28. Kapitel

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Juhee

Es war das erste Mal, dass ich vor einem Montag so aufgeregt war wie heute. Die Fahrt im Bus kam mir doppelt so lang vor als sonst, und obwohl ich sie normalerweise genoss, war ich an diesem Morgen viel zu hibbelig dafür. Während wir die letzten Meter zur Uni zurücklegten und der Bus schließlich zum Stehen kam, ermahnte ich mich selbst dazu, mich zusammenzureißen.

Das ist ein ganz normaler Schultag.

Alles ist wie immer.

Schalt gefälligst einen Gang runter, Puls.

Ich war die Letzte, die den Bus verließ. Und als ich die Treppe hinabstieg, sah ich ihn.

Jimin lehnte an dem Zaun am Sportplatz, direkt gegenüber der Haltestelle. Das Lächeln, mit dem er mich ansah, wirkte beinahe schüchtern, auch wenn an seiner Haltung nichts diesen Eindruck vermittelte. Dieses Mal wartete er nicht, bis ich bei ihm war, sondern kam mit entgegen. Sein Lächeln verrutschte nicht – im Gegenteil. Es wurde immer breiter und seine Augen funkelten nur so vor Liebe und Zuneigung. Es tat gut ihn wiederzusehen.

»Hi«, begrüßte ich ihn, gab ihm einen schnellen Kuss. Es war windig, und ich befürchtete, meine Haare standen in allen Richtungen ab.

»Guten Morgen.« Er hob die Hand und strich mir eine der verirrten Strähnen hinters Ohr. Jimin stand so dicht bei mir, dass ich seinen Geruch wahrnehmen konnte.

So vertraut. Warm.

»Wollen wir?«, fragte er mit einem Nicken in Richtung Haupteingang.

Mein Herz machte einen Satz. Das alles fühlte sich aufregend und neu an – dabei war es so gut wie alltäglich.

»Ja«, sagte ich und überlegte kurz, ob ich nach seiner Hand greifen sollte. Niemand hier wusste über uns Bescheid. Aber Jimin nahm mir die Entscheidung ab und umschloss meine Hand mit seiner. Ein Kribbeln breitete sich von meinen Fingern in meinem ganzen Körper aus.

»Ist das okay? Also, ich meine hier?«, fragte er.

»Mehr als okay«, gab ich zurück und drückte seine Hand.

Dann gingen wir zusammen in Richtung Campus. Auf dem Weg kamen mir Leute entgegen, die ich kannte – aber alle kannten Jimin. Und jeder von ihnen schien sich für die Tatsache zu interessieren, dass er meine Hand hielt. Ich hörte ein paar von ihnen tuscheln, einige Köpfe drehten sich im Vorbeigehen in unsere Richtung. Einen Moment lang war ich verunsichert und spürte ein flaues Gefühl im Magen. Ich warf Jimin einen Seitenblick zu - und das Gefühl verblasste ein bisschen.

Denn Jimin sah aus, als wäre es das Normalste der Welt (was es ja auch eigentlich war), Händchen haltend mit mir über den Campus zu gehen.

Doch es fühlte sich gut an.

Und nicht nur das: Es fühlte sich richtig an.

»Egal wo ich heute hingekommen bin«, sagte Madison nachmittags und ließ sich neben mich aufs Sofa fallen, welches genau in der Mitte des Wohnzimmers im Haus meines Dads stand. »Es gab kein anderes Gesprächsthema als dich und Jimin.«

»Ehrlich?«

Maddie nickte. »Ja, als ich nur in der Pause einen Kaffee geholt habe, hat in der Mensa ungefähr jeder darüber geredet.«

Bei ihren Worten verspürte ich einen leichten Anflug von Unbehagen, beschloss aber mich davon nicht beunruhigen zu lassen. Dass ich meinen Tarnumhang endgültig vergessen konnte, als ich Händchen haltend mit Park Jimin durch die Schule lief, war mir klar. Seit Beginn des Schuljahres hatte sich ohnehin so viel verändert, dass es mir mittlerweile egal war, ob die Leute mich kannten oder über mich redeten.

Zumindest fast.

»Ich platze übrigens vor Neugier«, fügte Maddie hinzu.

»Hmm?«

»Taehyung ...?«

»Es tut mir leid, dass ich dir nicht erzählt habe«, sagte ich. »Aber ich weiß selbst noch nicht so richtig, was eigentlich passiert ist. Er hat mich festgehalten, und ...« Ich blickte auf den Boden – zu meinen Füßen. »Ich glaube, er hat immer noch Gefühle für mich«

»Oh.«, sagte Madison nur. »Und habt ihr miteinander geredet?«

Ich nickte. »Ja. Es war echt schwer. Und ich glaube auch nicht, dass wir so tun können, als wäre nichts passiert. Aber ...« Ich atmete langsam ein und wieder aus. »Ich habe trotzdem noch irgendwie Hoffnung, dass wieder alles so wird wie früher.«

Zwischen Jungkook und mir war noch nicht längst alles wieder in Ordnung. Das war klar.

Madison seufzte. »Das klingt doch gar nicht so schlecht, Juhee«

»Gibt es denn bei dir Neuigkeiten?«, fragte ich vorsichtig.

Meine Freundin presste die Lippen zusammen. Doch dann konnte ich das traurige Gesicht meiner besten Freundin erkennen. »Hey, das heißt noch lange nicht, dass das so bleiben muss.«, ermutigte ich sie.

»Ich dachte echt, dass da mehr zwischen uns ist« Maddie zuckte schlicht mit einer Schulter.

»Wir sollten am Freitag einen Mädelsabend machen, was meinst du?«, versuchte ich sie aufzumuntern. Sie jedoch zeigte keine Regung. »Hey. Was ist los. Auf sowas stehst du doch total und-«

»Okay«, grinste sie endlich. »Ich bin dabei.«

Und mein Plan konnte beginnen.

BETWEEN US | 𝐏𝐉𝐌 ✓Where stories live. Discover now