23 ›› Late-Night-Door-Talk

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"Wenn du noch etwas zu mir zu sagen hast, dann sag es jetzt oder nie."

Erneut kam er auf mich zu und ich spürte schon die Wärme seiner Hand an meinem Arm. Und ja, ich verlangte sie so sehr, doch ich durfte einfach nicht nachgeben, nicht jetzt. Also zog ich meine Hand schnell hinter den Rücken.

"Du sollst reden, fass mich nicht an", krächzte ich, ein Wimmern begleitete meinen Satz und ich wich an der Wand zur Seite und schließlich einige Schritte zurück. "Aber ich kenne dich, Jimin und ich weiß, dass du wegrennen wirst."

Ich erwiderte nichts, sondern lief weiterhin langsam rückwärts.

"Okay", seufzte er schließlich, "Ich habe das Geld Jimin." Unbeeindruckt blieb ich stehen. Ich fragte mich sogar, ob ich es doch besser bei keiner Begründung hätte lassen sollen, da diese tatsächlich mehr weh tat, als ich gedacht hatte. "Du wolltest also nur das Geld. Für Haus, Frauen oder einfach nur Ansehen? Das ist es, was du wolltest", hauchte ich, mir nicht im Klaren, ob er es auf die Meter Entfernung überhaupt hören konnte, weshalb ich mich auch schnell umdrehte und meine Schritte fortsetzte, diesmal sicherer und mit Einsatz meines Stockes.

"Für die OP! Deine Operation, verdammt!" Nun drang die Verzweiflung und das leichte Beben seiner in letzter Zeit so festen und strengeren Stimme, deutlich hervor. Erneut blieb ich stehen, doch diesmal nicht absichtlich, seine Worte trafen mich gerade wie einen Blitz bei hellichtem Sonnenschein.

Ungläubig schüttelte ich den Kopf, für einige Sekunden verstummten sogar die Schluchzer und mein Kopf war wie leer gefegt.

Er hatte das Geld. Die von uns unerreichbare Summe, welche für meine Operation nötig war.

"D-du spinnst! Das kann nicht sein!" schrie ich und erneut spülte sich in mir alles zusammen. Es konnte einfach nicht sein. Ohne weitere Worte führte ich also schnell meinen Weg fort, überraschenderweise folgte er mir nun tatsächlich nicht mehr.

War es ein letzter Versuch gewesen, mich noch einmal auf seine Seite zu bringen und mich dann endgültig fallen zu lassen und mein Herz somit vollständig zu zerreißen?

Schluchzend kramte ich meinen Schlüssel aus der Hosentasche, als mir die Tür nicht geöffnet wurde und durch mein hohes Sehvermögen und die Ruhe, welche in meiner Hand lag dauerte es gefühlt Jahre bis die Tür sich endlich öffnete und ich in das Haus stolperte.

Direkt ließ ich mich auf der Couch nieder. "Eomma?", fragte ich nach einiger Zeit, als meine Tränen langsam wieder verstummten. Nur von gelegentlichem Wimmern wurde die Stille in dem Raum noch unterbrochen. "M-Mama?"

Sie hatte ihre Arzttermine doch eigentlich immer auf die Uhrzeiten gelegt, in welchen ich nicht zu Hause war, sonst befand sie sich immer hier, wenn ich heim kam oder kam nach nicht allzu langer Zeit.

[...]

Noch immer befand ich mich alleine zu Hause und da die Geräuschkulisse für mich gefühlt die Hälfte meiner aktiven Sinne ausmachte, war es verdammt nervenaufreibend, nicht einmal eine vertrauliche Stimme zu hören. Und dabei war es schon spät und ich lag in meinem Bett.

Noch immer keine Meldung, nicht einmal ein Anruf oder eine Nachricht von meiner Mutter.

Da klingelte es plötzlich an der Tür. Sofort richtete ich mich auf, doch dann erinnerte ich mich, dass meine Mutter nie, wirklich nie ihren Schlüssel vergaß und mir schon als kleinen Jungen immer aufgetragen hatte, abends keinen Leuten die Türen zu öffnen. Auch wenn ich älter wäre, hatte sie gemeint. Sie wüsste, von was sie spräche, hatte sie gemeint...

Da vibrierte mein Handy und schnell schnappte ich es mir. "Eine neue Nachricht", las die Stimme neutral vor, "23:26 Uhr. Von: Eomma. Mach die Tür auf, bitte."

Don't Be Blind | Yoonmin | abgeschl. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt