13.

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"Lust zu verschwinden?", fragt seine raue Stimme dicht an meinem Ohr.
Erschrocken fahre ich zusammen. Er steht zu dicht.
Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spuke, fasse mich aber schnell wieder.

Eric streicht sich sein glänzendes, schwarzes Haar aus der Stirn und schenkt mir wieder dieses verschmitzte Grinsen.
Derweil blickt Sam verwirrt zwischen dem jungen Mann und mir hin und her.
"Ist okay, wir reden einfach später weiter", meint er nach einer Weile peinlichen Schweigens.

Jetzt drehe ich mich mit meinem ganzen Körper zu Eric Cooper und nicke einmal, verlasse an seiner Seite die Küche.
Unter allen diesen Gästen scheint er mir der Angenehmste zu sein - abgesehen von AJ und Sam.
Seine große Hand führt mich sicher zur Garderobe, er fragt, welcher Mantel meiner ist, legt ihn mir um die Schultern bevor er seinen greift.

Ich erhasche einen Blick auf AJ der sich einer Gruppe gleichaltriger angeschlossen hat.
Er schwenkt ein Scotch Glas und legt den Kopf lachend in den Nacken.
Er hat sich also bereits bekannt gemacht.
Ich kann meine Augen kaum von ihm reißen, versuche hinter sein Geheimnis zu kommen.

Beim Überziehen des Mantels verheddert sich der Silberring von meinem Kleid im Kragen des Wollmantels.
Eric nimmt mein Haar hoch und befreit mich.
Doch seine Berührung ist keinesfalls anzüglich, seine Fingerspitzen verweilen nicht länger als nötig auf meiner Haut.

Ich spreche kein Wort. In meinem Kopf versuche ich zu kalkulieren, was er von mir wollen könnte.
Seite an Seite laufen wir an der Küche vorbei zum Hinterausgang, treten in die kalte Nachtluft  hinaus, die weiße Wölkchen um unsere Gesichter zaubert.
"Lass uns ein Stück gehen", schlägt mein Begleiter vor.

Ich folge ihm, erst nach einigen Schritten räuspere mich und sage: "Ich muss gestehen, dass ich mich so gut wie nicht an dich erinnern kann ... Eric."
Ich probiere seinen Namen aus, kann mich nicht erinnern ihn je laut ausgesprochen und diesen Mann gemeint zu haben.

Eric bleibt neben einer unserer Bänke stehen, die erst vor ein paar Tagen aufgestellt worden sind - dies geschah fast mit der Aufforderung an den Frühling, endlich in unser Land zu kommen. 
Er sieht an der Hausfassade hoch. Ich folge seinem Blick.
Seine blaue Augen ruhen auf dem erleuchteten Fenster meines Bruders.
Ich drehe meinen Kopf, betrachte sein Profil.

Sein weißer Atem umhüllt ihn bei jedem Ausatmen, er blinzelt kaum, während er in den ersten Stock hinauf starrt.
"Er ist gar nicht krank, oder?", zerschneidet seine Stimme dann die frostige Luft zwischen uns.
Ich laufe ein paar Schritte, betrachte die restliche schwarze Etage.
Bennos Fenster wirkt von hier draußen fast wie ein goldenes Portal.

"Haben sie dir das erzählt?"
Aus irgendeinem Grund, weiß ich, dass Lügen mich nicht weiterbringen würden.
Vielleicht ist es die Art wie Eric sich hält, wie er mit durchgedrückten Schultern da steht und nach oben zum hellen Fenster schaut.

Wie er seine Hände locker in den Taschen hat verschwinden lassen und ich doch erkennen kann, wie er sie hinter dem samtigen Stoff ballt.
Irgendetwas stimmt hier nicht - ich weiß nur noch nicht was ...
"Du kannst dich wirklich nicht mehr an mich erinnern, oder?"

Er reißt seinen Blick los und schaut mir in die Augen.
Ich suche nach Gefahr im tiefen Blau, doch stattdessen finde ich Ruhe und Vertrauen.
Ich schaue auf meine Hände.
"Unsere Eltern haben früher oft Geschäfte zusammen gemacht, bevor mein Vater ins Öl-Geschäft gewechselt ist."

"Ist es denn so einfach ins Öl-Geschäft einzusteigen?", frage ich skeptisch.
Diese ganze "Groß-Im-Öl-Geschäft-Sache" macht mich immer noch stutzig.
Mein Vater hat immer gesagt, Öl ist eine schmutzige Sache, mit der er nicht zu tun haben will.
Warum hat er Eric dann eingeladen?

Eric richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
Bis eben hat er noch einen Stein unter seiner glatten Schuhsohle gerollt.
"Du kennst die Antwort bereits. Aber ich glaube, bei deinem Vater dürfte dich so etwas nicht überraschen."

Ich lege die Stirn in Falten und schlinge die Arme um meinen kalten Körper.
Ganz im Gegenteil; seine Worte machen mich um so stutziger!
"Jedenfalls haben dein Bruder, du und ich oft miteinander gespielt, als ihr hier noch diesen Sandkasten hattet."

Lächelnd, als würde er das Bild der Vergangenheit vor uns aufflammen sehen, blickt er an die Stelle, an der vor vielen Jahren tatsächlich einmal ein Sandkasten gestanden hat.
Plötzlich erinnere ich mich dunkel an einen Jungen, der älter und größer war als Benno und ich.

Mit kleinen Locken und großen Augen saß er immer auf dem Holzrand des Sandkastens und passte auf, dass Benno und ich vernünftige Sandburgen nach seinen Vorstellungen bauten.
"Aber da waren du und Benny noch ganz klein - also nicht schlimm, wenn du mich vergessen hast."
Eric seufzt.

Ich halte inne.
Benny? So darf Ben niemand nennen!
Selbst ich riskiere manchmal Kopf und Kragen, wenn ich Benno zu ihm sage.

Eric lacht.
"Guck nicht so. Dein Bruder und ich ... haben noch Kontakt."
"Davon hat er mir gar nichts erzählt."
Ich lockere meine Umarmung, die mich leider auch nicht wärmer gehalten hat und lasse meine Hände in meinem Mantel verschwinden.

"Worauf ich damit hinaus will, ist, dass ich über Bens gesundheitlichen Zustand Bescheid weiß."
Ich schlucke.
Er schaut mir beinahe mitleidig in die Augen und schlägt dann den Blick nieder.
"Er hat mir nie gesagt, dass er noch Kontakt zu dir hat", sage ich leise.

Meine Stimme wird beinahe von der dunklen Nacht verschluckt.
"Hat er nicht?"
Eric kratzt sich verlegen im Nacken.
"Dann ist es wohl auch nicht der Rede wert."

Ich werde das Gefühl nicht los, dass dieses Gespräch mehr aussagt, als die Worte, die wir aussprechen.
"Mom und Dad halten ihn von jeder Veranstaltung mit Presse und wichtigen Gästen fern."
Ich kann ihn nicht ansehen, als ich die Wahrheit in den Mund nehme.

Der Mann neben mir gibt ein Knurren von sich.
"Du könntest zu ihm hochgehen. Ich bin sicher, dass er sich freuen würde, einen alten Freund wiederzusehen."
Ein merkwürdiges Lächeln legt sich auf seine Lippen. Er wirkt jünger, als er ist.

"Ich glaube, das ist keine gute Idee, aber danke, Ophelia."
Inzwischen hat er sich auf der Bank niedergelassen und die Beine von sich gestreckt.
Seine Lackschuhe glänzen in der Dunkelheit.
Verlegen stehe ich daneben und überlege, was ich als Nächstes sagen könnte.

"Wie alt bist du eigentlich?"
"31."
"Ich erinnere mich übrigens wieder", bringe ich hervor.
Fragende Augen sehen zu mir auf.

"Du hast uns immer versucht zu erklären, dass man keine Sandbrücken bauen kann, weil sie zum Einstürzen verurteilt sind."
Mein Kichern schallt durch den Garten.

Eric steht auf.
Seine große, weiche Hand nähert sich meinem Gesicht, streicht eine Haarsträhne von meiner geröteten Wange.
"Ihr habt immer gedacht, ich würde euch Märchen auftischen, wenn ich euch die Schwerkraft erklären wollte."

Er lacht. Ein warmer Ton.
Ja, damals gab es noch so etwas wie Glück und Unschuld.
Da waren noch keine Pflichten, keine Ängste, die ihre Krallen nach uns Ausstreckten. Keine Trennungen.
Es gab nur den Sandkasten und uns, unsere sichere Welt.

Ich genieße seine Gesellschaft.
Dieser Mann strahlt Ruhe aus. Ruhe, die ich seit langem in meinem Inneren vermisse.
Ich versuche ihn zu überreden, doch noch zu Ben hochzugehen, doch er lehnt bestimmt ab.
Dennoch bemerke ich, wie seine Augen immer wieder zum Fenster meines Bruders huschen.

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Song: Contaminated - Banks

Helloooo :)

Ist es bei euch auch so beißend kalt?!
Ich habe heute die Ostereier abgenommen und dachte mir, ich fühle nicht richtig xD

Mögt ihr Eric?! (hrhr)

Ich habe wirklich nicht viel zu berichten ... life's kinda boring lately xD
Ich würde jetzt so gerne nach Italien reisen ...
Na ja, machen wir das eben in Gedanken.

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt