Near To You

•Chapter 34•

Mit einem flauem Gefühl im Magen lief ich in die Lagerhalle am nächstem Tag.
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf und alle drehten sich um Lovis.
Dieser Kerl nimmt zu viel Platz in meinem Gehirn ein.
Schon von weitem sah ich, wie er auf einen der Boxsäcke einschlug. Er stand dabei mit dem Rücken zu mir und sein Oberkörper war frei.
Ich versuchte meinen Blick, der sich automatisch auf seine prachtvollen Rückenmuskeln heftete, abzuwenden.
Ohne etwas zu sagen setzte ich mich auf die kleine Bank. Meine Sportsachen hatte ich bereits an, weshalb ich nur meine Schuhe wechselte.
Während ich mir meine Schnürsenkel band, sah ich aus dem Augenwinkel wie Lovis aufhörte auf das Gerät einzuschlagen und auf mich zu geschlendert kam. Seine Brust hob und senkte sich schnell, seine Haut glänzte vom Schweiß.
"Wer hat dich denn geärgert?"
Platzte ich heraus, während er aus seiner Wasserflasche trank. Sofort biss ich mir auf die Zunge.
Warum konnte ich nicht einfach mal meine Klappe halten?
Lovis verstand meinen Wink zwar, dass er so doll auf den Bozsack eingeschlagen hatte, doch er fand ihn anscheinend nicht amüsant.
Zurecht.
"Das nennt sich Training. Schließlich gewinnen sich meine Kämpfe nicht von alleine."
Seine Miene war ernst.
"Fertig?"
Fragte er auffordernd und ich nickte still.
Dann begannen wir mit dem Krafttraining.
Ich war schon um einiges besser geworden was das anging, doch heute hatte Lovis besonders Lust mich zu quälen.
Er verzog keine Miene und war strenger als sonst mit mir.
"Becken nach oben."
Hörte ich seine kalte Stimme, während ich die Plank-Position schon seit einer gefühlten Ewigkeit hielt.
Mein Körper brannte und ich ließ meinen Rücken durchhängen Aufgrund meiner Kraftlosigkeit, was Lovis natürlich garnicht passte.
"Stop. Okay das machen wir gleich nochmal."
Wie bitte? War das sein ernst?
Sah er nicht wie erschöpft ich war oder war es ihm einfach scheiß egal?
Ich tippte auf letzteres und kniete mich gereizt hin.
"Ich kann nicht mehr."
Sagte ich und blickte etwas genervt zu ihm auf. Ich bekam nur ein Augenrollen zurück.
"Die 30 Sekunden wirst du schon noch aushalten."
Ich seufzte frustriert und gab ihm einen giftigem Blick, doch ich bekam nur einen desinteressierten zurück.
"Und hoch."
Nachdem ich die letzte Übung eher schlecht als recht geschafft hatte, machten wir eine Pause.
Während ich auf der Bank saß und etwas trank, beschäftigte sich Lovis wieder mit dem Boxsack.
Eine Weile schaute ich ihm zu und fragte mich wie es wohl aussehen würde, wenn er auf einen echten Menschen so einschlagen würde.
Aus irgendeinem Grund interessierte es mich wirklich ihn einmal dabei zu zusehen.
Ich stand auf und lief zu ihm herüber. Als ich neben ihm stand, hielt er das schwingende Stoffteil fest.
"Kannst du wieder weiter machen?" Fragte er mit gehobener Augenbraue, worauf hin ich nickte.
Wir stellten uns gegenüber und Lovis erklärte mir gerade, was für eine Verteidigungstechnik er mit mir üben wollte. Sobald er fertig geredet hatte, öffnete ich meinen Mund.
"Lovis." Seine Augen senkten sich auf mein Gesicht.
"Kann ich bei deinem Kampf zugucken?"
Seine Mundwinkel zuckten kurz, bevor er anwtortete.
"Feuerlöckchen, ich hab dir doch schon gesagt, dass das nichts für dich ist."
"Ist mir egal." Ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Mir aber nicht. Die Antwort ist nein."
Sein ernster Blick ruhte auf mir, während ich immernoch beleidigt zu ihm aufschaute.
"Warum? Was ist daran so schlimm?"
"Es ist einfach gefährlich, Jade. Du hast da nichts zu suchen."
"Das hast du nicht zu entscheiden!"
Blaffte ich.
"Und ob ich das hab."
Knurrte er zurück. Dann kam mir plötzlich eine Idee.
"Okay. Wenn ich es schaffe, mich gegen dich zu wehren, dann darf ich mitkommen."
Sagte ich selbstbewusst und grinste.
Lovis musterte mich kurz, dann schnaubte er belustigt.
"Von mir aus."
An seinem Grinsen was sich auf seinen Lippen geformt hatte konnte ich sehen, dass er sich über mich Lustig machte.
Wut brannte in mir und motivierte mich nur noch mehr. Ich hatte bereits viel gelernt und wir hatten fast jeden zweiten Tag trainiert. Das musste ja irgendwas gebracht haben.
Wir standen uns gegenüber und ich wusste nicht wirklich was ich tat, aber ich wollte gewinnen.
"Bereit?"
Es waren vielleicht gerade einmal zwei Schritte Abstand zwischen uns und ich versuchte meine Nervosität zu unterdrücken.
"Ja."
Antwortete ich.
Ein Schmunzeln bildete sich auf Lovis Lippen, dann schnellte sein Arm nach vorne.
Seine Finger umschlossen mein Handgelenk, doch ich befreite mich aus seinem Griff mit einer gekonnten Bewegung.
Sofort kam er auf mich zu und schlang beide Arme um mich. Mit meinem Ellenbogen versetzte ich ihm einen Schlag in die Rippen und schlug seine Arme weg. Ich machte alles genauso, wie er es mir gezeigt hatte und als ich dachte ich hätte mich vollständig von ihm los gemacht, stellte er mir plötzlich ein Bein.
Ich stolperte nach hinten, was Lovis sofort ausnutzte.
Innerhalb von Sekunden und so schnell, dass ich es nichtmal richtig mitbekam, stand ich mit dem Rücken gegen die Wand gepresst. Meine Arme hatte er über meinem Kopf fest im Griff. Erschrocken starrte ich in seine grinsenden Augen, bevor mein erster Instinkt war, mit meinen Beinen etwas zu tun. Doch bevor ich auch nur einen Schritt machen konnte, schlug er mir mit seinem Fuß gegen die Innenseite von meinem, sodass ich jetzt mehr als breitbeinig da stand. Ich hatte keine chance in dieser Position mich auch irgendwie zu bewegen, geschweige denn aufzustehen. Ein schmerzhaftes Ziehen war in meinen Oberschenkeln zu spüren und ich stöhnte durch zusammen gebissene Zähne.
"Gewonnen."
Grinste Lovis, woraufhin er einen wütenden Blick von mir kassierte.
Schließlich ließ er mich los und ich stellte mich an der Wand abstüzend wieder normal hin.
Lovis drehte sich zufrieden um und schlenderte zur Bank.
So schnell wollte ich nicht aufgeben. Außerdem war ich sauer auf ihn. Sauer, dass er gewonnen hatte.
Also startete ich einen Angriff, indem ich so leise wie möglich von hinten auf ihn zu lief.
Bevor meine Schadenfreude richtig einsetzen konnte, wich Lovis mir mit einem Schritt aus. Eine Hand schubste mich - zwar leicht - an meinem Rücken, doch es war doll genug um mich auf meine Knie fallen zu lassen.
Mein einer Arm war auf meinen Rücken gedreht und gedrückt, während ich mich mit meinem anderem Unterarm auf dem Boden abstüzte.
"Dachtest du wirklich das klappt?"
Seine raue Stimme triefte vor Spott.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals und meine Wangen waren wahrscheinlich gerade knall rot.
"Lass mich los!"
Keifte ich, um meine Verlegenheit zu überspielen.
Seine Hände ließen von mir ab und ich stand auf. Mit wütendem Blick und roten Wangen schaute ich ihn an, doch ich bekam nur ein herzhaftes Lachen von ihm.
Dann nahm er sich sein Handy, während ich aus meiner Wasserflasche trank.
"Sorry Feuerlöckchen. Auch wenn ich mir gerne deine schlechten Angriffsversuche noch angeguckt hätte - ich muss los."
Er legte das Telefon auf der Bank ab und kramte in seiner Tasche.
"Du bist so ein Blödmann."
Grummelte ich, woraufhin ich nur ein Kichern von ihm hörte.
Als er sich gerade sein Shirt anzog leuchtete sein Handy auf. Mein Blick wanderte auf die Nachricht, die auf dem Display angezeigt wurde.

Berkley street 43, 19:30
~Chris Bro

War es das was ich dachte, was es war?
Schnell wandte ich meinen Blick ab, als Lovis wieder in meine Richtung schaute.
Meine Wut war verflogen.
Ich hatte einen Plan.