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Agent Primes geht an mir vorbei und sagt genervt: »Kommen Sie mit.«

Ich bewege mich nicht, was ihn dazu bringt, sich umzudrehen, auf mich zuzukommen und genau vor mir stehen zu bleiben. Sein Blick bohrt sich in mich, scheint mir direkt in meine kaputte Seele zu schauen. Ich fühle mich irgendwie nackt, wenn er mich so
fixiert.

Schnaubend wiederholt er seine Worte, als er merkt, dass ich nichts erwidern werde. »Wenn Sie nicht zu Fuß nach Hause
wollen, müssen Sie mitkommen.«

»Schon gut, ich komm ja schon«, antworte ich barsch.

»Ein freches Mundwerk also auch.«

Ich hätte ihn fast nicht gehört, da es nur ein leises Flüstern war. »Wie bitte?«

»Ich sagte: Ein freches Mundwerk also auch!«, schreit er
beinahe.

Wow, ich hätte nicht erwartet, dass er dich gleich anschreit.

Ohne auf einen Konter meinerseits zu warten, geht er an mir vorbei. Ich laufe ihm hinterher, denn ich will keine weitere
Auseinandersetzung anzetteln.

Du willst nicht noch mal angeschrien werden.

Ganz genau ...

Der Flur kommt mir ewig lang vor. Beim Laufen habe ich
jedoch Zeit, ihn von oben bis unten zu mustern; er ist groß, hat kurzes braunes Haar, und sein schwarzer Anzug sitzt wie
angegossen an seinen breiten Schultern. Obwohl ich momentan sein Gesicht nicht sehe, kann ich trotzdem erahnen, dass
seine meerblauen Augen voller Wut strahlen.

Ich korrigiere: seine heißen meerblauen Augen.

In dem Moment, in dem ich seinen Hinterkopf anstarre, schaut er kurz nach hinten.

Um nachzusehen, ob du ihm hinterherdackelst.

Unsere Augen treffen sich für wenige Sekunden und wie vorhin schon, fühle ich mich entblößt. Nachdem er sich wieder nach vorne gewendet hat, betrachte ich seine Schuhe. Sie sind elegant und sehen verdammt teuer aus. Mit seinen polierten, glänzenden Schnüren beschäftigt, krache ich plötzlich gegen etwas Hartes.

Gegen ihn.

Ich riskiere einen Blick nach oben und stelle fest, wie er mich stirnrunzelnd ansieht.

Peinlich ... mehr kann ich dazu nicht sagen.

Er ist vor dem Aufzug stehen geblieben, und ich habe es nicht bemerkt. Am liebsten würde ich jetzt im Erdboden versinken. Ich bin normalerweise nicht so tollpatschig. Keine Ahnung, was heute in mich gefahren ist.

Vielleicht sind es ja seine heißen meerblauen Augen?

Er sagt zum Glück nichts und dreht seinen Kopf zum Aufzug, dessen Türen sich mit einem Ping-Geräusch öffnen. Es steigen Männer und Frauen in Anzügen mit Waffen an den Hüften und einer oder mehreren Akten in der Hand aus. Ein paar schauen

mich komisch an, andere würdigen mich keines Blickes. Zwei der Männer nicken Primes zu und gehen weiter. Als alle ausgestiegen sind, betritt er den Aufzug und wartet bis ich auch drinnen bin, um den Erdgeschoss-Knopf zu drücken.

Unten angekommen, gehen die Türen wieder mit dem gleichen Geräusch auf. Mit großen Schritten geht er aus dem Aufzug, in die Eingangshalle und dann aus dem Gebäude. Ich bemühe mich, dicht hinter ihm zu bleiben, doch er geht viel zu schnell. Ich
meine, ist ja nicht so, dass er längere Beine hat, nein ... Er macht auch noch Riesenschritte.

Agent Primes trabt die Außentreppe hinunter, zu seinem
Wagen. Ich versuche, mein Kleid ein wenig hochzuziehen, um nicht die Stufen runter zu stolpern.

Blue in my HeartWhere stories live. Discover now