15. Kapitel

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Beladen mit meinem Tablett machte ich mich nun auf den Weg zu Claire und den anderen.
Heute saßen wir drinnen, weshalb es eine Weile dauerte, bis ich sie entdeckte.
„Hey Leute" sagte ich während ich mich auf meinen Platz zwischen Claire und Josh setzte.
„Hey Amber" begrüßten mich Claire und Melanie, während Josh und Eric noch in ein Gespräch vertieft waren.
„Kommst du heute auch zum Spiel ?" fragte Eric auf einmal. „Ich weiß nicht..." sagte ich etwas unbeholfen, „wollten wir nach der Schule nicht in ein Café ?". „Ja klar. Weißt du bei uns ist das so eine Art Ritual, wir gehen vor dem Spiel immer noch gemeinsam etwas essen, um die Jungs ein wenig abzulenken." erklärte mir Melanie. „Wenn das so ist, gehe ich sehr gerne mit zum Spiel, wenn es okay für euch ist." „Klar, wir können jede Unterstützung beim Anfeuern gebrauchen." sagte Eric freudig.

***

Nach Schulschluss gingen wir wie geplant zum Café, wie sich herausstellte war die gesamte Footballmannschaft und ein großer Teil der Cheerleader anwesend und somit saßen wir alle gemeinsam an einem großen Tisch.
Ich hatte mich zusammen mit Claire, Melanie und Josh in die hintere Ecke verkrochen, während Eric zwischen seinen Teamkameraden saß.
Während alle sich über die Chancen auf einen Sieg am heutigen Abend unterhielten, beschloss ich mein Handy aus meiner Tasche zu holen und Charlotte zu schreiben.

Hallo,
bin gerade in einem Café mit Claire und den anderen, wir wollen uns nachher gemeinsam das Spiel ansehen. Könnte mich vielleicht jemand danach abholen ?

Kurz darauf bekam ich eine Antwort :

Tut mir leid Süße das ist schlecht :/
Dean und ich besuchen heute Freunde (hab ich vergessen dir zu sagen, tut mir leid). Kann dich vielleicht jemand anderes mitnehmen ?

Wieso hatte sie das nur vergessen müssen ? Claire hatte keine Zeit, da sie danach noch zu einem Geburtstag gehen musste. Eric würde nach dem Spiel sicher noch bei seinen Teamkollegen bleiben und Josh und Melanie wohnten am anderen Ende der Stadt.
Also schrieb ich Charlotte, dass es bei mir auch nicht ginge, da mich keiner mitnehmen könnte.

Nicht schlimm, ich habe jemanden gefunden, der dich mitnehmen kann, ich hoffe es ist in Ordnung.

Wer ist es ? , fragte ich.

Ihre Antwort tauchte auf meinem Handy auf und gerade als ich sie lesen wollte wurde mein Bildschirm schwarz. Na super ! Wütend schlug ich mein Handy auf den Tisch. „Amber ? Alles okay ?" fragte mich Josh besorgt und auch Claire betrachtete mich prüfend. „Ja, ja alles okay. Oder auch irgendwie nicht. Mein Handy hat den Geist aufgegeben. Ich glaube der Akku ist leer." „Ist doch nicht so schlimm, oder ?" sagte Claire. „Ja schon, aber Charlotte hatte mir gerade eine wichtige Nachricht geschrieben, die ich nicht lesen konnte." antwortete ich leicht beleidigt. „Ach so schlimm ist das doch auch nicht. War doch keine lebensnotwendige Nachricht, oder ?" „Naja schon, aber..." entgegnete ich Claire kleinlaut. Wieso führte ich mich hier auf wie ein kleines Kind, das seinen Willen nicht bekam ? Wenn meine Mom mich so sehen würde...
„Kommt wir gehen los !" sagte Eric, der sich nun zu uns umdrehte, während alle anderen schon auf dem Weg nach draußen waren.
Missmutig stand ich auf.
Blödes Handy !

***

Zurück in der Schule gingen wir gleich ins große Stadion.
Wir waren relativ früh da weshalb wir auch Plätze in den vorderen Reihen bekamen.
Die Zeit bis zum Spiel verbrachten wir damit, dass mir Claire, Melanie und Josh versuchten die Spielregeln zu erklären... ich verstand sie leider immer noch nicht wirklich.
Ich war noch nie ein großer Fan von Sport gewesen, besonders wenn ich ihn selbst ausüben musste.
Schneller als gedacht begann das Spiel und wie ich feststellte, war es wirklich spannend zuzusehen. Bald ging unsere Mannschaft in Führung und konnte diese auch immer weiter ausbauen. Eric leistete wirklich gute Arbeit !
Kaum war das Spiel vorbei begann es zu regnen und es wurde immer kühler. Schnell verließen wir vier das Stadion, um uns an der Bushaltestelle der Schule unterzustellen.
Kaum waren wir dort, fing es noch mehr an zu regnen und man konnte schon den Donner hören.
Mein zweites kanadisches Gewitter ! Und das wieder im Freien...Juhu... Ich hatte wirklich kein Glück was das Wetter in diesem Land betraf.
Langsam begann ich furchtbar zu frieren, in meiner nun durchweichten Jeansjacke.
Dann kam ein Wagen um die Ecke gefahren. „Das ist meine Mom." sagte Josh. „Los Mel ! Bis morgen Claire. Bis morgen Amber." Schnell stiegen die beiden ein und verschwanden kurz darauf hinter der nächsten Biegung.
Nun waren Claire und ich allein.
„Wer holt dich jetzt eigentlich ab ?" fragte Claire. „Ich weiß nich. Das stand in der Nachricht, die ich nicht lesen konnte." antwortete ich und schaute in die Ferne.
Ich war noch nie wirklich ein Fan von Überraschungen gewesen, ich war eben immer lieber vorbereitet auf das was kommen würde. Auch das war ein Grund mich auf dieses Auslandsjahr einzulassen. Ich musste endlich lernen, dass ich nicht mein ganzes Leben durchplanen konnte, auch wenn ich das sehr gern tun würde. Es war zwar gut vorbereitet zu sein, aber man konnte es auch übertreiben. Also war diese Unwissenheit schon mal ein guter Anfang um meinem Ziel etwas näher zu kommen. Schließlich konnte mir doch nichts passieren, denn Charlotte würde mir schon keinen Verbrecher oder sonst irgendjemanden, dem sie nicht vertraute, als Chauffeur bringen. Aber Vorsicht war trotzdem besser als Nachsicht...
Claires „Oh " riss mich letztendlich wieder aus meinen Gedanken. Ich drehte mich zu ihr um und umarmte sie einfach. „Wofür war das denn ?" fragte sie mit ihrem warmen, freundlichem Lächeln. „Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung" , gestand ich „Ich glaube ich bin mir gerade nur nochmal bewusst geworden wie wichtig du mir schon in dieser kurzen Zeit geworden bist." Claire lachte und zog mich abermals in eine Umarmung. „Ich bin auch wirklich froh dich kennengelernt zu haben und ich finde es auch echt toll, dass wir uns so gut verstehen." Wir unterhielten uns noch ein bisschen über dies und das und kurz darauf wurde auch Claire von ihrer Mom abgeholt. Sie fragte mich ob ich nicht doch mitfahren wollte, aber ich sagte ihr, dass es schon in Ordnung sei. Schließlich hatte meine Tante sich ja extra um eine Mitfahrgelegenheit gekümmert. Wir umarmten uns zum Abschied nochmal und verabredeten uns wie immer früh am Bus.
Jetzt war ich allein.
Das Gewitter wurde immer stärker und ich zitterte heftig, als nach gefühlter Ewigkeit ein schickes schwarzes Auto vorfuhr.
Ich saß auf der Bank der Bushaltestelle und wartete darauf das etwas passierte. Ich glaubte kaum das dieses Auto auf mich wartete. Wen sollte meine Tante denn dann geschickt haben ?
Plötzlich ging die Scheibe nach unten und ich konnte die Person sehen, die am Steuer saß.
Als ich erkannte wer es war, blieb mein Herz für einen Moment stehen.

One year in CanadaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt