11 ›› stay

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Komplette Stille. Komplette Leere. Eine angenehme Abwesenheit.

Dann mischte sich langsam ein dezentes Rauschen zu der Ruhe, ich spürte langsam wieder meine Beine, bis zu meinen Füßen. Und damit wurde mir auch mein leicht ziehender Kopf bewusst, welcher sich an manchen Stellen leicht taub anfühlte. Als mein Verstand auch soweit gekommen war, nahm ich die eisige Kälte auf meiner Stirn wahr und zog meinen Arm ruckartig nach oben, nur um ihn, nachdem ich das Kalte von meiner Stirn entfernt hatte, auf diese fallen zu lassen.

"Seit wann bist du so aggressiv, dass du mit Kühlbeuteln um dich wirfst?"

Da ich als Antwort nur einen gequälten Laut von mir gab, hörte ich, wie Yoongi auf mich zukam und die Matratze, auf welcher ich offensichtlich lag, leicht nachgab. "Wie geht es dir?", fragte er leise und schob meinen Arm von meiner Stirn, um selbst seine Hand auf diese zu legen und meine Haare nach hinten zu streichen. Als ich meinen Mund öffnete, kam jedoch nur ein weiterer gequälter Laut heraus, weshalb Yoongi seufzend die Decke bis zu meinem Kinn zog.

Dadurch stieg jedoch sofort unerträgliche Hitze in mir auf und ich strampelte die Decke wieder von mir. "H-heiß...", kamen schließlich Wörter aus meinem Mund. Mein Betreuer schien zwar etwas überfordert, doch versuchte trotzdem, mich wieder still zu legen. "Trink wenigstens etwas. Dein Körper braucht Flüssigkeit, was dir bis jetzt ja anscheinend nicht so bewusst gewesen ist!" Ich spürte warmes Porzellan an meiner Lippe, doch presste diese fest aufeinander und wendete meinen Kopf ab. "W-wo...?", hauchte ich heiser. "In unserem Zimmer in me- dem Bett."
"Und M-Mama?"

"Okay, pass auf", seufzte Yoongi überfordert aus, "Deine Mutter ist nicht hier. Dein Körper hat das alles gestern nicht so gut mitgemacht und ich bitte dich, Jimin, sehr darum, wenigstens zuzulassen, dass ich dir helfe."
"G-gestern?", brachte ich nur verwirrt heraus und zog meine Augenbrauen angestrengt zusammen.
"Ja, gestern war es, als ich dich komplett fertig im Flur aufgabeln musste. Du bist schon so komisch aus dem Essenssaal gewankt, das konnte nichts gutes heißen. Du solltest echt mal Hilfe annehmen und nicht immer sagen, dass es dir gut geht, wenn es verdammt nochmal nicht so ist! Du bist zusammengebrochen, hast geweint und die ganze Zeit nach Hilfe gerufen und dass... dass es stoppen soll-" Plötzlich brach Yoongi's lauter gewordene Stimme und kurz erfüllte nur sein schneller Atem das Zimmer.

Dann plötzlich ein Schluchzer, welcher wohl für uns beide ziemlich überraschend kam. Yoongi schluckte schwer, ehe er leiser weitersprach. "Ich habe dich ins Zimmer getragen, doch du hast noch mehr um dich gestrampelt und geschrien. Nebenbei hast du dich beschwert, dass dir so übel sei und ich wusste einfach nicht, was mit dir los war! Du hast dich übergeben, doch ich wusste ebenso, dass du mich dafür hassen würdest, hätte ich jemandem Bescheid gesagt. Ich hatte Angst, aber... aber dein Vertrauen war mir einfach wichtiger." Er holte tief Luft und versuchte so gut es ging, seine Emotionen zurückzuhalten.

Tatsächlich dauerte es einen Moment, bis seine Worte Sinn ergaben in meinem noch leicht pochenden Kopf. Ich öffnete meinen Mund, doch kein Ton kam heraus. Ich wollte meine Hand nach ihm ausstrecken, doch sie blieb liegen. Ich wollte mich irgendwie bedanken oder zeigen, dass alles okay war, doch ich tat es nicht. Schließlich griff ich einfach nur mit der anderen zitternd nach der Tasse, welche Yoongi wieder neben mich gestellt hatte. Als ich sie anheben wollte, wurde mir jedoch erst ihr Gewicht bewusst.

Ohne etwas zu sagen, setzte mich Yoongi leicht auf, indem er mich mit seinen Händen unter meinen Armen nach oben zog und das Kissen zwischen meinen Rücken und die Wand stopfte. Dann setzte er die Tasse wieder an meinen Mund an, ehe ich diesen vorsichtig öffnete.

"Oh Gott, ist das heiß!", krächzte ich gleich daraufhin und der Schwarzhaarige zog die Tasse schnell von mir weg, ehe ich sie wegschlagen konnte. "Übertreib nicht, Jimbles und trink." Wenigstens klang er nicht mehr so zerstreut. Widerwillig ließ ich es erneut zu und verzog mein Gesicht leicht, als die warme Flüssigkeit meinen ausgetrockneten Rachen hinunterlief.

"Willst du m-mich umbringen?", hustete ich, als ich meinen schweren Kopf danach wieder hinter mir gegen die Wand lehnte. "Naja, die Krankenkasse zahlt", gab Yoongi schmunzelnd zurück, während die Tasse mit einem dumpfen Geräusch wieder auf den kleinen Tisch gestellt wurde. "Niemand würde dich zur Beerdigung einladen", wisperte ich, woraufhin er nur leise schmunzelte und erneut über meine Stirn fuhr. Dabei spürte ich, wie kalt seine Hand im Gegensatz zu meinem Kopf war. "Ich würde trotzdem kommen", flüsterte er. "Ich... weiß."

Während Yoongi mir durch die Haare strich, versuchte ich, die Wärme in meinem Körper zu ignorieren, da ich Yoongi nicht noch weitere Probleme machen wollte. "Mama?", murmelte ich nach einiger Zeit erneut und erwartete, ihre Stimme zu vernehmen, doch dies war nicht der Fall. "Jiminie, sie ist nicht hier. Ich bin aber da, okay?" Da erinnerte ich mich wieder, dass ich nicht zu Hause lag.

"Die Bettdecke fühlt sich so anders an als meine, ich mag es hier viel mehr", säuselte ich auf einmal meine Gedanken frei heraus. Amüsiert kicherte Yoongi, worauf ich meiner Aussage dann auch bewusst wurde und geschockt von meinem, anscheinend krankheitsbedingtem Verhalten, meinen Kopf leicht abwendete.

"W-wo sind die anderen?", fragte ich mit kratziger Stimme. "Sie sind gerade draußen, ich habe gesagt, dass ich hier bleibe, weil du eine Allergie hast. Mit so hohem Fieber hätten sie höchstwahrscheinlich einen Arzt oder so verständigt. Aber keine Angst, du bist noch im nicht so gefährlichen Bereich. Dass man mir meine Lüge überhaupt abgekauft hat ist schon ein Wunder. Und jetzt ruh dich aus, du bist so heiß." Und obwohl ich wusste, wie er es gemeint hatte, wurden meine Wangen noch dunkelroter, als sie es vermutlich schon waren.

"Alles... dreht sich wieder", gab ich dann schwach von mir und griff nach Yoongi's Unterarm. Er deckte mich wieder zu und nahm meine Hand in seine. "Bitte fang nicht wieder an, rumzuschreien oder zu weinen, ich halte das nicht aus", bat er mich.

"Sei einfach... still", murmelte ich, während ich wieder tiefer in die Matratze sank und spürte, wie mich der Schlaf erneut einholte. "Aber... bleib da."

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Don't Be Blind | Yoonmin | abgeschl. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt