4. Kapitel

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Juhee

»Sie hört tatsächlich unsere Musik«, flüsterte Hoseok Yoongi zu, der es nur mit einem nachdenklichen Gesicht kurz abnickte.

»Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich glaube ich habe meinen Dad rufen hören.« Ich wies mit dem Daumen über meine Schultern und verließ rückwärts, sauer, sowie enttäuscht, das Tanzstudio 6B. Schlimmer hätte es nicht laufen können!

»Sie ist komisch«, hörte ich Jimin sagen.

»Ich mag sie«, nuschelte Jungkook.

»Habe ich mir das eingebildet oder habt ihr auch niemanden rufen gehört?«, fragte Taehyung verwirrt und sah die anderen Jungs an, in der Hoffnung einer könnte ihn aufklären. Aber auch die zuckten ratlos mit den Schultern.

»Ich glaube ihr Vater hat auch nicht gerufen. Ich denke -« Namjoons Stimme verklang als die Tür hinter ihnen zufiel. »Ich denke wir sollten anfangen«

Mit einem knallroten Kopf rannte ich durch das riesige Anwesen. Was war das denn gerade bitte? Ich sah auf mein Handy - Meine zwei Stunden waren noch nicht ganz vorbei und ich rannte in den, um der Ecke liegenden Coffeeshop, um mir etwas zu kaufen. Wenn ich meinen Kopf gegen die Glasscheibe knallen ließ, wie hoch wäre die Wahrscheinlichkeit einer Amnesie? Vorsichtig sah ich mich in diesem kleinen Café um, in dem ich mich seit ungefähr einer zehn Minuten versteckte. Mein Auftritt vorhin war mir so peinlich, dass nur noch zwei Dinge halfen: Heißer Kaffee, sowie Madison mit E-Mails zutexten.

Aber da es in Kansas gerade mal fünf Uhr früh war, würde es noch eine Weile dauern, ehe sie antworte. Also bestellte ich irgendeine wirre Kombination des Kaffees und hoffte daraufhin in eine Art Koma zu fallen, bei dem ich die letzte Stunde aus meinem Kopf radieren könnte. Der Coffeeshop war ziemlich klein und dunkel gehalten. Ich mochte es sehr. Die Wände waren aus rotem Backstein und die riesige Uhr im retrostyle zeigte an, dass wir es gerade elf Uhr hatten. Schwarze Lampen hingen von der Decke und schwedische Sprüche waren in roten auf die Wände gedruckt. Die Tische sowie Stuhl waren aus dunkelbraunem Holz, die Platzdecken und Kissen dagegen in hellen Cremefarben. Rote Tulpen standen auf jedem Tisch und verliehen dem Café etwas Wohnliches. Ja, es gefiel mir hier.

Ich stellte mich in eine kleine Schlange an und wartete. Außer uns gab es nur noch das Personal und ein Pärchen, dass sich an einem Ecktisch gegenseitig beamtete. Augenrollend wünschte ich ihnen, dass sie an ihrer Liebe erstickten. Da verging mir selbst der Appetit auf den Kaffee. Ich verließ das kleine Café, schloss langsam die Tür wieder und musterte das Plakat, welches an der Fassade hing, mit verschränkten Armen genauer.
Es wurde ein Zeichenkurs an einer Uni hier in Seoul angeboten. Der Start war nächste Woche und man hatte noch zwei Tage Zeit, sich mit einer Zeichnung bewerben, um ausgesucht zu werden.

Ich stand eine gefühlte Ewigkeit davor und wusste nicht so recht, ob ich es wagen sollte. Doch ich war jetzt sechs Wochen hier und hatte nicht so wirkliche Pläne. Meinen einzigen Traum BTS kennen zu lernen, hatte ich gleich am zweiten Tag geschafft und vergeigt. Also was solls? Dann ging ich diesem Sommer eben meinem Hobby nach! Ich nickte mir selbst bestätigend zu und riss einen Zettel ab, wo die Adresse, sowie Telefonnummer draufstand.

Mit dem Kaffee bewaffnet, kam ich beim BigHit Gebäude wieder recht schnell an. Es war echt ziemlich beeindruckend, vor allem, weil ich damals nur Bilder von außen gesehen hatte. Da meine zwei Stunden in ein paar Minuten abgelaufen waren, bestieg ich den Aufzug und drückte den richtigen Knopf. Ich wollte ja pünktlich sein. Kurz bevor sich die Türen schlossen, sprang noch eine Person mit herein. Verdeckt von einer Kapuze und einer Sonnenbrille, erkannte ich ihn nicht sofort, doch spätestens beim zweiten Blick, den er mir zuwarf, wurde mir klar, dass es Jimin sein musste.

Moment, Jimin?

Er war doch noch vor einer halben Stunde oben im Tanzraum. Er zog die Kapuze ab und lächelte mich schmallippig an.

»Du schon wieder. Hi.« Er hatte schon wieder so einen sarkastischen Unterton, der mich etwas aufregte, aber erstens war ich mir zu stolz, um mich wegen so etwas kleinem aufzuregen uns zweitens wollte ich ihm trotz vorhin doch die Chance geben, doch noch freundlicher zu werden.

»Hallo. Warum bist du nicht oben?«

»Ich musste mir einen Kaffee holen. Ich bin einfach zu müde und nur mit Koffein halte ich durch. Außerdem hat es etwas länger gedauert, weil er irgendwie leer war oder so« Er kratze sich etwas verlegen den Nacken und sah die Aufzugswand an.

»Oh, okay. Bei mir hatten sie aber noch welchen.« Jetzt sah er mich mit einem undefinierbaren Blick an.

»Dann hast du also den Kaffee leer gekauft? Danke auch.« Ich schnappte nach Luft, hoffte aber instinktiv, dass er das nicht ernst, sondern lustig gemeint hatte.

»Das war ganz sicher nicht ich. Ich kann ja nichts dafür, wenn ein Coffeeshop zu wenig Kaffee hat.« Er nickte langsam.

»Du hast Recht. So wie das Zeug, das du da hast, aussieht, ist da eh kaum Kaffee drin. Was ist das? Milch mit Kaffeearoma? Es riecht, als hättest du da zwei Tonnen Zucker reingekippt. Und ist das Karamell? Mit Kokos?« Jimin rümpfte die Nase und sah mich leicht angewidert an.

»Jimin«, versuchte ich ruhig zu sagen. »Es ist immer noch meine Sache, was ich trinke. Du hast deinen eigenen Kaffee und außerdem wette ich mit dir, dass du das noch nie probiert hast. Also urteile nicht einfach so. Fakt ist, das ist verdammt lecker«, erwiderte ich empört.

»Fakt ist wohl eher, dass du gestörte Geschmacksnerven hast. Eiskaffee mit Milch ist ja schön und gut, aber mit Kokos und Karamell? Ich bitte dich. Und ich müsste wohl auch eher eine Wette verlieren, damit ich sowas probieren würde.« In dem Moment hielt der Aufzug an, die Türen glitten auf und Jimin verschwand.

Mit offenem Mund starrte ich ihm hinterher. Hatte er sie noch alle? Kopfschüttelnd stieg ich aus und suchte den richtigen Raum. Ich klopfte an und trat nach einem Herein ein.

~

Es war schon dämmrig und später als gedacht. Im naheliegenden Park setzte ich mich unter eine Laterne ins Gras, holte mein Skizzenbuch heraus und fing an zu zeichnen. Das Bewerbungsbild musste perfekt werden.
Die Inspiration ließ eine Weile auf sich warten, aber als sie mich endlich packte, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu zeichnen. Es war wie ein Rausch. Mit schnellen Bewegungen flog die Bleistiftmiene über das Papier, während der sanfte Sommerwind meine Haut kitzelte. Er wehte mir die Haare aus dem Gesicht, was mich zum Lächeln brachte. Ich liebte dieses Wetter einfach so sehr.

Bei meinem Glück musste natürlich der klischeehafte Alptraum wahr werden und drei Typen bewegten sich aus dem Schatten auf mich zu. Ich bemerkte sie nicht, da ich noch immer mit meinem Kunstwerk beschäftigt war. Ich schreckte erst überrascht auf, als einer von ihnen mich ansprach.

»Bist du Künstlerin?« Der größte von ihnen sah zu mir herunter und versuchte einen Blick auf meine Zeichnung zu erhaschen. Schnell klappte ich das Buch zu und steckte es in meine Tasche zurück.

»Das ist meine Sache«, erwiderte ich und stand auf. Doch als ich mich wegdrehen wollte, packte er mich am Arm.

»Warte doch. Du musst nicht so unhöflich sein. Ich wollte schon immer mal eine Künstlerin zu treffen. Was ist? Hast du Lust mich zu zeichnen?« Bei dieser billigen Anmache wurde mir schlecht und ich wollte mich aus seinem Griff befreien, doch er war zu stark.

»Lass mich los!«, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Anscheinend dachte er gar nicht daran, denn sein Griff wurde immer fester und seine Finger bohrten sich schmerzhaft in meinen Arm. Seine Freunde schauten mich grimmig an und stellten sich neben mich, damit ich nicht abhauen konnte.

»Lass sie los! Sie ist es nicht wert.« Diese Stimme kannte ich. Momentan verband ich zwar noch nichts Nettes mit ihr, aber eine Gänsehaut bekam ich trotzdem. Diesmal schob ich es allerdings auf die Dankbarkeit und atmete erleichtert über seine Anwesenheit, aus.

Es war Jimin.

BETWEEN US | 𝐏𝐉𝐌 ✓Where stories live. Discover now