in der Luft – eine leichte Abkühlung, ein Duft nach Frische wie nach einem Gewitter, das schon ein Vorbote des Septembers war. Das passierte jeden Sommer, man sah das erste welke Blatt auf dem Bürgersteig und es kam die erste Nacht, in der man ohne laufende Klimaanlage schlafen konnte. Ich war dann immer ein bisschen traurig, ich wollte nie, dass der Sommer zu Ende ging. Ich hatte etwas gegen den Lauf der Zeit.

Vor mich hin lächelnd überquerte ich die Straße und ging zur WG herauf, die Villa. Meine offenen Haare fielen locker auf den Rücken, ein angenehm wildes und unordentliches Gefühl, was sich in mir ausbreitete. Die Sonne ging bald unter, der Himmel über den Bergen schimmerte blassrosa.

Als ich die Villa betrat, roch es verdächtig nach süßem Popcorn.

»Hallo?«, rief ich in das Gebäude herein. »Ist jemand da?«

Ich legte meine Tasche in der Garderobe ab und folgte dem gefährlich süßen Duft des Maises.

»Madam. Bist du bereit für eine Show?«, flüsterte mir eine bekannte Stimme ins Ohr und die Vorfreude, die ich empfand, war nun nicht mehr zu halten. Ich drehte mich um und blickte in das breitgrinsende Gesicht meines Freundes.

Ich verstand zwar nicht ganz, worauf er hinauswollte, doch ich lies mich darauf ein.

Ein schneller Kuss streifte meine Lippen und er zog mich an meinem Handgelenk hinter sich her.

Ich stolperte mehr oder weniger in den Garten des Dorms und konnte unter anderem Madison, Jae und Namjoon entdecken. »Was wird -«, wollte ich Jimin schon fragen, doch er legte mir einen Finger auf die Lippen und zog mich wortlos mit sich.

Er hielt mich fest und atmete meinen Duft ein. »Wir werden so viel Spaß in nächster Zeit haben.«

Sein Lachen war ein warmer Hauch an meinem Hals. »Ja, das werden wir. Und ich werde dich immer lieben Park Jimin. So viel weiß ich mit Sicherheit.«

Sein Griff um meine Taille wurde fester und er küsste mich erneut.

Als wir die anderen ansteuerten, konnte ich ausmachen, wie sich jeder von ihnen mit Popcorn bewaffnete und sie mir zuwinkten. Ich war aber immer noch genauso planlos gewesen, wie vor zwei Minuten. Neben Hoseok konnte ich ein Mädchen ausmachen. Sie schien etwas jünger zu sein als wir.

»Ich bin Dawon, Hoseoks Schwester«, stellte sie sich mir vor und ich begrüßte sie ebenfalls.

»Tae gibt ein Workout, das darfst du nicht verpassen«, rief mir Jae lachend entgegen und deutete auf ihn. Dawon sabberte schon fast auf ihr Top, aber es war natürlich Maddie, die auf mich wirkte, als hätte sein Anblick sie in seinen Bann gezogen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, Taehyung hatte dieses Workout ganz bewusst gemacht, um uns zu gefallen.

»Weißt du was?«, fragte ich dann meine Freundin, die ihre hungrigen Augen nicht von ihm nehmen konnte und sich die Wasserflasche schnappte und den Deckel abschraubte. »Bist du dir sicher, dass das hier eine so gute Idee war?« Wir waren gerade wieder zurück in die Villa gegangen, um Popcorn nachzufüllen.

»Das hier ist eine gute Idee. Und auch wenn wir nicht professionell aussehen, ist mir das scheißegal.« Meine Freundin reagierte ungewöhnlich defensiv, immer wenn es um Tae ging, der sie immerzu kokettierte. Auch wenn ich fürchtete, dass sie mir den Kopf abreißen würde, fragte ich sie etwas, was mir schon länger auf der Zunge lag.

»Wieso reagierst du so abweisend auf Taehyung und doch beobachtest du ihn heimlich, als würdest du ihn wollen? Ihr habt euch verdammt nochmal geküsst, Maddie.«

Langsam wendete sie sich zu mir, ihre Miene ernst, aber nicht sauer. »Hast du dir diesen Typen mal angesehen? Jeder, der nicht blind ist, würde sich ihn gerne schnappen.«

»Ja, aber er findet dich auch scharf, wieso gehst du nicht mit ihm aus? Wieso kämpfst du gegen ihn an?«

Ihr Blick veränderte sich, wurde weicher, verletzlicher. Etwas, was ich selten an ihr gesehen hatte im letzten Jahr.

»Sieh mich doch an«, sie deutete mit dem Kopf auf ihren üppigen Körper und sah mir dann wieder in die Augen. Sie hatte Größe 44, sah aber wunderschön aus.

»Das meinst du jetzt nicht ernst, oder? Du bist die selbstbewussteste Frau, der ich jemals begegnet bin.«

Dann seufzte sie, es war ein resignierendes, trauriges Seufzen.

»Ja, aber dieses Selbstbewusstsein ist hart erkämpft, mein Gewicht wurde oft kritisiert und ich hatte keine leichte Zeit in der Schule.« Nur für einen kurzen Moment sah ich hinter ihre Mauern aus Selbstvertrauen und entdeckte eine verletzliche Frau, die sie sonst nie durchscheinen ließ.

»Das habe ich gar nicht gewusst. Warum hast du es mir nie erzählt?«

»Es war auch kein öffentliches Mobbing wie heutzutage, aber es hat wehgetan. Und außerdem war es mir peinlich, denn auch ein Kim Taehyung würde mich auch nie einordnen, weil ich nicht ins Schema passe und nicht das Vorzeigefreundinmaterial bin für einen Weltstar seiner Größe.«

»Bist du dir da sicher? Du hattest doch ein richtig gutes Gefühl bei der Sache.«, fragte ich unsicher.

»Natürlich bin ich das! Meinungen können sich ändern, Juhee. Ich weiß, dass das nie klappen würde, deshalb stoße ich ihn von mir, früher oder später würde es schiefgehen. Du hast ihn doch bei dem Konzert vor mir gesehen. War da noch ein Anzeichen von irgendwas?« Maddie stand verärgert auf, und zwar so heftig, dass sie gegen den Gitarrenkoffer stieß und dieser umfiel. Da die Wohnzimmertür einen Spalt offen und die Gartentür geöffnet war, entdeckte er sie. Sein verschwitztes Hemd klebte an seinem Körper. Doch dann tat Madison etwas Untypisches und hockte sich hin, obwohl es längst zu spät war. Ich dachte, sie stand wirklich auf ihn. »Hat er mich gesehen?«

Ich hob vorsichtig den Kopf und sah durch den Spalt der Tür, jedoch konnte ich vor Erstaunen die Augen nicht von meiner besten Freundin nehmen. »Ob er dich gesehen hat, weiß ich nicht, aber er ist nicht mehr im Garten.«

»Was! Er kommt doch nicht hierher, oder?«, fragte sie unsicher, fast ängstlich, schloss die Tür und verriegelte sie. Wer war diese Frau und wo war meine Madison geblieben?

»Keine Ahnung«, antwortete ich ehrlich und nahm das Popcorn, um es zurück in den Garten zu bringen. Ich war gerade dabei, aufzuräumen, als er plötzlich an der Tür klopfte.

»Oh nein! Das ist doch nicht Taehyung, oder?« Wir waren eine Weile still, dann klopfte es erneut.

»Prinzessin, ich weiß, dass du da bist. Mach die Tür auf.«

»Den Teufel werde ich tun!«, entgegnete Madison – wie immer.

»Ach komm, sei nicht so. Wenn du ganz brav bist, werde ich vielleicht ein Spezial-Workout für dich und Juhee machen.«

Ich verkniff mir ein kurzes Lachen.

»Geh weg!«

»Ich denk ja nicht dran« Und dann ging es so weiter, bis Maddie endlich die Tür öffnete und der Wahnsinn begann. 

BETWEEN US | 𝐏𝐉𝐌 ✓Where stories live. Discover now