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Meine Fingernägel treffen in unregelmäßigem Rhythmus auf die Tischplatte hinter mir, während ich Jace dabei beobachte, wie er die Zimmertür hinter sich schließt und zu mir schaut.
Er scheint für einen Moment wie eingefroren. Dann geht ein Ruck durch seinen Körper und er macht einen Schritt in den Raum, bleibt auf meinem Teppich stehen.

Seine Lippen sind immer noch ein Strich, der jetzt noch härter erscheint, als unten vor der Haustür.
Grüne Augen springen immer wieder von meinem Gesicht ab und fokussieren den Boden, bevor sie ihr Spiel von vorne beginnen.
Jaces Räuspern geht mir durch Mark und Bein, lässt mich zusammenzucken. Meine Finger unterlassen ihr Trommelspiel.

"Schön hast du es hier", sagt er und dreht seinen Kopf nach links, greift sich dabei mit seiner rechten Hand in den Nacken.
"Willst du jetzt ein Danke von mir hören?"
"Was?", er lacht verlegen. "Nein. Ich ... ich will gar nichts von dir hören. Ich ..."

Meine Hände rutschen vom Holz.
"Was willst du dann hier?"
Als ich bemerke, dass er meine graue Schlafhose betrachtet, verschränke ich meine Beine.
Ich lasse leider keine falsche Illusion entstehen, wie es mir geht.
Ich sehe schrecklich aus, am Boden zerstört.

Beinah entweicht mir ein verbittertes Lachen über diesen vortrefflichen Vergleich, aber ich schlucke es herunter.
Stattdessen bohre ich meine Zehennägel in den Fußrücken meines rechten Fußes und konzentriere mich darauf, das Gleichgewicht zu halten.

"Ich will mich entschuldigen. Auch, wenn ich weiß, dass ich das nicht kann. Mein Verhalten lässt sich nicht entschuldigen."
Schweigen breitet sich zwischen uns aus, doch zum ersten Mal ist es nicht das der angenehmen, beruhigenden Art.

Ich klopfe mit einem Finger an meine Lippe und sehe Jace an.
Er wendet mir den Rücken zu, fährt sich wieder über den Nacken und dreht sich dann ruckartig um.
"Ich liebe dich."

Das ist alles, was er sagt, bevor sich diese Stille zwischen uns ausbreitet.
Ich atme aus.
Das hier ist so ziemlich der letzte Moment, in dem ich diese Worte hören will. Ich verziehe mein Gesicht.
"So funktioniert das nicht, Jace", ringe ich hervor.

"Ich weiß, aber ich will, dass du es weißt. Ich konnte es dir einfach nicht sagen, weil ich ..."
Er lehnt den Kopf zurück und ballt die Fäuste.
Ich muss meinen Blick abwenden.
"Ich hatte Angst diese Worte laut auszusprechen, weil ... weil sie es real machen. Danach kann ich mich nicht mehr verstecken .... Und du weißt, dass ich das eigentlich vorhatte."

Ich beiße in meinen Daumen, lasse dann von meinem Mund ab.
"Ich brauche Zeit."
Es kostet mich zu viel Kraft und Überwindung, das laut auszusprechen.
Jetzt schaue ich ihm in die Augen. Am liebsten würde ich mich gegen ihn sinken lassen.
Die Tischplatte hinter mir hat nicht denselben Effekt wie sein Körper.

"Verstehe."
Das Grün seiner Augen hält mich gefangen.
Aber ich will gar nicht, dass er mich frei lässt. Ich will nicht ausbrechen, mich befreien, wie ich es eigentlich tun sollte.
Ich will genauso hier stehen bleiben.

Aber das kann ich nicht. Das können wir nicht.
Mit jeder verstreichenden Sekunde wird die Situation unerträglicher und ich meine das, was ich sagte, ich brauche Zeit, Abstand.
Wir brechen unseren Blickkontakt nicht ab, sagen uns so alles, was wir nicht laut aussprechen können.

Er ist einer der wenigen Menschen, mit denen ich mich auf diese natürlich Art und Weise verständigen kann.
Er ist der Einzige.

"Tut mir leid", flüstere ich, als ich mich plötzlich erinnere, wer da vor mir steht.
Jace schüttelt den Kopf.
Ich sollte ihm vertrauen, ich kenne ihn, besser als sonst irgendjemand. Und jetzt, wo ich für eine unendlich lange Zeit in seine Augen blicke, wird mir klar, wie sehr ich ihn verletzt habe und immer noch verletze.

Ich habe mein Versprechen gebrochen.
Ich habe nicht ihn gesehen, ich habe die Drogen gesehen. Ich habe die ganze Zeit über an den Krebs gedacht.
"Ich habe es verdient", sagt er getroffen und mit belegter Stimme.

Ich will widersprechen, so wie ich es sollte, doch ich bleibe stumm, unfähig mich zu bewegen.
Er streicht sich eine Locke aus den trüben Augen und blickt dann zur Tür.
Sein 'Ich-sollte-gehen' ist so laut, dass es die Wände erzittern lässt, obwohl er stumm bleibt.
Ein kurzer Blick in mein Gesicht. Er presst seine Lippen zusammen.

Er nickt und bricht mir mein Herz.
Ich habe es verdient.
Ich stoße mich vom Tisch ab und gehe auf ihn zu, meine nackten Füße treffen auf den flauschigen Teppich in der Mitte meines Zimmers.

Ich bleibe einfach vor ihm stehen und blicke zu ihm auf, beiße meine Zähne fest zusammen, um nicht einzuknicken.
Wir brauchen das, rede ich mir ein. Weil ich weiß, dass es das Richtige ist.
In einer unschuldigen, verunsicherten Bewegung greifen wir beide nach der Hand des anderen.

Wir halten uns fest und zwingen ein gebrochenes Lächeln auf unsere Lippen.
Sein Daumen fährt kurz über meinen Handrücken. Ein Sturm mit meterhohen Flutwellen braut sich in mir zusammen, aber es ist ein gutes Gefühl.
Ich umfasse seine Hand fester, spüre seine spitzen Knochen.

Er hat mich buchstäblich in der Hand.

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Song: If We're Being Honest - Novo Amor

Halloooo :)
Okay kein :), weil alle sind traurig, weil Ophelia & Jace traurig sind? Okay :(

Gerade beim Endspurt dieses Kapitels habe ich wieder meine poetische Ader getroffen, i hope u enjoyed the pain :)

Hättet ihr Jace ins Haus gelassen oder nicht?

Ich war heute wieder in der City und habe ein Winterbett für mich gekauft, wuup!
Undd heute werde ich mich zurückhalten und Young Royals nicht erwähnen, okay ...

Nächstes Update kommt am Samstag, bis denne <3

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt