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Ich Folge der Route auf meinem Handy zur Innenstadt und gehe sämtliche Geschäfte entlang, die mir recht interessant scheinen. Irgendwann werde ich jedes einzelne dieser Läden besuchen, Zeit habe ich hier sowieso genügend. Es ist einfach nur unglaublich, wie lebendig diese Stadt ist.
Grade als ich die Straßenseite wechseln will, rast ein Motorradfahrer nur knapp an mir vorbei. Ich bleibe wie verwurzelt stehen und kann das kaum verarbeiten. Der Typ hat mir ebenso den größten Schrecken meines Lebens eingejagt. Ich muss hier wirklich mehr aufpassen, dementsprechend sollten auch die Fahrer Acht auf die Fußgänger geben. Kein Wunder, dass hier die Unfallrate so hoch ist. Sofort legt sich der Schock wieder, als ich dem berühmten Vintageshop gegenüberstehe. Es erinnert mich an die späten 80er und ist riesengroß, aber man hat dennoch einen perfekten Überblick. Schritt für Schritt spaziere ich durch den Laden und bin stets fasziniert von der möblierung und der klassischen Atmosphäre. Ruhe vor dem Lärm der Menschen, nur die klassische Musik durchdringt meine Ohren, bis auch das sein Ende nimmt. Ich erkenne dieses T-Shirt und den Helm wieder, es ist der Typ, der mich beinahe umgefahren hat. Sofort steigt Wut in mir und ich will ihm eine Lektion erteilen. Ich balle meine Hände zu Fäusten und laufe direkt auf ihn zu, als er sich abrupt umdreht, kann ich kaum noch realisieren, was grade passiert. Ich blicke in hellbraune Augen, umstrichen von diesen markanten Gesichtszügen. Sein Habitus verschlägt mir die Worte und ich stehe sprachlos dar.
"Kann ich dir helfen?", zieht er eine Augenbraue hoch und sieht mich strapaziert an.
"Wie wäre es, wenn du mir nicht den Weg versperren würdest?", improvisiere ich und will doch lieber verschwinden. Abgesehen davon, dass der Gang recht breit ist und ich locker vorbeilaufen kann, fühlt es sich in dem Moment doch annehmbar eng an. Er verschlimmert die Situation und bleibt stur stehen. Ich weiß nicht mehr, ob ich wütend oder eher angeschlagen bin, augenblicklich würde ich gern im Erdboden versinken.
Mein Blick wandert von einem gepsielten Lächeln, zu einer ausdruckslosen Miene. Wenn er mir nicht den Weg frei macht, dann muss ich ihn mir wohl selbst frei machen. Wie unhöflich kann man noch sein?
Er grinst amüsiert und tretet einen Schritt zur Seite, ist das sein verdammter ernst?
"Schönes Shirt.", ist sein Grinsen kaum zu überhören. Noch grade war seine schlechte Laune kaum zu übersehen, und jetzt trägt er ein breites Grinsen. Er hält das ganze wohl für eine Witznummer.
"Deins auch.", schließe ich sofort den Mund und meine Augen weiten sich. Hoffentlich hat er es nicht gehört. Es gefällt mir wirklich, nur wer hätte gedacht, dass ich so laut denke. Nachdem ich mir innerlich auf die Stirn geklatscht habe, laufe ich schnell aus dem Gang. Hauptsache nicht mehr in seiner Nähe. Warum bin ich nur so verträumt? Ich hätte ihm auch wirklich eine reinhauen können, aber es ist zu spät. Ich lenke mich wieder ab und durchstöbere die Regale.
Ich habe drei neue Teile gefunden und laufe mit ihnen zur Kasse, in der Hoffnung, dass er schon gegangen ist. Weit und breit niemand zu sehen. An der Kasse bezahle ich die Sachen und laufe mit der Tüte aus dem Laden. Auf dem Weg zurück betrete ich noch einen Coffee Shop, bevor ich wieder heimkehre. Immerhin kann mich der Kakao auf andere Gedanken bringen. Positive Gedanken.
Kaum bin ich im Zimmer angekommen, tauchen schon wieder meine Vorwürfe auf. Warum habe ich nichts gesagt, mir fällt im Moment so vieles ein, was ich ihm an den Kopf hätte werfen können, aber es ist zu spät. Sonst habe ich doch auch immer ein großes Mundwerk. Was geschehen ist, ist geschehen, ich muss mich damit abfinden, weiß aber genau, dass ich mir immer wieder den Kopf darüber zerbrechen werde. Ich verderbe mir damit nur noch mehr meine Laune, und entscheide mich stattdessen etwas fernzusehen. Ich brauche definitv noch mehr Ablenkung, so schnell werde ich anscheinend diese Situation nicht mehr aus dem Kopf bekommen.

Love On The BrainWhere stories live. Discover now