Deutschland Hopping

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"Ist das geil!", schrie Emma Lukas laut zu, als dieser sich am Morgen im Bad zurecht machte. "Ich weiß, brauchst du mir nicht täglich sagen!", brüllte er nur zurück. Mit Fragezeichen über den Kopf saß Emma auf dem Sofa "Häh?", fragte sie, als Lukas aus dem Bad kam. "Hast du nicht gesagt, dass ich geil wäre?", Sagte er grinsend und Emma meinte dazu nur: "Neee, sowas muss ich dir doch nicht sagen, dass weißt du doch! Guck Mal, Hase, ich hab ein tolles Haus gefunden, großer Garten für Nana, großer Keller für das Studio und der Rest sieht auch ganz gut aus.", sagte sie und schob Lukas den Laptop hin. Momentan war Emma mit ihrem Laptop verheiratet. Häusersuche und Tourplanung nahmen ihre ganze Freizeit ein. Lukas fand die Situation nicht schön, akzeptierte diese aber, weil er ja wusste, dass es ihr Job ist und ein Haus musste auch gefunden werden, damit sie endlich ein professionelles Studio aufbauen könnten.
Auch Lukas gefiel das Haus, sodass sie einen Besichtigungstermin aus machten, der allerdings erst nach den Touren statt finden würde.
Durch Nico's Fehler hatte Emma gerade den Kopf voll. Sie musste zwischen Vertragsstrafen und sauren Fans abwägen, doch leider musste sie beides in Kauf nehmen, um eine angemessene Planung beider Touren hin zu bekommen. Alles war mit großen Kosten verbunden. Es mussten zwei Nightliner gebucht werden, was schon sehr ins Geld ging. Mittlerweile zahlte ja auch nicht mehr Nico, sondern alle waren jetzt auf sich selber gestellt. Doch Emma war schon immer geizig und ein Sparfuchs, sodass sie die Kosten auf das Mindeste versuchte zu reduzieren.
Sie verzweifelte an der Tourplanung, die günstigste Variante hatte sie gefunden, nur hätte Lukas eine extreme Doppelbelastung, die sie ihm eigentlich nicht antun wollte.
Er sah ihr an, dass etwas in ihrem Kopf rumschwirrte, sie aber nicht wusste, wie sie es sagen soll. "Was ist los, meine kleine Minze?", fragte er, als er Emma's leeren Blick sah. "Ach ist doch alles scheiße, was mein Bruder da fabriziert hat! Ich überlege wirklich, ob wir die Akkordarbeit Tour komplett auf Anfang des nächsten Jahres verschieben, dann müssen wir halt mit den Vertragsstrafen leben! Ich will dir dieses Doppelbelastung nicht antun!", erklärte sie ihm fast verzweifelt.
Er setzte sich neben sie und riskierte einen Blick auf den Plan, der zwar zeitlich passte, aber durch eine 50 prozentige Überlappung der beiden Touren mit viel Fahrtweg verbunden war. Zum Beispiel fiel auf einen Freitag ein Trailerpark Konzert in Berlin und am nächsten Tag ein Alligatoah Konzert in Köln um dann Sonntag wieder mit Trailerpark in Leipzig zu sein.
Lukas schaute eine ganze Weile über die Termine entschied dann aber: "Scheiß drauf! Kriegen wir schon hin! Ich sehe nicht ein so viele Vertragsstrafen zu zahlen und Anfang nächsten Jahres wollen wir doch umziehen, da kann ich keine Tour machen." "Ruhig, erstmal müssen wir ja ein Haus finden!", redete sie ihm ins Gewissen. "Jetzt akzeptiere das so, wie es da ist, geb die Änderungen raus und gut ist! Das klappt schon!", sagte Lukas aufbauend und Emma akzeptierte dies und leitete alles in die Wege, war aber trotzdem nicht zufrieden und machte sich innerlich Sorgen um Lukas, der in der Zeit heftig eingebunden sein würde.
Da am morgigen Tag die neuen Proben starten würden, gingen die beiden mit Nana zu ihrem Platz im Park um die Ruhe noch einmal zugenießen. Es war sonnig aber trotzdem rieselten die gelben Blätter schon von den Bäumen. Jedes Jahr ging immer schneller vorbei. Schweigend saßen sie am Bach und Emma dachte über ihr Leben nach. Natürlich hatte sie unglaublich viel Spaß an ihrem Beruf, trotzdem kamen in ihr in letzter Zeit immer wieder Zweifel auf, ob das alles noch das richtige sei. Es war nicht das Leben, was sie sich vorgestellt hatte. Als Kind hatte sie immer die Gedanken zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens schon verheiratet zu sein und einen Job zu haben, der mit weniger Verantwortung einher geht.
Dann blickte sie auf Lukas, der mit Nana im Bach spielte und war doch irgendwie wieder glücklich jetzt dieses Leben zu haben. In ruhigen Momenten schwenkte sie immer mit den Gedanken hin und her, aber Lukas im Stich lassen war auch keine Option.
In den nächsten Wochen liefen die Proben bis in die Nachtstunden und Emma war jetzt schon geschlaucht, hatte sogar Angst die nächsten zwei Monate im Dauerstress zu leben, doch da mussten jetzt alle Beteiligten durch. Es ging von Stadt zu Stadt im Akkord, teilweise wusste keiner mehr, wo sie sich gerade befanden. Das einzige entspannte bei diesen Touren war Nana, die einfach die Busfahrten genoss und sich für nichts interessierte. Für sie zählte nur, dass Lukas und Emma täglich bei ihr sind.
Es war die heiße Phase, in der alles parallel lief und beide liefen auf dem Zahnfleisch. Es war Wahnsinn, wie viele Kilometer sie in den letzten Nächten zurückgelegt hatten. Man sah den beiden den Stress an, doch Lukas lieferte Abend für Abend eine sauber Show ab, was Emma immer mehr in Lukas verbissene und akribische Art verlieben ließ. Immer wieder stießen sie zurück zu den erholten Trailerpark Jungs, die die beiden aber auch auffingen und ihnen immer wieder neuen Mut brachten. Sogar um Nana kümmerten sich Steven und Tim liebevoll, sodass Lukas und Emma eine Portion Schlaf bekamen. Denn ist man Mal ehrlich, trotz dass man im Bus liegen kann, ist es nicht die Erholung, die bei den Schlaf bekommt, als würde man in einem Bett schlafen.
Durch die tolle Hilfe und viel Zuspruch schafften sie es die Zeit durchzustehen in der die Konzerte parallel abliefen. Nun hieß es nur noch 5 Konzerte von Alligatoah und alles ist erledigt und abgehakt. Keiner konnte das jubeln der Fans dieses mal mit Genuss aufnehmen. Lukas funktionierte einfach nur noch.
Das vorletzte Konzert war in Berlin und Emma ging wie gewohnt eine Runde mit Nana vor der Location spazieren, bevor sich beide das Konzert hinter der Bühne anschauten. "Emma, was machst du denn hier?", hörte sie eine Stimme sagen, die ihr bekannt vorkam, die sie aber mit keiner guten Erinnerung in Verbindung brachte. Sie drehte sich rum, doch tat sie sich schwer, so müde wie sie war, jemand in der Dunkelheit zu erkennen.
Plötzlich standen Saskia und Maike vor ihr, die Lästern Schwestern ihrer letzten normalen Arbeitsstelle. Zum flüchten war es zu spät. "Kann ich den Mal streicheln?", fragte Maike, die komplett Hundeverrückt war. "Nein, sie beißt, wenn ihr Leute zu nahe kommen, die sie nicht kennt!", log Emma Maike an. Nana würde natürlich nicht beißen, nur hatte Emma keine Lust darauf, dass auch nur einer der beiden ihren Hund anfasst. "Ihr geht zum Konzert?", fragte Emma um freundlich zu wirken. "Ja, haben Tickets für die erste Reihe!", sagte Saskia stolz. "Dann viel Spaß! Ich muss jetzt wieder rein!", sagte Emma und musste dann doch noch Maike's Frage danach, was sie hier tut, beantworten. Eigentlich war prahlen garnicht Emma's Ding aber in diesem Moment war es für sie eine Genugtuung den beiden zu erzählen, dass sie die Managerin von Lukas ist. Den beiden Kühen fiel ihr arrogantes grinsen aus den Gesichtern, als Emma sich umdrehte und in der Location verschwand.
Sie traf auf Lukas, der sich hinter der Bühne vorbereitete und zog ihn an den Vorhang der Bühne. "Siehst du die beiden Weiber da in der ersten Reihe?", fragte sie ihn. Er nickte und wollte wissen, was es mit den beiden auf sich hat. "Das sind sogenannte Mobber, die haben mich aus meinem Job gebracht!", sagte Emma wütend. Lukas blieb cool und meinte: "Sei froh, sonst hättest du nicht so einen tollen Kerl, wie mich!" Er wusste immer, wie er Emma mit den richtigen Worten beruhigen kann. Beide lachten, es gab den täglichen Glückskuss und die Show begann. Emma verfolgte zum 15. mal das Konzert hinter der Bühne und musste lachen, als Lukas bei seinem Lied plötzlich auf die Saskia und Maike zeigte und dabei den Part "Du bist schön, aber dafür kannst du nichts! Weder lesen, noch schreiben, noch was anderes...", sang. Die beiden verstanden das garnicht, sondern saßen grinsend in der ersten Reihe. Doch es reichte ja, dass Lukas und Emma den Wink verstanden und mussten auch nach dem Konzert noch herzhaft lachen. Das waren die Momente, die Emma, trotz des ganzen Stresses so liebte.
Nach einem weiteren Konzert waren die Touren geschafft und beide ließen es sich zu Hause gut gehen. Sie mussten jetzt mehr als zuvor entspannen, denn so ein Jahr hatten sie noch nie erlebt.

Bitte einfach nicht wecken (Alligatoah FF) #Wattys2019Where stories live. Discover now