Kapitel 28

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Liam und ich liefen zum Deutschunterricht. Besser konnte es ja nicht laufen. Schon von weitem sah ich Finn mit Leo und Lia vorm Raum stehen. Als sie mich entdeckten schauten sie erst glücklich, dann geschockt und dann gingen ihre Gesichtsausdrücke in unterschiedliche Richtungen. Finn wurde rot und schien vor Wut zu kochen, aber das konnte man ihm echt nicht übel nehmen. Lia wirkte irgendwie enttäuscht und verletzt. Doch Leo war am seltsamsten. Er schaute nicht mehr mich oder Liam an, sondern seine Augen hingen förmlich an Finn. Als ob er ein Gott wäre und Leo alles für ihn tun würde.

Ich wollte umdrehen und weg rennen, aber gleichzeitig gab mir Liam auch Kraft und verstärkte den Drang sich dieser unausweichlichen Situation zu stellen. Ab jetzt lag es ganz bei meinen Freunden was passieren würde. "Ganz ruhig, sie werden dich schon nicht umbringen." Flüsterte Liam mir zu. Ich nickte und ging selbstbewusst auf sie zu, aber hätte ich in diesem Moment schon gewusst was passieren würde, wäre das mein kleinstes Problem gewesen.

Wir kamen vor den anderen zum stehen und ich traute mich kaum aufzusehen. Erst als Lia das Wort ergriff. "Ich müsste sie mir Mal ausleihen. Und wenn wir zurück kommen erwarte ich von euch das alle noch Leben und gesund sind !" Mit diesem Satz griff sie meinen Arm und zog mich in die Putzkammer. Dort schloss sie die Tür ab, schaltete das Licht ein und zählte bis drei. Dann entglitt ihr ein leiser Schrei und sie führte mir ein Freudentänzchen mit etlichen Luftsprüngen vor. Mit anderen Worten, es war einfach typisch Lia. "Ich habe ja echt schon die Tage gezählt wie lange es noch dauern würde." Mit großen Augen starrte ich sie an. "Wie bitte ?" "Ich habe schon die Tage gezählt, bis du endlich mit Liam zusammen kommen würdest." "Was ?" "Die TAGE, bis du und Liam ein Paar sind !" "Hä ?" "Ich habe jeden einzelnen Tag gezählt bis du dumme Ölsardine endlich gerallt hast das du und Liam das Traumpaar schlecht hin seid." Ich starrte Lia immer noch wie ein Ufo an. "Vergiss es, ich freue mich für euch." Sagte sie kopfschüttelnd, musste aber dabei lachen. "Du bist nicht sauer auf mich ?" "Nein, ich wusste schon immer das ich nicht alles weiß. Damit kann ich leben, denn du bist trotzdem meine beste Freundin und so ein Typ kann daran auch nichts ändern."

Lia kam auf mich zu und umarmte mich. "Herzlichen Glückwunsch." Ich grinste in ihre Haare hinein. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Ab jetzt konnte es gar nicht mehr so schlimm werden. Doch als wir zu den Jungs zurück gingen war dort eine extrem seltsame Stimmung. Liam und Finn leisteten sich ein Starrduell und Leo stand daneben und beobachtete alles aufmerksam. Als er uns sah, rannte er schon förmlich zu uns. "Wie kommt ihr eigentlich auf die dumme Idee mich mit diesen beiden Idioten alleine zu lassen ?!" "Wir dachten du schaffst das schon und wenn nicht du, wer dann ?" Versuchte Lia ihn etwas zu beschwichtigen. Wenn er nur wüsste wie einfach seine Probleme gerade sind. Wenn sie alle doch nur wüssten wie einfach ihre Probleme sind. Ihre besten Freunde sitzen nicht bei ihnen alleine Zuhause und versuchen seine Geschwister aus dem Gefängnis raus zu bringen. Aber auch dieses Problem würde später in den Hintergrund rücken.

Ich schüttelte meinen Kopf um diesen Gedanken los zu werden. "Okay, wollen wir rein ?" Die anderen nickten und ich hielt ihnen die Türe auf. Als Liam an mir vorbei ging griff er nach meiner Hand und zog mich mit. Wieso lasse ich mich eigentlich so oft mitziehen? Ich stand unentschlossen da und wusste nicht wo ich mich hinsetzten sollte. Auf meinen alten Platz zu Finn? Auf den freien Platz neben Lia? Zu Leo? Oder doch zu Liam? Ich ging zur letzten Reihe und verscheuchte die paar Streber von dort. Bei uns war dass etwas umgedreht, die Streber saßen ganz hinten, damit sie nicht die ganze Zeit von irgendwas abgeworfen werden können.

"Kommt." Sagt ich zu den Anderen und setzte mich zwischen Liam und Finn. Neben Finn setzten sich Leo und Lia. So war es viel besser. Frau Liebrecht kam ins Klassenzimmer und alle Gespräche verstummten sofort. Heute sah sie noch wütender und bösartiger aus wie sonst. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. "Hausaufgaben !" Schrie sie durchs Zimmer. Alle holten in Windeseile ihre Hefte raus und suchten ihre Hausaufgaben. Sie ging durch die Reihen und blieben bei allen, die sie nicht mochte länger stehen. "Frank, wo ist der Rest ?" Frank fing an zu zittern und man verstand seine Antwort kaum. "Ich hatte keine Zeit mehr." Es waren diese paar Sekunden vor der Explosion in der alles still wurde. Fast hätte man das Herzrasen jedes einzelnen hören können. Dann war da dieser Knall und dann wieder diese unfassbare Stille.

Nichts machte ein Geräusch. Niemand schrie, kein Wind ging, kein Vogel zwitscherte, keine Fliege flog noch, keiner lief über den Gang. Nur der Rauch hing in den Gängen. Ich schaute an mir runter und sah das ich an meinem Bein leicht blutete, sonst schien es mir gut zu gehen. Erst jetzt bemerkte ich das ich mich die ganze Zeit an Liams Hand fest gehalten hatte. Ich schaute zu ihm hoch. Er saß noch auf seinem Stuhl, ich saß auf dem Boden. Sein Blick war stur nach vorne gerichtet. Ich zog etwas an seiner Hand und versuchte etwas zu sagen, doch meine Lunge war zu staubig. Er drehte seinen Kopf langsam und schaute zu mir runter. Das war der Moment als ich das erste Mal schrie. Seine Wange war aufgerissen, aber nicht nur ein wenig sondern ein großer Teil seiner Haut hing nur noch runter.

Sein Blick klarte etwas auf. "Summer !" Er stand auf und zog mich hoch. Ich konnte kaum aufdrehten. Liam zog mich mit sich raus, dabei fielen mir Lia, Leo und Finn ein. "Lia! Wo bist du ?" Ich bekam keine Antwort. Innerhalb von Sekunden wusste ich es. Wenn ich jetzt zurück gehen würde, wäre ich tot. Lia und die Anderen würden es raus schaffen. Und wenn nicht würden sie nicht lange überleben, egal ob sie noch in dem Gebäude wären oder draußen.

Verliebt in den FalschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt