18. Kapitel

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„Ich dachte schon du willst zu deiner Tante zurück laufen." sagte Shawn als wir wieder in seinem Auto saßen. Erneut mit diesem bezaubernden Lächeln. Mir fiel keine passende Antwort ein, deswegen sah ich ihn einfach verlegen an. War es möglich, dass ich dies schon den ganzen Abend lang tat ? Was war nur los mit mir ? Ich kannte ihn doch erst seit kurzem und wusste so gut wie nichts über ihm. Wie konnte es dann sein, dass er meine Gefühle und mein Verhalten ihm gegenüber so dermaßen durcheinander brachte ? Wenn das so weiter geht, habe ich mit ziemlicher Sicherheit bald ein großes Problem.
„Redet deine Cousine immer so wenig ?" wandte Shawn sich nun an Emma. Sein Blick galt jedoch weiterhin mir. „Naja kommt ganz darauf an" antwortete sie. Ich drehte mich, um zu ihr auf die Rückbank zusehen und bedachte sie mit einem finsteren Blick, „Ruhe auf den billigen Plätzen !" . Shawn fing an zu lachen und ich konnte nicht anders als auch anzufangen. Es war einfach zu ansteckend. Kurz darauf kamen wir auch schon bei Charlotte zu Hause an. Wieder wusste ich nicht wie ich mich von ihm verabschieden sollte. Vielleicht war es Adrenalin oder vielleicht auch nur weil es ein wirklich schöner Abend war, aber diesmal war ich es der sich zu Shawn vorbeugte und ihn in eine Umarmung zog. Ich spürte wie er sich erst anspannte nur um gleich darauf meine Umarmung zu erwidern. „Gute Nacht, Shawn." sagte ich und begann aus dem Auto auszusteigen. „Gute Nacht, Amber." entgegnete er mir und ich konnte mir ein dämliches Grinsen nicht verkneifen.
Ich schloss die Tür hinter mir und wartete bis er um die Ecke gebogen war. Erst da merkte ich, dass ich die Luft angehalten hatte. Immer noch mit einem dämlichen Grinsen auf dem Gesicht machte ich mich auf den Weg zum Haus. Emma wartete bereits in der Tür auf mich und grinste mich wieder verschwörerisch an. „Sei bloß still." sagte ich und zog sie in eine Umarmung.

                                  ***

Nachdem ich mich umgezogen hatte, fiel ich erschöpft in mein Bett. Das war wirklich ein sehr sehr aufregender Tag gewesen. Ich war erst drei Tage hier und hatte doch schon so viel aufregendes erlebt.
Meine Gedanken kreisten wieder zu dem Abend bei Shawn. Er war irgendwie... anders. Als würde er etwas verschweigen, aber ich hatte keine Ahnung was. Außerdem kam er mir irgendwie bekannt vor doch ich wusste einfach nicht woher.
Ich schaute auf meinen Wecker 22:00 Uhr.
Morgen war wieder Schule, also beschloss ich für heute Schluss zu machen und einfach zu schlafen.
Das war leichter gesagt als getan. Irgendwie hatte dieser Abend mich so aufgewühlt, dass ich noch kein bisschen müde war. Dann fiel mir ein, dass mein Handy immer noch leer war. Ich suchte mein Ladekabel und schloss mein Handy an. Sofort tauchten ein paar Nachrichten auf dem Bildschirm auf. Ich sah die Nummer meines Bruders, die Nachricht von Charlotte, dass Shawn mich abholen würde und dann waren da noch zwei Nachrichten von einer mir unbekannten Nummer.
Ich öffnete mein Handy und schon als ich die erste Nachricht antippte, wusste ich insgeheim von wem sie war. Eher gesagt hatte ich eine leise Hoffnung.

Hey, vielleicht kommt das jetzt etwas stalkermäßig rüber, aber ich wollte mich
1. nochmal für unsere erste Begegnung entschuldigen und
2. wollte ich nur nochmal sagen wie schön ich es heute Abend fand.
Shawn

...Shawn. Woher hatte er denn meine Nummer ? Doch diese Frage wurde mir sofort mit seiner 2. Nachricht beantwortet.

Bevor du dich wunderst, Charlotte hat mir deine Nummer gegeben, falls etwas mit dem Abholen nicht geklappt hätte.

Wieso musste meine Tante meine Nummer an fremde Menschen verteilen ? Besonders an solche, die meine Gefühle auch so schon genug in ein Chaos stürzen.
Mein weitaus größeres Problem schien jedoch jetzt zu sein, was ich auf diese Nachricht antworten sollte.
Nach langem Hin und Her was denn die richtige Antwort auf seine Nachricht wäre, beschloss ich einfach zu schreiben :

Hey 🙈, ich fand den heutigen Abend auch echt schön und was unsere erste Begegnung angeht, ist schon vergessen :)
Amber

Ich überlegte ihn zu fragen woher ich ihn womöglich kennen könnte, ließ es aber schließlich doch bleiben.
Da ich heute nicht mehr mit einer Antwort rechnete, legte ich mein Handy auf den Nachtisch und beschloss nun doch etwas Schlaf zu bekommen. Plötzlich ertönte jedoch der mir bekannte Klingelton für einen eingehenden Anruf.
Ich drehte mich wieder zu meinem Handy und schaute auf das Display. Das war doch sicherlich ein schlechter Scherz oder ? Mitten auf dem Bildschirm stand groß und fett Shawn. Sollte ich rangehen oder sollte ich es einfach ignorieren ? Schließlich war es gleich 23:00 Uhr und ich sollte wirklich etwas schlafen. Doch anscheinend konnte ich meine Hände nicht mehr kontrollieren, denn sie nahmen einfach mein Handy und nahmen den Anruf an. „Hallo ?" fragte ich mit müder Stimme. „Amber ? Stör ich gerade ?" hörte ich seine Stimme an meinem Ohr. „Nein, schon in Ordnung." sagte ich und bemühte mich, dass meine Stimme nicht zitterte. „Ich weiß es ist schon spät und du musst morgen wieder zur Schule, aber..." hörte ich Shawn sagen. „Aber was ?" fragte ich und wurde neugierig was er zu sagen hatte. „Das klingt bestimmt irgendwie doof, aber ich wollte einfach nochmal deine Stimme hören." Nachdem ich nicht gleich antwortete, fügte er hinzu „Dämlich ich weis..." . „Nein... Das ist überhaupt nicht dämlich. Um ehrlich zu sein finde ich es ziemlich... ziemlich süß." Am anderen Ende wurde es still und ich dachte schon, ich hätte etwas falsches gesagt, als plötzlich wieder Shawns Stimme am anderen Ende auftauchte. „Ähm... das kommt jetzt vielleicht etwas plötzlich, aber... hättest du mal Lust mit mir irgendwo hin zu gehen ? Ich würde dich gern etwas besser kennenlernen." Ich konnte hören, dass er ziemlich nervös klang. Dennoch war ich mir nicht sicher ob diese Frage ernst gemeint war. Wieso sollte ein Junge wie er etwas von einem Mädchen wie mir wollen ? Ich hatte nichts besonders an mir. Bis vielleicht auf meine Größe, aber diese kam mir meistens mehr vor wie ein Fluch als ein Geschenk. Ich war nicht der Mensch der gerne auffiel und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich durch Shawn meine Unsichtbarkeit verlieren würde.
Doch auch meine Stimme schien nicht mehr mir zugehören, denn ich hörte mich selbst einfach antworten „Ja, sehr gerne" „Klasse" Shawn hörte sich an wie ein freudiger kleiner Junge und das fand ich wirklich äußerst süß. Ich stellte mir wieder sein bezauberndes Lächeln in seinem wunderschönem Gesicht vor und meine Gedanken waren wieder vernebelt. Ich konnte wirklich mit Sicherheit sagen, dass Shawn einer der schönsten Jungs war die ich je gesehen hatte. Eigentlich war ich nicht die Art Mädchen die schwach wurde nur weil ein Junge gut aussah, aber bei Shawn warf ich alle meine Vorsätze über Board.
Außerdem steckte in ihm mehr als nur sein schönes Aussehen.
„Ich glaube ich sollte jetzt trotzdem Schluss machen. Wie gesagt muss ich morgen leider wieder früh raus." sagte ich mit etwas geknickter Stimme. „Oh ja klar, du hast recht wir sollten Schluss machen, ich muss morgen auch wieder früh raus. Wegen dem Date..." „dem »Treffen«" korrigierte ich ihn. Immerhin sollte er sich nicht allzu sicher sein. „wegen dem Treffen" sagte er nun leicht belustigt , „kann ich dir doch schreiben oder dich anrufen oder ?" „Ja, sicher." sagte ich mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen,
„Also dann wahrscheinlich zum dritten Mal heute, gute Nacht, Shawn" „Ja" , antwortete er mit einem warmen tiefen Lachen, welches mir eine Gänsehaut bescherte, „gute Nacht, Amber" Ich wusste nich nicht was ich tun sollte also fügte ich noch hinzu „Ich freue mich schon." und legte daraufhin einfach auf.
Ich ließ mich in meine Kissen senken und musste lächeln.
Bis jetzt war mein Auslandsjahr ziemlich anders als ich es mir vorgestellt hatte und ich wusste es würde noch viel mehr auf mich zukommen, denn schließlich war ich erst drei Tage hier.

One year in CanadaWhere stories live. Discover now