Near To You

•Chapter 18•

Die nächsten zwei Wochen vergingen wie im Flug, da ich mich zum großen Teil aufs Lernen konzentrierte.
Zwischen Lovis und mir lief alles normal.
Mehr oder weniger.
Das letzte Wochenede hatten wir uns nicht zum Tanzen getroffen, da wir die Zeit brauchten, um uns auf die Klausuren vorzubereiten.
Nachdem Vorfall hatten wir nichtmehr sonderlich groß miteinander geredet. Wenn, dann ging es nur um die Schule. Unwichtiges Zeug halt.
Und ehrlich gesagt, hatte ich auch nicht vor das Thema nocheinmal anzusprechen. Ich konnte offensichtlich nichts aus ihm heraus bekommen, indem ich ihn zwang.
Außerdem hatte ich nicht sonderlich Lust auf einen erneuten streit. Es schwebte zwar diese unausgesprochene Spannung zwischen uns und er stieß mich dadurch bewusst von sich, aber so war es am besten.
Abstand halten war am besten.
Vielleicht sollte ich einfach akzeptieren, dass Lovis und mich doch nur unsere Deals verbanden...
"Steigst du ein, Feuerlöckchen?"
Lovis riss mich aus meinen Gedanken.
Ich stieg in sein Auto und wir fuhren los zur letzten Nachhilfestunde vor den Ferien.
Als wir im Golden saßen, sah ich ihm heute zum ersten Mal richtig ins Gesicht.
Sofort fiel mir auf, dass er eine kleine Verletzung über seiner Augenbraue hatte und einen blauen Fleck an seinem Kiefer.
"Wem bist du denn wieder auf die nerven gegangen?"
Lovis blickte von seinem Heft auf und ich deutete auf sein Gesicht.
Er stieß ein leichtes Lachen hervor.
"Das ist vom Boxen."
"Ah stimmt... das hatte ich fast vergessen, du prügelst dich ja gerne in deiner Freizeit."
Mit einem Schmunzeln und zusammen gekniffenen Augen sah er mich an.
"Wenigstens kann ich zuschlagen."
"Tss." Ich verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, worauf hin Lovis noch breiter grinste und sich wieder an seine Aufgaben machte.
Mein Herz machte einen kleinen Sprung und sofort genoss ich die aufgelockerte Stimmung.
Eine Weile lang schwiegen wir.
Ich stützte mich mit meinem Ellenbogen auf der Tischplatte auf und legte mein Kinn auf meine Hand, während ich ihn weiter beobachtete.
"Und wann kann ich dich mal in Action sehen?"
So viel zum Thema Abstand halten ist am besten.
Aber ich war einfach nur froh, dass die Stimmung endlich wieder ein wenig heller war und er darauf einging.
Lovis schnaubte herablassend.
"Nein Feuerlöckchen. Das wird nicht passieren."
Ich runzelte enttäuscht die Stirn.
"Warum nicht?"
"Glaub mir, das ist nichts für dich."
"Ich will den Grund wissen!"
Lovis seufzte und hörte auf zu schreiben.
"Die Kämpfe sind nicht so... seriös, weißt du?"
"Ist mir schon klar, dass es nicht so ist wie beim WWE."
Er starrte mich einen Moment unglaubwürdig an. Dann zog er seine Augenbrauen zusammen, als hätte ich gerade etwas total dummes gesagt.
"Dir ist bewusst, dass WWE Wrestling ist?"
Ich rollte meine Augen.
"Ja was auch immer! Als hätte ich eine Ahnung davon."
Ein warmes Lachen ertöhnte von seiner Seite.
Das stand ihm wirklich besser, als seine kalte Makse.
"Jade, mit unseriös meinte ich nicht, dass es keine fernsehreife Show ist. Die Typen gegen die ich Antrete und die Zuschauer sind etwas brutal drauf... glaub mir du hast da nichts verloren."
"Na schön, dann halt nicht." Beleidigt schlürfte ich an meinem Schokoshake
"Also falls das ein Vorwand war, um meine Muskeln zu begutachten, dann kann ich sie dir auch noch auf andere Weise zeigen."
Ich verschluckte mich beinahe an meinem Shake, bei dem Blick den er mir zu warf.
"Oh mein Gott Lovis, halt deine Klappe!"
Lovis lachte.
"Immer wieder zu witzig."
Ich verfluchte sein Lachen. Es klang perfekt.
Wie bitte konnte ein Lachen perfekt klingen?
"Obwohl, wenn ich so drüber nachdenke..."
Lovis betrachtete mich nachdenklich, was mir nicht wirklich weniger unangenehm war.
"Was machst du morgen nach der Schule?"
"Ähm... ich weiß nicht, ich arbeite Abends..."
"Gut, du kommst mit mir mit."
Verwirrt runzelte ich die Stirn.
Warum tat er das immer?
"Okay und wohin gehts?"
"Training. Dann können wir endlich mal da dran arbeiten."
Das da dran betonte er extra abwertend und kniff mir dabei leicht in den Arm.
Sofort legte ich meine Hand schützens über die Stelle und schaute ihn böse an.
Aber er schmunzelte nur in sich hinein, als er seinen Shake trank.
"Und du solltest jetzt besser wieder da dran arbeiten."
Ich tippte mit meinem Finger auf seine Hausaufgaben.
"Jaja."
Während er weiter machte beobachtete ich ihn.
Man die Verletzungen sind echt nicht ohne.
Vielleicht gab es ja deswegen das Gerücht, dass Lovis ein Schlägertyp war. Denn ich kann, nach der Zeit die ich mit ihm verbrachte habe, sagen, dass Lovis kein Mensch war der einfach mal so auf Leute einprügelte.
Andererseits konnte ich verstehen, warum ihn alle so beschrieben, wie ich es am Anfang auch geglaubt hatte.
Aber mittlerweile konnte ich sehen, dass er kein gefühlskalter Draufgänger war.
Zumindest nicht immer.
Er tat alles um das Image aufrecht zu erhalten, aber es gab schon zu viele Situationen die mir gezeigt haben, dass ihm in wirklichkeit doch nicht alles egal war.
Mein Blick schweifte über sein konzentriertes Gesicht, seine Lippen hinauf zu seiner Stirn, wo eine Strähne sich gelöst hatte und nun locker hinunter hing.
Verdammt, ich hatte noch nie so einen attraktiven Jungen gesehen wie ihn...
"Feuerlöckchen?"
Schnell riss ich meine Augen auf und setzte mich aufrecht hin.
"Ja?"
Ich starrte direkt in sein grinsendes Gesicht.
"Wo bist du denn mit deinen Gedanken? Ich hab dich jetzt das dritte mal angesprochen."
Sein Grinsen verriet, was er mir damit sagen wollte.
Und er hatte recht.
"Bild dir nichts ein, ich bin müde."
Meine Wangen brannten und ich nahm mir seinen Zettel.
"Klar doch... ich wollte auch nur was fragen."
Er stand auf, ging um den Tisch rum und stellte sich neben mich.
Mit einem Arm stützte er sich auf der Tischplatte direkt neben mir ab.
Heilige Mutter Maria, ist das Einbildung oder ist es gerade um 30 Grad wärmer geworden?
"Aufgabe drei, ich versteh die Reaktion nicht ganz."
Sein Kopf war mir so nahe, dass sein Atem mich beim sprechen kaum spürbar an der Wange streifte, doch es reichte, um mein Herz das Blut wie wild durch meine Adern pumpen zu lassen.
Ich versuchte die Aufgabe so konzentriert wie möglich zu lesen, was aufeinmal die schwerste Aufgabe aller Zeiten geworden war.
"Ähm... das ist nicht so schwer, es ist..."
Während ich sprach strich er mir die Haare aus meinem Nacken.
Dabei berührte sein Finger nur ganz leicht die Haut an meinem Hals, aber das reichte schon um mir einen Schauder den Rücken runter zu jagen.
"... nur eine Gleichgewichtsreaktion. "
Ich schluckte.
"Was du auf der einen Seite dazu gibst, muss auf der anderen reduziert werden."
Lovis beugte sich noch ein Stück nach vorne und griff nach dem Blatt, welches ich in der Hand hielt.
"Okay. Danke Feuerlöckchen."
Hörte ich seine raue Stimme direkt neben meinem Ohr.
Dann entfernte er sich von mir und setzte sich wieder grinsend auf seinen Platz.
Fuck, was war das denn?