1905

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Sarah sah nicht auf, als sich die Tür öffnete, ihr Blick fesselte eine der Fliesen.

Der Eisprinz sah etwas überrascht seiner Geliebten entgegen. Ruhig ließ er die Tür ins Schloss fallen und öffnete seinen grauen Mantel. Plötzlich ertönte die leise Stimme Sarahs.

„Bin ich ein schlechter Mensch?"

Sarah saß auf der Bank vorm Karmin und starrte traurig auf die kalten Steinfließen.

„Was?", fragte der Eisprinz verwundert.

Er stellte seine Tasche ab und ging einen Schritt näher an sie heran.

„Bin ich ein schlechter Mensch?", wollte diese erneut wissen.

Jetzt eilte der Prinz des Eises besorgt zu ihr, setzte sich neben sie, nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und zwang sie in seine Augen zu sehen.

„Nein! Natürlich nicht. Du bist ein wundervoller Mensch. Was ist denn passiert?"

Mit gequältem Blick betrachtete sie ihre Hände, die sie im Schoß liegen hatte. Sarah wollte ihn nicht direkt ansehen, sie wollte nicht zu weinen beginnen.

„Ich bin komisch", hauchte sie. Die Lippen presste sie zusammen, bevor sie weitersprach: „Ich bin eine Frau, als Frau sollte ich für meinen Ehemann kochen, putzen und die Wäsche machen. Ich sollte schwanger werden und die Kinder aufziehen, aber was mache ich? Ich studiere, obwohl das doch für Männer ist! Ich turtle mit dir rum, statt verheiratet zu sein. Versteh mich bitte nicht falsch, ich liebe dich, sehr sogar, aber wir sind nun mal nicht verheiratet."

Für einen Moment sprachen beide nicht. Der Eisprinz musterte sie mit einem komischen Gefühl im Magen. Er fragte sich, was bloß mit ihr los sei. Der Prinz des Eises ergriff das Wort und durchbrach somit die drückende Stille.

„Du bist ein besonderer Mensch, kein schlechter. Du bist nicht wie die anderen, aber das ist doch das wundervolle! Wenn alle böse sind, nur einer gut, sollte der eine Gute auch böse werden, nur weil alle so sind oder sollte er für die anderen als Vorbild leben? Ja, andere Frauen sind verheiratete und haben Kinder, aber ist das wirklich so toll? Kinder sind das schönste auf der Welt, keine Frage, aber so wie wir, keine zu haben ist doch kein Verbrechen. Ich bin lieber anders und werde von den Anderen komisch angesehen, bevor ich nicht glücklich bin. Und glaub mir, ich war noch nie so glücklich wie mit dir."

Sarah gab keine Antwort, sie biss sich nur auf die Lippen. Ihren Blick wollte sie noch immer nicht von ihren Händen nehmen.

Sanft legte der Eisprinz seine große Hand auf die ihre, mit seinem Daumen streichelte er über die geschmeidige Haut. Er lächelte sie vorsichtig an.

„Wir beide gehören zusammen. Das ist einfach so! Also wir beide gegen den Rest der Welt?"

Sarah zuckte mit der Schulter.

„Ich will aber nicht gegen die Welt sein."

Der Prinz musste schmunzeln. Liebevoll drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. Er strich über ihr Haar.

„Willst du mir nicht erzählen was passiert ist?"

„Es ist eigentlich nichts passiert."

„Aber?", hackte der Eisprinz nach.

„Ich glaube es gibt gar kein aber."

Sarah atmete tief durch und ließ ihren Blick in die wunderschönen Augen des Prinzen gleiten. Dieser drückte ihre Hand liebevoll.

„Ich liebe dich", gab der Prinz des Eises schließlich von sich als keiner ein Wort sprach.

Sarah biss sich auf die Lippen, musste aber kurz darauf lächeln.

„Ich liebe dich doch auch."

Der Eisprinz grinste und gab Sarah einen Kuss. Als er sich von ihr löste, sah er tief in ihre Augen.

„Du bist perfekt, einfach genau richtig, vergiss das bitte nie."

Wieder ließ die junge Frau ihren Blick hinunter auf die Steinfließen gleiten. Sie antwortete nichts.

Eine dunkle Strähne fiel ihr ins Gesicht. Der Prinz strich diese führsorglich aus ihrem schönen Gesicht. Für einen Moment ließ er seine Hand an ihr und bewunderte ihre Schönheit.

„Wie kann man nur so wunderschön sein, selbst bei dieser Traurigkeit?", flüsterte er kaum hörbar.

Sarah nahm es aber war und schaute etwas verwundert auf. Die junge Frau stöhnte auf. Nach kurzem Zögern rutschte sie vorsichtig näher an den Prinzen heran. Sie wirkte fast unsicher, sie die selbstbewusste Frau die nichts einschüchtern mochte.

Der Eisprinz lächelte diesen wundervollen Menschen neben ihm an und rückte ebenfalls etwas näher an sie. Als er nahe genug war, legte er die Arme um ihren zierlichen Körper und zog sie noch enger an sich.

Etwas schüchtern kuschelte sie sich an seinen Muskulösen Oberkörper. Die breiten Arme, die fest um ihren Körper geschlungen waren gaben ihr ein Gefühl von Halt und Sicherheit. Nur für einen Augenblick schloss sie ihre Lider.

Beide spürten das in diesem Moment Worte völlig überflüssig waren.

Der Eisprinz strich ihr übers dunkle Haar und küsste sie sanft auf den Scheitel.

Sarah genoss die Nähe einfach und vergaß all ihre Gedanken und Zweifel über ihr Leben.

Der Prinz hingegen wusste nicht was er denken sollte. War Sarah, die Person die er so sehr liebte, etwa nicht glücklich mit ihm? Hatte Frieda oder eine der Tratschtanten eine unangebrachte Bemerkung gemacht und Sarah so verunsichert? Oder hatte das alles ganz andere Hintergründe? Unterstütz er sie nicht genug?

Die junge Frau in seinen Armen merkte diese innere Unruhe wohl, denn sie griff hoch zu seinem bezaubernden Gesicht und strich über seine Wange.

„Hey", sprach ihre liebliche Stimme. „Alles in Ordnung."

Seine Mundwinkel zuckten für den Bruchteil einer Sekunde nach oben.

Sarah nahm ihren Arm wieder nach unten und schloss die Augen. Ihren Kopf drückte sie wieder gegen seine starke Brust.

Der Eisprinz strich nochmal über ihr Haar, drückte sie fest an sich und küsste Sarahs Scheitel bevor sie, ins Land der Träume verschwand.

der EisprinzWhere stories live. Discover now