Es muss weiter gehen

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In den zwei Wochen, die beide nun zu Hause verbrachten, nutzten sie um gemeinsam zu trauern und Kraft zu sammeln, um für ihr Marienkäferchen da zu sein. Jeden Tag sortierten sie einige Babysachen aus, die für Krümelchen gedacht waren. Es war ein wichtiger Schritt für die Trauerarbeit. Der Schmerz saß tief und immer wieder brachen beide in Tränen aus und trösteten sich gegenseitig. In der Zeit waren alle ihre Freunde stätig für die beiden da und versuchten ihr bestes etwas Aufmunterung zu verschenken. Manchmal mit mehr und manchmal mit weniger Erfolg.
Trotzdem musste das Leben irgendwie weiter gehen. Emma war sehr nachdenklich und beschloss, sich nun weniger Stress auszusetzen. Auch machte sie sich Vorwürfe, vielleicht hätte sie schon einige Zeit vorher einen Gang zurück schalten müssen und sich doch bedienen lassen sollen. Nun war Lukas derjenige, der Stark sein musste und seine Verlobte immer wieder aufs Neue aufbaute.
"Schatz, wir können nicht's dafür und schon garnicht du! Mach dir bitte keine Vorwürfe. Das Schicksal hat es so entschieden, daran können wir leider nichts mehr ändern!", sagte er, während Emma wider einmal in Tränen ausgebrochen war und abwesend auf dem Sofa lag. Sie war in den letzten Tage sehr ruhig geworden und sprach kaum noch. Lukas akzeptierte das, da er wusste, dass jeder anders trauert.
"Die letzten Tourtermine mache ich alleine, die sind eh in Berlin und ich komme sofort nach den Auftritten nach Hause!", versuchte er sie zu überzeugen. Im Normalfall wäre es schwer geworden Emma davon abzuhalten mit zu Konzerten zu gehen, doch in diesem Moment nickte sie nur. Lukas hasste es, seine Freundin so leiden zu sehen. Er hingegen war auch noch traurig, hatte sich aber schnell mit der Situation vertraut gemacht.
Die Tour musste beendet werden, sodass er sich auf den Weg nach Berlin machte. Steven hingegen, der sonst auch auf jedem Konzert dabei war, verbrachte seine Zeit nun immer bei Emma, damit sie nicht alleine ist. Auch Janine kam so oft, wie es ihr möglich war vorbei um Umarmungen zu verteilen.
Bei einem letzten Skype Gespräch, bekam Lukas seinen Glückskuss dieses mal virtuell. Er wirkte sehr angespannt. Man merkte, dass es was ganz was neues für ihn war, dass Emma und Steven nicht mit dabei waren.
Steven schaute in Richtung Emma, die schon wieder abwesend ins Leere schaute. Er fragte sie: "Wann hast du eigentlich das letzte mal was gegessen?" Emma reagierte mit einem Schulterzucken und antwortete: "Ich weiß nicht, vielleicht gestern..." Steven schaute sie erschrocken an: "Gestern? Das geht garnicht, man hört ja schon Marienkäferchens Bauch knurren!" Er ging mit seinem Kopf in Richtung Emma's Bauch und sagte: "Keine Angst Marienkäferchen, der Onkel Steven kocht jetzt was schönes!"
Er hatte es tatsächlich geschafft, Emma ein grinsen zu entlocken.
Steven wühlte ohne System in der Küche rum auf der Suche nach etwas, was er kochen könnte. Essen war genug da, doch die Kochkunst von Steven ließ dann doch nur wenig Auswahlmöglichkeiten. "Käferchen, halt durch, Onkel Steven macht jetzt Rührei!", schrie er aus der Küche in das Wohnzimmer. Emma wurde hellhörig und sagte: "Nein bitte kein Rührei! Du weißt, ich habe momentan mit Blähungen zu kämpfen und mit Eiergeruch müssen die wirklich nicht sein! Dafür ist es zu kalt draußen, dass ich den ganzen Tag lüften könnte!" Steven schaute um die Ecke ins Wohnzimmer und sagte betröppelt: "Was anderes kann ich aber nicht kochen!" "Dann lernt der Onkel Steven jetzt kochen!", sagte Emma, während sie ihren Bauch streichelte und begab sich auch in die Küche. Doch nicht um Steven zu helfen, nein, dass soll er schon alleine machen, sondern nur um Anweisungen zu geben. Auf kochen hatte Emma nun keine Lust, wollte es sich aber nicht entgehen lassen, die ersten Kochversuche von Steven zu sehen.
Sie gab ihm eine Anweisung nach der anderen und belustigte sich daran, wie trottelig sich Steven anstellte. Steven hasste es, wenn ihn jemand auslachte, doch in der Situation, in der Emma gerade war, freute er sich über jeden Lacher, den Emma von sich ließ.
"Um Gottes Willen, hast du wirklich noch nie gekocht?", fragte Emma irgendwie entsetzt und belustigt, dass Steven so gestresst war.
"Nein, wenn ich nicht von dir bekocht werde, hol ich mir irgendwas!", Antwortete er.
Er kochte Bolognese, die mehr schlecht als Recht war. Doch Emma war eisern und aß ihren Teller auf, schon alleine um Steven nicht noch mehr zu ärgern. Um höflich zu beleben sagte sie noch: "Haste gut gemacht!" Er schaute sie an und wusste genau, dass sie ihn verarschte. "Das war das ekeligste, was ich je gegessen habe!", sagte er und räumte den Tisch ab.
Emma war erstaunlich gut drauf nach dem Essen und ließ sich sogar von Steven zu einer Runde Poker hinreißen. Er dachte vielleicht, das der da besser sei, doch da hatte er sich geschnitten. Emma spielte in ihrer Jugend oft Poker mit Kollegen und Freunden, sodass sie das perfekte Pokerface hatte. Bis heute hatte sie es nicht verlernt und schlug Steven Runde für Runde.
Nana rannte aufgeregt zur Haustür, als hätte sie gespürt, dass Herrchen nach Hause kommt.
Lukas betrat den Raum und war sichtlich erfreut darüber, dass Emma ausgelassen ihre Pokerchips auf den Tisch warf um Steven auszunehmen, wie eine Weihnachtsgans. Plötzlich spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter. Bemerkt hatte sie es nicht, dass er nach Hause kam. "Lief alles gut?", fragte sie ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. "Ja alles gut gelaufen, war ne Bomben Stimmung!", sagte er und setzte sich zu den beiden.
Er schaute Steven fragend an. "Freut mich, dass du so gut gelaunt bist!", sagte Lukas zu Emma, die nach einem tiefen Schnauber antwortete: "Ja bin ich. Ihr habt alle so Recht, es muss irgendwie weiter gehen, wir müssen ja immerhin für Marienkäferchen da sein!" Lukas grinste zufrieden und drückte Emma einen Kuss auf die Stirn. Er lief in die Küche auf der Suche nach was Essbaren. "Uhhh Bolognese!", sagte er, als er die Reste in den Töpfen erblickte. "Ja ist echt lecker! Musst du kosten!", rief ihm Steven zu und Emma lachte in sich hinein. Er wärmte es sich in der Mikrowelle auf und setzte sich wieder mit an den Tisch. Gespannt schauten Steven und Emma zu, wie sich Lukas genüsslich die ersten Nudeln in den Mund schob. Sofort entglitten ihn alle Gesichtszüge. Er schaute Steven an und meinte: "Das hast du gekocht, kann das sein?" Aus beiden brach ein lautes lachen aus. Selbst Nana stand am Tisch, schnupperte am Essen und verschwand in ihrem Körbchen. Er schaffte es nicht so eisern aufzuessen und warf somit die Reste weg.
"Du hast das doch nicht wirklich gegessen?", fragte er entgeistert. Emma antwortete: "Doch klar, weil ich höflich bin!" Lukas schüttelte nur den Kopf.
Nun spielten alle zusammen noch einige Runden Poker und Emma gewann immer wieder.
Endlich wurde alles wieder so normal, wie es nur ging in ihrem gemeinsamen Haushalt. Denn das Leben musste weiter gehen.

Bitte einfach nicht wecken (Alligatoah FF) #Wattys2019Where stories live. Discover now