~25~ Gen Osten

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Als ich die letzten der vielen Treppenstufen hinabstieg, kam mir eine Gruppe von Zwergen entgegen.
Kaum sahen sie mich, dankten und gratulierten sie mir. Angepisst schnauzte ich sie an, sie sollen ihre Grabscher gefälligst wegnehmen, und sauste davon.
Draußen atmete ich erst einmal tief durch. Die Sonne ging gerade unter und tauchte das Land in ein angenehmes und warmes Orange-rot.

Und da stand ich nun. Mit einer gewaltigen Gedächtnislücke und ohne Plan, wo es hin gehen sollte. Nach langem Überlegen entschloss ich mich dazu, gen Osten zu reisen. Dort war ich lange nicht mehr.
So ging ich los, die Abendsonne im Rücken, und stieg hinauf auf den Rabenberg. Ich wollte noch mal diese unglaubliche Aussicht genießen. Wenn der Erebor von der Sonne beschienen und in ein sanftes Rot getaucht wurde.

Als ich auf die Eisfläche trat, waren die vielen Krähen, welche an einer Leiche pickten und zerrten, nicht zu übersehen. Wobei Leiche übertrieben war. Es war eher ein Gerippe mit ein paar Hautfetzen.
Die Vögel stoben auf, als ich näher kam. Und dann konnte ich auch erkennen, wessen Gerippe dort lag. Das viele Metall. Die Brüche der Knochen. Das war definitiv Azog der Schänder.
Ein breites Grinsen schmückte mein Gesicht. Ja, ich war froh! Endlich war dieser Abschaum tot. Hatte das Schicksal bekommen, das er verdient hatte! ,,Wüsste nur gerne, wer den Umgebracht hat." murmelte ich nachdenklich.

,,Das war Thorin." wurde mir überraschenderweise geantwortet. ,,Verfolgst du mich etwa, Dwalin. Wenn ja, lass es lieber. Es wäre das beste für dich." knurrte ich ihn an.
Trocken lachte er auf. ,,Nein. Ich verfolge dich nicht, Fenna. Ich besuche bloß meinen Bruder." fügte er traurig hinzu und deutete auf ein Grab am Rand der Ruine. Plötzlich verspürte ich tatsächlich Mitleid für ihn. Warum bloß? ,,Wie ist er gestorben." fragte ich monoton und ging dem Glatzkopf nach.
Erst als er vor dem Grab stand, antwortete er mir. ,,Du solltest das am ehesten wissen. Immerhin hat er dir sein Leben gegeben."
,,Wie meinst du das?"
,,So, wie ich es meine... Du kannst dich wirklich an nichts erinnern, nicht? Du bist genau wie damals, als wir dir das erste mal begegneten. Naja, ich werde dich wohl kaum zwingen können, mit in den Berg zu kommen. Thorin macht sich Sorgen um dich. Das sollst du noch wissen. Bis dann." sprach er ruhig ind ging dann wieder.

Das, was er gesagt hatte, verwirrte mich nur noch mehr. Es warf so viele Fragen auf.
Warum hat Balin mir sein Leben gegeben?
Wie meinte Dwalin das?
Diese Erste Begegnung von der er sprach, wann soll das gewesen sein?
Und warum um alles in der Welt sollte Thorin sich Sorgen um mich machen? Der kannte mich ja nicht mal!
Wobei, so wie er reagiert hatte...

Als ich meinen Weg gen Osten fortsetzte und der Erebor hinter dem Horizont verschwand, fühlte es sich so an, als würde etwas in mir drinnen zerbrechen. So, als würde ich etwas hinter mir lassen, das ich gar nicht hinter mir lassen wollte.
Doch ich schüttelte dieses Gefühl ab und suchte mir erst mal eine Unterkunft für die Nacht.

Tags darauf war ich stark am überlegen. Sollte ich mal wieder zu den Eisenbergen oder doch lieber zu den Grauen Bergen? Gerade entschloss ich mich, zu den Grauen Bergen zu gehen, da landete eine Krähe genau vor mir. Es schien fast so, als wolle sie mich mit ihrem Blick hypnotisieren. Und sie schaffte es auch, denn ich konnte und wollte einfach nicht weiter gehen.
Die Sonne spiegelte sich in ihren Augen wieder und in diesem Moment beschloss ich, zurück zu kehren. Zurück zum Erebor!

Es war einfach so ein Gefühl. Ein Gefühl, das mir sagte, ich solle zurückgehen. Etwas sagte mir, dass es das Richtige wäre. Und ich konnte mich schon immer auf mein Gefühl verlassen.
So beschloss ich doch tatsächlich, in Thorins Königreich zu gehen.
Ach ja, Thorin...

Moment! Warum dachte ich nur an ihn?! Ich konnte ihn ja nicht mal wirklich leiden. Wobei... Also gut sah er ja aus. Und erst seine wunderschönen blauen Augen.
Nein! Woran dachte ich da bloß. So war ich nicht! Noch nie! Und so werde ich in Zukunft auch nicht sein.

Aber dennoch, auf eine gewisse Art und Weise konnte ich nicht anders, als an ihn zu denken.

Das Geheimnis um FennaWhere stories live. Discover now