Kapitel 36

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Gulli beugte sich zu mir herunter und hielt nur wenige Zentimeter vor mir an. Unser Atem vermischte sich und meine Kapuze wurde von seiner komplett überdeckt. Vorsichtig stellte ich mich auf Zehenspitzen um näher bei ihm zu sein, denn das war in diesem Moment mein einziges Verlangen. Gulli näher zu kommen. Dennoch traute ich mich nicht den Abstand zwischen uns zu überbrücken. Es waren nurnoch wenige Millimeter.

Mein Herz schlug ungefähr dreimal so schnell wie normal und ich fühlte mich als ob ich Achterbahn fahren würde. Aber ich steckte in dem Moment fest in dem der Wagen über die Kante in die Tiefe stürzte und man sich unfassbar frei fühlte. "Summer, du hast keine Ahnung wie gerne ich das jetzt machen würde, aber es geht einfach nicht. Es wäre falsch." Ich wusste das er es genauso wollte wie ich. Ich wusste das er es nicht so meinte. Ich wusste das er es nur sagte um mich zu schützen.

"Es ist vielleicht falsch, aber es fühlt sich richtig an. Außerdem ist alles falsch daran daß ein siebzehn Jähriges Mädchen mit einem Jungen quer durch Europa flieht um zu ihren Eltern zu kommen und dabei fast von der Polizei festgenommen wird." Bei jedem unserer Worte streiften wir ausversehen ganz kurz die Lippen des andere. Das erhöhte nur das Verlangen nach mehr. "Ich kann aber doch nicht einfach meine beste Freundin kü..." Da war es vorbei. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und überbrückte den Abstand zwischen uns. Es war unfassbar vorsichtig. In der Angst Gulli könnte einfach seinen Kopf weg ziehen und mich dann los lassen, um mich hier stehen zu lassen. Doch dann erwiderte er den Kuss. Am Anfang genau so vorsichtig wie ich. Unsere Lippen waren im Einklang und die Zeit um uns herum blieb stehen. Der Sturm wurde von unserem Kapuzen abgehalten, die Kälte war vergessen. Es gab nurnoch uns Zwei.

Wir lösten uns wieder von einander, aber wichen kaum ein Stück auseinander. "Es war nicht falsch. Es war vermutlich das Richtigste was wir je getan haben." "Ich weiß, aber dennoch ist es nicht fair wenn wir nicht die gleich Gefühle für einander haben." "Aber ich mag dich doch!" "Magst du mich mehr wie man seinen besten Freund mag ?" "Ja, ich mag dich mehr wie jede andere Person auf diesem Planeten und das nicht weil ich es erzwingen will sondern weil es so ist." Ein verzweifeltes Lächeln zog sich über seine Lippen. "Würdest du soweit gehen zu sagen das du mich liebst ?" "Ja." Antwortete ich ohne darüber nachdenken zu müssen. Wenn ich nicht alles was ich erlebt hatte vergessen hätte, hätte ich mich das nie getraut. Jetzt erschien mir aber alles viel leichter und in einem klareren Licht. "Ja, ich liebe dich." Sein Lächeln klarte auf, wurde ehrlicher und erreichte sogar seine Augen. Sie strahlten schon fast.

Nochmal küssten wir uns. Aber nur ganz kurz, dafür war es diesmal Gulli der die Initiative ergriff. Es war besser als jede andere Antwort die er mir hätte geben können. Ich wich ein Stück zurück um ihn anzuschauen. "Wir schaffen das." Ohne das ich die Frage stellen musste hatte er mir geantwortet. Ich drehte mich wieder dem Meer zu, während Gulli seine Arme um mich schlang. Timi schaute erwartungsvoll zu uns hoch. Im letzten Moment hatte ich Zuhause noch einen Ball von ihm eingepackt und holte ihr jetzt aus meiner Jackentasche. Ich warf ihn so weit wie Möglich auf den Strand neben uns und Timi hächtete sofort hinterher.

Wir spielten noch eine Weile mit Timi, bis Gulli das ganze unterbroch. "Wir müssen weiter." "Wieso ?" "Wir können nicht hier am Strand schlafen. Das ist viel zu kalt und außerdem haben wir kein Zelt." Ich wusste das er Recht hatte, aber hier war gerade alles so perfekt das ich am liebsten nie weg gegangen wäre. "Wo sollen wir denn hin ?" "Wir könnten zurück in die Stadt gehen und versuchen irgendwo ein Zimmer zu bekommen." "Was ist wenn wir kein Zimmer bekommen ?" "Das können wir immernoch überlegen falls es so weit kommen sollte." 

Es kam soweit. Bei allen Herbergen waren die Zimmer besetzt und in ein super reiches Hotel wollten wir nicht. Da wären wir auch viel zu sehr aufgefallen und Timi hätte draußen bleiben müssen. "Und jetzt ?" Gulli strich sich durch die Haare. "Keine Ahnung." "Wir könnten in das eine verlassene Haus an dem wir vorhin vorbei gekommen sind. Morgen fahren wir ja eh weiter." "Ist wahrscheinlich besser als garnichts." Zusammen machten wir uns auf den Weg in ein altes Fabrikgebäude das etwas außerhalb stand. Dort waren wir vorhin vorbei gekommen und hatten gesehen daß es verlassen war. Das war immerhin besser wie auf der Straße zu schlafen.

Als wir ankamen mussten wir uns durch Unmengen Unkraut kämpfen und über alte Mauern klettern bis wir ins Innere des baufälligen Gebäudes kamen. Dort standen in vielen Reihen Nähmaschinen aneinander. Unter manchen lag teilweise noch der Stoff und ein Faden war eingefädelt. Die Halle war riesig und schien kaum ein Ende zu nehmen. Es war wirklich unheimlich.

Timi hatte seinen Schwanz eingezogen und lief ganz dicht neben mir. Gulli hatte einen Arm um mich gelegt und drückte mich immer näher an sich. Uns allen schien es hier nicht sonderlich gut zu gefallen. "Sollen wir wirklich hier bleiben ?" Fragte ich. "Lieber eine Horrornacht in einer alten Fabrik wie draußen zu erfrieren." Da hatte er Recht. Wir gingen weiter den Gang herunter auf eine Tür zu. Was darauf stand verstand ich nicht. Es war nicht Englisch oder Deutsch. Kurz bevor wir ankamen fing etwas hinter uns an zu rattern. Erschrocken drehte ich mich um. Das Licht an einer der Nähmaschinen flackerte und sie Nähte weiter. Der Schreckensschrei blieb mir im Hals stecken. Nicht einmal Timi jaulte mehr. "Ww...wwwa...was ist d...das ?" Im zitternder Hand zeigte ich auf die Nähmaschine, die ihr Eigenleben führte. "I...ich weiß es nicht, aa...aber wi...i...r sollten lieber gehen." Ich nickte und sofort rannten wir wieder raus. Auch eins der großen Deckenlichter fing an zu flackern. Dadurch beschleunigten wir unsere Schritte nur.

Als wir draußen ankamen war ich völlig aus der Puste. "Ich glaube ich schlafe heute Nacht doch lieber draußen." Zustimmend keuchte Gulli neben mir.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 24, 2020 ⏰

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Verliebt in den FalschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt