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"Sind Sie Ophelia Rosethorn?"
Ich presse mein Handy gegen mein Ohr und versuche die fremde Stimme einzuordnen.
"Ja?", frage ich und schließe die letzte offene Schranktür.
Eigentlich wollte ich vor einer Stunde nach Hause fahren, aber ich kann irgendwie nicht. Und jetzt habe ich vielleicht auch einen triftigen Grund.

Das Krankenhaus ruft mich an. Jace hätte ihnen meine Nummer gegeben und gebeten, dass sie mich anrufen.
"Ich soll Ihnen von Mr. Brighton ausrichten, dass er sie gerne sprechen würde. Persönlich."
Der Nachdruck in ihrer Stimme lässt mich aufhorchen.

"Wo liegt er nochmal?", frage ich und streiche mir eine blonde Strähne hinter das Ohr.
"Group Health Klinik. Wissen Sie, wo das ist?"
"Ja, ja das sollte ich finden. Danke."
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als sich die Frau am anderen Ende in Schweigen hüllt. Dann räuspert sie sich und ich weiß, dass die nächsten Worte nichts Gutes bedeuten werden.

"Wissen Sie, wie es um Jace steht?"
"Wegen den ... den Drogen?"
Ich beiße auf meine trockene Lippe.
Eine lange Pause, dann gibt die Frau einen bestätigenden Ton von sich.

"Ich ...", ich suche nach den richtigen Worten, "Ich habe erst heute davon erfahren."
"Kommen Sie trotzdem zur Klinik. Auf Wiedersehen."
Dann bricht die Verbindung ab.
Langsam lasse ich das Telefon sinken und starre vor mich hin.

Ich trage immer noch Jaces T-Shirt. Ich möchte duschen, mich in mein Bett kuscheln und eine Serie schauen, um zu vergessen, dass dieser Tag je passiert ist.
Aber ich kann nicht.
Wenn ich sein Shirt ausziehe, ziehe ich es vielleicht nie wieder an.

Und wenn ich jetzt nach Hause fahre und mich ins Bett lege, werde ich höchstwahrscheinlich in den nächsten Tagen nicht aus meinem Zimmer kommen und ein langes Wochenende machen.
Ich atme tief durch und schaue auf mein Handy.
Jaces Profil scheint mir entgegen.

Es ist das Bild, das ich von ihm im Park aufgenommen habe, als er mit geschlossenen Augen gegen den Baumstamm lehnte. Ich habe es zu meinem Hintergrundbild gemacht.
Wenn ich Jace jetzt so anschaue, dann sehe ich plötzlich den jungen Mann, der mich über die Schulter geworfen und zu meinem Auto getragen hat.

Ich stehe vor dem großen Fenster und blicke in den blauen Himmel empor.
Tief durchatmen, sage ich mir immer wieder, um nicht meinem Bedürfnis, Möbel umzuwerfen, nachzugeben.
Dann reiße ich mich von dem tiefen Blau los und werfe einen Blick auf den fein gewebten Teppich.

Genau hier haben wir gemeinsam gestanden, als ich Jace die Wohnung zum ersten Mal gezeigt habe.
Er mag die bunte Couch, glaube ich, immer noch nicht. Zu viele Blumen.
Ich sehe Jace. Eins ist sicher; ich will ihn nie wieder so finden - leblos und am Boden.
Ich höre ihn in Rätseln sprechen.
Wir seien ein Fehler. Er will mich nicht verletzten.

Hat er damit die ganze Zeit auf die Drogen angespielt und darauf wie sehr mich die Wahrheit mitnehmen, zerstören würde?
Das Zittern seiner Hand, seine Hustenanfälle, der Gelbstich in seinen Augen und die Tage, an denen er einfach untergetaucht ist und kein Lebenszeichen von sich gegeben hat.
Sollte das alles mit seinem Drogenkonsum zusammenhängen?
Es gibt nur einen Weg, dies herauszufinden. Ich blicke durch den Rundbogen in den Flur.

Es ist hart, aber ich kämpfe mich durch die Erinnerungen voran zur Wohnungstür.
Kurz bevor ich diese erreiche, halte ich inne und will mich zwingen, umzudrehen.
Doch irgendetwas in mir ist stärker und ich drücke die Klinke herab, lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen - nicht genau wissend, wann ich sie wieder aufschließen würde.

Eins ist sicher; Jennifer wird ihren Schlüssel noch in der nächsten Woche zurückgeschickt bekommen!
Ob ich die Wohnung vorher noch einmal betrete oder nicht, aber ich habe gemeint, was ich vorhin gesagt habe, als Jace noch bei Bewusstsein war und vor mir stand.
Ich bin fertig mit ihm.

Mein Auto hat die ganze Zeit über in der prallen Sonne gestanden.
Die stickige Luft macht mir das Atmen nicht unbedingt leichter und ich breche in Schweiß aus. Gerade als ich mich in den Sitz gleiten lasse, sehe ich das gelbe Papier eines Strafzettels auf der Windschutzscheibe thronen.

So viel Glück kann auch nur ich an einem einzigen Tag haben.
Ich würge mein Lenkrad bis meine Haut weiß an den Knöcheln hervortritt und unterdrücke es, auf das heiße Leder einzuschlagen.
Stattdessen öffne ich resigniert die Autotür und reiße den Strafzettel fürs Falschparken von der Windschutzscheibe.

Dank der Klimaanlage verschwindet der Schweiß relativ schnell von meiner Stirn, aber der Schmerz in mir bleibt.
Ich zwinge mich, keinen Blick zurück auf das kleine Wohnhaus zu werfen, sondern fahre einfach durch die Stadt.
Ich höre keine Musik, schaue nur stur auf Straßenschilder und Ampellichter.

Die Sonne strahlt vom Himmel, als ich die Fahrt antrete.
Sie scheint immer noch, als ich auf den Parkplatz der Klinik fahre.
Es ist heiß. Ein wunderschöner Sommertag, den man perfekt unter alten Eichen in einem Stadtpark verbringen könnte, doch stattdessen schreite ich auf das dreistöckige Gebäude aus hellem Stein zu.

Direkt neben dem Eingang befindet sich eine Glasfront, die den Blick in den Eingangsbereich der Klinik freigibt.
Ich kann eine Treppe ausmachen und runde Tische an denen vereinzelt Menschen sitzen.
Ich warte, bis sich die automatische Tür langsam vor mir öffnet und werfe dabei den mickrigen, halb vertrockneten Blumen neben mir einen verächtlichen Blick zu.

Mein Kopf ist die ganze Zeit über wie leergefegt. Und das ist auch gut so.
Ich funktioniere. Mehr muss ich im Moment auch nicht tun.
Der Geruch von Krankenhaus schlägt mir entgegen und ich unterdrücke unschöne Erinnerungen aus Kindertagen.

Eine Dame am Empfang gibt mir nur widerwillige Jaces Zimmernummer.
Als sie eine gefühlte Ewigkeit auf ihren uralten Computer gestarrt hat, sieht sich mich einmal von oben bis unten an.
Dann teilen sich ihre korallfarbenen Lippen.
"Zimmer 248."

Ich nicke ihr zu und steuere auf einen der Aufzüge direkt neben der Anmeldung zu.
"Defekt", hallt es hinter mir von den Wänden wieder.
Ich kann den belustigten Ausdruck in ihrem aufgedunsenem Gesicht förmlich hören.
Ich mache auf dem Absatz kehrt und gehe zu der imposanten Metalltreppe, die ich schon durch die Fensterfront gesehen habe.

Jeder Schritt, jede Stufe fühlt sich falsch und doch richtig an.
Ich habe gar nicht genug Zeit, darüber nach zudenken, was ich zu ihm sagen soll.
Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten will.
Will ich weinen? Schreien? Ihn an mich ziehen?

Es ist eine Mischung aus jedem dieser Dinge.
Im ersten Stock weiche ich einer Putzkolonne und einem betagten Arzt aus.
Und dann ist der Moment der Wahrheit gekommen.
Zimmer 248.

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Song: Trauma - NF

Hallo meine Lieben,

Sunday - Funday. Auch wenn in unserer Geschichte gerade Donnerstag ist xD

Für mich ist leider kein Funday, weil mein Heuschnupfen mich wieder drinnen gefangen hält :/ Hat irgendjemand von euch auch Heuschnupfen und kann mir vielleicht ein Mittel empfehlen, dass keine großen Nebenwirkungen hat? Ich leide ja jetzt erst seit ein paar Tagen darunter, bin also neu in der Szene ha.ha.haaa.

Also, ich habe hier schon einige Sachen da & die helfen auch, aber eben nicht so gut, dass ich mich trotz allem in den Garten setzten könnte. Das ist echt so scheiße. Ich möchte mich sonnen & lesen. Hallo?!?! Wie soll ich in diesem Jahr denn bitte braun werden?! Und Gartenarbeit macht sich auch nicht von alleine. Seufz.

Also, werde ich jetzt noch ein paar Hausis machen und dann eben in meinem Lesesessel lesen... Genießt, die Sonne für mich mit, wenn sie bei euch gerade scheint <3

All my Love,
Lisa xoxo

almost Hate [ᴬ ᴸᵒᵛᵉˢᵗᵒʳʸ]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt