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Es war zwar nicht leicht, aber ich wollte es.

Ich wollte und musste es tun, wenn ich eine Zukunft haben wollte.

Zitternd stand ich von meinem Bett auf und lief auf Liams Zimmer zu. Ich hatte meinen Abschluss und er seinen.

Er war zwar auf einem College, kam aber über das Wochenende wieder nach Hause. Ich hingegen suchte nicht einmal, denn ich wollte nicht hier bleiben. Ich wollte wieder zurück nach Deutschland. Zu meinen Freunden. Die Jahre wieder aufholen. Wieder Eins mit ihnen sein. Und um das zu erreichen, musste ich hier alles zurücklassen. Schweren Herzens.

Ich hatte lange überlegt. Wie sagte ich es Liam am schonendsten? Meinem Vater? Adalia, Mike und Sharon?

Sie waren mein Ein und Alles.

Vielleicht lag meine Entscheidung daran, dass ich an der Vergangenheit festhielt. Es würde nichts so werden wie es war, aber das wollte ich nicht wahr haben.

Ich erreichte Liams Zimmertür, in der er sich befand und irgendwelche Collegesachen machte.

Langsam klopfte ich und öffnete die Tür.

"Hey."

"Hi.", sagte er und stand auf, um mir einen Kuss auf die Stirn zu drücken.

Ich wehrte mich leicht, aber das schien er nicht zu bemerken.

"Wir müssen reden.", meinte ich und setzte mich neben ihn auf das Bett.

Schon jetzt stiegen mir Tränen in die Augen.

Ich wusste nicht wie er reagieren würde. Würde er mich danach noch lieben? Würde er mit mir weg ziehen?

"Was gibt's?"

Das traurige dahinter war, dass er nichts wusste. Er hatte keine Ahnung, das ich weg wollte. Weg, zu meinen anderen Freunden. Zu Charlie.

"Ich habe viel überlegt und habe einen Entschluss gefasst."

"Okay. Red' weiter."

"Ich gehe zurück nach Deutschland. Ich weiß, das klingt egoistisch, aber ich brauche das. Ich vermisse es dort unheimlich. Ich vermisse meine Oma jede Minute. Für sie könnte es jeden Moment zu spät sein. Ich vermisse Charlie. Ich vermisse meinen Opa. Ich vermisse wirklich alles."

Ich weinte schon fast hysterisch, denn ich hatte ein wirklich schlechtes gewissen. Ich ließ ihn, meinen Vater und meine Freunde im Stich. Er würde es mir niemals verzeihen.

"Ich will nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen, was der andere macht. Es tut mir so Leid Liam, aber ich glaube es ist das beste wenn wir..."

"Wenn wir schluss machen.", beendete er meinen Satz und stützte seinen Kopf auf seinen Händen.

"Es tut mir leid. Ich liebe dich."

Ich stand auf und umarmte ihn.

Er rührte sich kaum.

"Ein letzter Kuss?", flehte ich schon fast.

Es passierte erst nichts, doch dann lehnte er sich vor und berührte kurz meine Lippen. In diesem Moment hätte mir klar sein sollen, dass ich nicht hätte gehen würfen, jedoch war ich naiv. Ich dachte ich würde drüben, alleine gut auskommen.

Ich ließ ihn los, schaute in seine Augen, jedoch erkannte ich nichts.

Sie waren leer und nur mit Tränen gefüllt.

"Ich liebe dich, Liam.", mit diesen Worten verließ ich sein Zimmer.

-----

Ich lag weinend mit einem Bild von Liam in meinem Bett in Deutschland. Schon wieder hielt ich an der Vergangenheit fest.

Zu fest.

Was hatte ich getan? Was hatte ich mir gedacht?

Was sollte ich tun? Ich liebte ihn immernoch. Warum war ich so eine egoistin?

Mein Blick huschte auf mein Handy, welches ich gleich darauf in die Hand nahm. Ich ging auf unseren Chatverlauf.

Zuletzt hatte ich ihn gefragt, ob er auch zum Flughafen käme. Er kam zwar, aber ging nach nichtmal zehn Minuten. Er war übermüdet, verletzt.

Es war vor elf Monaten.

Eine lange Zeit, in der ich weder was von Liam gehört hatte, weder einen Funken seines Daseins mitbekommen. Er war wie vom Erdboden verschluckt.

Mein Liam. Mein Freund, oder sollte ich sagen Ex-Freund?

Ich hatte alles vermasselt.

Ich war alleine und dennoch sollte ich nicht in Selbstmitleid versinken, denn das habe ich alles mir selbst zu verdanken.

Ich drehte mich auf meinen Bauch und schrie ins Kissen, weinte dabei, weil ich sauer auf mich war.

Wieso hatte ich das getan?

Ich nahm mein Handy und wählte Liams Nummer.

Mein Herz klopfte.

"Hallo?"

"Liam?"

"Deborah?", er klang überrascht.

"Liam? Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Wie konnte ich einfach gehen? Ich liebe dich so sehr, bitte ignorier mich nicht.", weinend hielt ich das Telefon ans Ohr.

Er sagte nichts, aber ich wusste, wie schnell sein Herz schlug.

"Liam?"

"Deborah. Du hast mich verletzt, aber ich kannn nicht aufhören an dich zu denken. Bitte komm' zurück. Ich liebe dich.", sagte er leise. Seine Stimme zitterte.

Das waren die Sätze, die mich dazu brachten wieder zurück zu gehen.

Zu Liam.



My New Brother[wird überarbeitet]Where stories live. Discover now