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Mit befüllten Händen laufe ich aus dem Laden heraus und steige in den Wagen. Sie war während meiner Shoppingtour in einem Friseursalon und sitzt mit einer neuen Dauerwelle im Auto. Eines muss man ihr lassen, für ihr Alter sieht sie verdammt gut aus.
"Ich kenne ein Geschäft, da musst du unbedingt hin!", strahlt sie und fährt sofort los. Ohne dazu etwas sagen zu können, kommen wir schneller an, als eine chinesische Sekunde umgeht. Überrumpelt und wortlos Folge ich ihr in den Laden, wo uns eine Dame empfängt. Es ist ein Geschäft für... Abendkleider?
"Such dir etwas schickes aus.", zeigt sie auf die ganzen Kleider.
"Ich weiß nicht recht.", stammle ich.
"Was für ein Modell hätten sie gerne?", richtet sich die Dame freudnlich an mich.
"Ähm ich..." "Sie haben eine äußert schöne Figur, ihnen würde wirklich jedes Kleid stehen.", sagt sie und führt mich in eine Garderobe. Ich glaube, das geht mir hier alles ein wenig zu schnell.
Mit fünf verschiedenen Kleidern gehe ich in die Umkleide und probiere jedes an. Ich habe vergessen, wie anstrengend das doch sein kann, aber dass macht es irgendwie trotzdem. Bis jetzt ist mir nur eines wirklich ins Auge gestochen. Ein Weinrotes Velvet Kleid. Es ist sehr figurbetonend und Schulterfrei, dennoch ist mein Dekolleté nicht zu offen. Das enge Oberteil, mit den langen Ärmel führt zu einer bodenlangen Silhouette. Das Kleid sieht unfassbar schön aus, obwohl ich solche engen Kleider nicht mag, gefällt sie mir doch am besten. Der Preis jedoch verschlägt mir den Atem. Kurz bevor ich etwas dazu sagen kann, geht die Mitarbeiterin mit dem Kleid zur Kasse und packt es ein. Ich sehe schockiert zu meiner Tante rüber. Meine Kinnlade sperrangelweit runtergeklappt.
"Wir hätten auch etwas günstigeres finden können.", beschwere ich mich leise. Ich liebe zwar Kleidung, aber der Preis ist dann doch zwei Nummern zu groß.
"Ich bitte dich Sage, du bist das einzige Mädchen in der Familie. Du bist die Tochter, die ich nie hatte.", bestreitet sie das zuvor gesagte. Ich atme ein um etwas zu sagen, seufze aber. Es macht keinen Sinn mit ihr darüber zu diskutieren. Aber zugegeben war das Kleid doch atemberaubend und vielleicht sogar den Preis wert. Aber nur vielleicht.

Wir kommen wieder Zuhause an und tragen die Tüten aus dem Kofferraum. Ich nehme all meine Tüten und gehe mit ihnen hoch ins Zimmer. Sich neue Sachen zuzulegen und sie zuhause sofort anzuprobieren, ist wie Weihnachten für mich. Man beschert sich selber und wer weiß schon, was das beste für einem ist, wenn man selbst weiß, was man will. Ich will mich grade erschöpft auf das Bett legen, wäre da nicht dieses Packet. Kurios nähere ich mich der Verpackung und nehme es in die Hand. Ich dachte erst, dass es ein Paket für Brad ist, jedoch sagt mir das kleine Schildchen an der Seite, dass es an mich gerichtet ist. Ich hab doch garnichts bestellt. Wahrscheinlich hat Brad seinen Haufen eingepackt, um mir einen Streich zu spielen. Vorsichtig schüttele ich daran, es ist ganz leicht. Meine Neugierde ist zu groß, ich öffne es einfach und bringe es schnell hinter mir.
Ald ich es langsam hochzieh, entfaltet es sich zu einem nagelneues T-Shirt, mit dem Druck 'N.W.A'. Es ist genau dasselbe, das Mack in diesem Laden anhatte.
"Gefällt es dir?", erklingt diese eine tiefe und raue Stimme hinter mir, die nur einem gehören kann.
Erst dachte ich, dass es Brad ist oder höchstens eine Einbildung. Aber meine Sinnesorgane enttäuschen mich nicht. Es passiert wirklich.
"Wie bist du hier reingekommen?", versuche ich meine reguläre Herzfrequenz aufrecht zu erhalten. Er sollte nicht merken, dass er mir einen großen Schrecken eingejagt hat. Wie soll man denn auch bitte ruhig bleiben, wenn man plötzlich nicht mehr alleine im Zimmer ist?
"Es ist unhöfflich, die Fragen anderer nicht zu beantworten.", schließt er die Tür und tretet näher. Ein leichter Windzug stößt gegen meinen Körper, was mich kurz zucken lässt. "Es ist unhöflich, andere Zimmer ohne vorher anzuklopfen zu betreten.", merke ich an. "Wozu das Shirt?", hinterfrage ich nun.
"Weil ich eines versehentlich auf der Party nass gemacht hab. Und jetzt wäre es angemessen auf meine Frage zu antworten.", fordert er auf.
"Es ist nicht schlecht."
"Nicht schlecht? Im Laden hatte es dir noch gefallen.", zwinkert er.
"Ja, es gefällt mir. Zufrieden?", spiele ich an meinem Fingernagel. Nervosität.
"Erst wenn du es anziehst.", meint er fest.
"Irgendwann mal vielleicht. Und kannst du jetzt bitte rausgehen?", protestiere ich.
"Jetzt. Ich will sehen, ob es dir passt.", hält er mir das Shirt hin. Ich sehe ihn mahnend an und nehme den Stoff. Der hat ein verdammt festen Willen, woher kenne ich das nur?
"Wenn ich dich bitten darf.", deute ich auf die Tür. Er pustet genervt aus und geht kurz darauf vor die Tür. Ich ziehe mir schnell das T-Shirt über und laufe hinüber zum Ganzkörperspiegel. Es sitzt wie angegossen. Ich stehe noch vor dem Spiegel, wie in Trance und bemerke kaum, wie die Tür hinter mir knackst und er wieder hinter mir steht. So groß wie er ist, kann er mir über den Kopf schauen und betrachtet ebenfalls das Stück auf meinem Leib.
Ein schiefes grinsen macht sich in seinem Gesicht erkennbar und er mustert meinen gesamten Körper. "Perfekt." Dabei durchdringt mich der Gedanke, dass er mich meint und nicht das perfekt sitzende Shirt. Mein Blick gilt ganz ihm. Ich merke, wie er mich intensiv betrachtet.
Ein unerwartetes Vibrieren in seiner Hosentasche, lässt meinen Körper durchzucken. Es ist sein Handy. Mit einem Blick verwandelt sich seine weiche Mimik in die eines erzürnten.
"Ja?", geht er an das Handy ran und entfernt sich von mir. Ich höre eine aufgebrachte Stimme am Ende des anderen Hörers, lasse mir dennoch nichts anmerken. Mir ist bewusst, dass er der Schwarm jeder Frau sein kann, dennoch überrascht mich der Anruf etwas.
Er bleibt kurz stehen, sein Gesicht voller Bedauern. "Ich muss los."
"Danke.", pispere ich knapp, ehe ich die Tür hinter ihm zuschließe. Das war grade verdammt merkwürdig, nicht nur der Anruf, sondern auch was davor geschehen ist. Ich habe mich nicht einmal unwohl gefühlt, weiß ich überhaupt was ich gefühlt habe? Der Tag war einfach nur lang. Ich bräuchte wieder mal etwas Entspannung. Ein Bad, eine Gesichtsmaske und etwas Ben&Jerrys Eiscreme wird mir sicherlich dabei helfen, die Nerven zu beruhigen.

Love On The BrainWhere stories live. Discover now