Kapitel 24

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"Das meinst du doch nicht ernst.", kam es unglaubwürdig aus meinem Mund.

Er schaut mich herrausvordernd an. Meine rechte Augenbraue erhebt sich unbemerkt etwas.

"Hast du dich schon mal betrachtet? Du bist gebaut wie ein Bär, ich bin neben dir wie ein Schmetterling.", kam es murrend aus meinem Mund. Ich bin immer noch etwas sauer auf ihn. Klar, ich habe ihn erst provoziert, aber dass er sowas absurdes zu mir gesagt hat, kann ich immer noch nicht einfach runterschlucken und so tun als ob alles Okey ist.

Ich machte eine abwertende Bewungung mit meiner Hand, schlitzte mein Augen und wollte mich umdrehen, konnte es aber nicht da ich einen festen Griff an meinem Handgelenk spürte. Wegzerren brachte nichts, er drückte nur fester zu. Mit meiner anderen Hand wollte ich seine entfernen, da kam seine andere Hand auch zum Spiel. Er kreuzte meine Hände, sodass ich mich nicht wehren konnte. Ich presste meine Lippen aufeinander und schaute ihn mit wutverzerrten Gesicht an. Er will, er kriegt.

Mit viel Kraft konnte ich mich doch von ihm wegzerren. Er wollte wieder nach mir greifen, sah aber meine Mimik. Ich zog mein Sweater aus, stand nur noch mit weißem Unterhemd und roter Adidas Jogginghose da. Ich schmiss mein Pulli auf die Couch und schaute ihn mit verschlitzten Augen an.

"Uh, gefährlich.", sagte Diliyan mit einer gespielten ängstlichen Stimme.

"Eins solltest du wissen über mich, Diliyan.", fing ich an. "Ich kann schlimmer sein, wenn ich aggressiv bin.", sagte ich und stürmte auf ihn zu mit einem Tarzan Schrei. In dem Moment war er wie versteinert, er rührte sich nicht vom Fleck. Ich sprang auf und landete auf ihn. Wir fielen gemeinsam auf den harten Boden.

Er lag unter mir, ich hielt seine trainieren Arme fest und versuchte ihn zu Boxen. Da ich nur mit einer Hand ihn festhalten konnte, konnte er sich genauso schnell wieder 'befreien'. Ich knurrte - Nein, schrie auf als er uns Beide einmal drehte und ich unter ihm lag.

"Geh runter von mir, du Elefant!", keuchte ich. Ich bekomme fast keine Luft mehr. Er hörte diesmal auf mich und sitzt sich vor mich hin. Erleichtert, dass er runter von mir ist, halte ich meine flache Handfläche auf meine leicht warme Stirn. Plötzlich wurde ich hoch gezogen und auf seinem Schoß rittlings hingehockt. Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen, mir ist es unangenehm.

"Nora, ich will mich nicht streiten.", er rüttelte an meinen Schultern hin und her, aber nur leicht. Sein Blick durchdringt mich. Seine so hellen Augen, wo man denken könnte, dass er durch eine Seele schauen kann.

Verwirrt über seinem Sinneswandel schaue ich ihn mit leicht schiefem Kopf an. Er nimmt meine Hände in seine und schaut auf unsere Ringe.

"Uns wurde Frieden und Glück versprochen, nicht wahr?", fragte er. "Die ersten Monate sind schwer, aber wir schaffen das."

Ich schluckte schwer. Seine Worte, die nicht emotional waren berührten mich.

"Wir müssen aufhören, uns gegenseitig das Leben zu erschweren.", ergänzte er. Mein Hals ist auf einmal so trocken. Seitdem ich auf mich allein gestellt bin, weg von meiner Familie und keine Unterstützung mehr bekomme, bin ich so sensibel und emotional geworden. Natürlich bin ich nicht allein - es ist aber anders, nicht mit Leuten zu sein, die man schon so lange kennt.

Mein Kopf fühlt sich so schwer an, meine Augen füllen sich leicht mit Tränen, die ich aber noch runterschlucken kann. Ich lege mein Kopf auf Diliyans Brust ab und lausche seinem Herzschlag, schließe fest meine Augen.

Wann wird der Tag kommen, wo sich die ganzen Probleme auflösen und wir nur noch in Glück und Zweisamkeit schweben?

Ich schniefe bei diesem Gedanken auf.  Ich schaffe es sogar gut nicht in Tränen auszubrechen. Erneut schniefe ich auf.

CHANCEWhere stories live. Discover now