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»Macey«, haucht Darren und legt seine Hand auf meine Wange.

Ich fühle nichts. Als wäre ich tot.

»Ich würde mich gerne ein wenig hinlegen«, gebe ich von mir und stehe auf.

»Vorsicht.« Darren hält meinen Unterarm, als ich mich etwas schwankend hinstelle.

»Geht schon«, meine ich emotionslos und gehe ins Schlaf-zimmer, wobei ich die Tür hinter mir zusperre.

Er wird heiraten ...

Es war mir von Anfang an klar, doch jetzt ist es ernst.

Darren wird Fiona heiraten.

Am Samstag.

Diesen Samstag.

In fünf Tagen.

In weniger als 120 Stunden.

Und ich bin eingeladen. Ist das ein Witz? Wollen die mich ertrinken sehen? Ertrinken in Eifersucht und Trauer?

Ich werde nicht hingehen. Ich gehe nicht hin.

Vergiss nicht, du kannst Einspruch einlegen: ›Wenn jemand der Anwesenden etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, möge er jetzt sprechen oder auf ewig schweigen.‹

Das wäre dein Moment, deine Bühne, deine Show.

Drama pur.

Und dann stürmt ihr zusammen aus der Kirche und lauft davon.

Das kann ich doch nicht tun.

Doch, du kannst und du wirst!

»Macey?«, klopft Darren leise an der Tür. Ich antworte nicht.

»Ich gehe joggen«, er räuspert sich hinter der Tür. »Um den Kopf frei zu kriegen.«

Ich kann seine Verzweiflung bis hierher spüren, kann förmlich spüren, wie er sich resigniert durch die Haare fährt.

Immer noch kriege ich kein Wort heraus. Das Nächste, was ich höre, ist die zuknallende Haustür.

Alleine. Jetzt bin ich alleine im Primes' Haus.

Das Büro, Mace! Jetzt! Sofort!

Schnell gehe ich zur Tür und öffne sie leise, bevor ich hinausspähe.

Niemand ist da, die sind alle weg. Beeil dich!

Wie ein Blitz, laufe ich den Flur runter und bleibe vor dem
Büro von Mr. Primes stehen.

Die Tür ist abgesperrt.

Haarnadeln!

Nach zwei Minuten schaffe ich es tatsächlich, mit zwei Haarnadeln die Tür aufzusperren. Zitternd öffne ich die Bürotür. Das ist das Büro. DasBüro, in dem ich mich mit Darren als Kind
versteckt habe.

Meine Brust schmerzt.

Mr. Primes hat mich hierhergebracht, in dieses Haus, nachdem er meine Eltern in einen Autounfall verwickelt hat.

Dieser Mistkerl! Ich werde ihn umbringen!

Ich erinnere mich, weshalb ich hier bin, und schalte den
Computer an. Nachdem dieser hochgefahren ist, erscheint sofort der Desktop, der zudem komplett leer ist, ohne ein Passwort
eingeben zu haben.

Warum hat Mr. Primes kein Passwort auf seinem Computer?

Ja, das ist wirklich seltsam ... Aber vielleicht sperrt er des-wegen immer sein Büro ab und lässt niemanden rein.

Naja, zurück zum Thema.

Das Erste, was ich mache, ist das Suchwort ›Shaw‹ eingeben.

Zwei Treffer.

Finley Shaw und Amelia Shaw waren Mitarbeiter in der
Primes Technology Enterprises.

Meine Eltern haben in der Firma gearbeitet, in der ich als Technologie-Analystin arbeite. Zumindest habe ich das eine
Woche lang gemacht.

Die Mitarbeiterliste bringt mich nicht wirklich weiter. Ich tippe das Datum des Autounfalls ein.

Treffer.

Eine Summe von fünfzigtausend US-Dollar wurde von Mr. Primes' Konto abgezogen. Warum sollte er jemandem fünfzigtausend Dollar überweisen? Und das auch noch am Tag des Auto-unfalls?

Da steckt etwas dahinter! Vielleicht hat er jemanden beauftragt, den Autounfall zu inszenieren.

Wieder zieht sich meine Brust zusammen, als ich mich daran erinnere, wie der Mann im Auto neben uns das Lenkrad urplötzlich nach links gezogen hat.

Er hat sie umbringen lassen ...?!

Er hat einen Auftragskiller dafür bezahlt, sie zu töten ...

Kann das wirklich sein? Hat er den Tod meiner Eltern zu
verantworten?

Ich würde es ihm auf jeden Fall zutrauen.

Meine Augen heften sich auf den Bildschirm. Ich liebe den Sohn des indirekten Mörders meiner Eltern.

Darrens Vater hat meine Eltern –

Ganz ruhig, Mace. Atme. Du willst doch nicht hier, mitten im Büro, in Ohnmacht fallen und dich erwischen lassen.

Ich atme ein paar Mal tief ein und aus, bevor ich weitermache.

Von den Zahlen, die hier aufgeführt sind, scheint es so, dass Primes Technology Enterprises ein Schneeballsystem geführt hat.

Haben deine Eltern das herausgefunden und wurden deshalb eliminiert?

»Scheint so«, murmle ich vor mich hin.

Blue in my HeartWhere stories live. Discover now