Kapitel 29

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Lias p.o.v.

Nach vier sehr erschöpfenden Stunden war es endlich so weit. Ich hielt mit Tränen überströmtem Gesicht endlich meinen kleinen Sohn, in den Armen. Flynn saß neben mir und weinte ebenfalls. Es waren nur wir drei, alle anderen warteten vor der Tür, das sie wieder reingelassen werden würden, aber ich wollte diesen besonderen Moment noch einen kleinen Moment länger nur mit Flynn gemeinsam genießen.

"Er ist wunderschön", schluchzte mein Gefährte. Ich nickte nur und reichte ihm ganz vorsichtig unseren Erstgeborenen. Als wäre der kleine aus Porzellan hielt Flynn ihn und drückte ihm dann einen Kuss auf die Stirn.

"Ich werde dich vor allem und jedem beschützen, bis du alt genug bist, um dich selbst zu beschützen. Und heute werde ich damit anfangen. Ich werde das größte Monster auf dieser Welt töten. Wenn du alt genug bis, werde ich dir erzählen, was er mit deiner Mama gemacht hat, aber bis dahin reicht es, wenn du weißt, das alle Monster besiegt wurden und du dich vor nichts und niemandem fürchten musst", flüsterte Flynn unserem kleinen Sohn zu. Behutsam legte er ihn wieder in meine Arme und gab mir noch einen Kuss.

"Ich muss jetzt los. Ich bin bald wieder da. Soll ich die anderen reinlassen?", meinte Flynn schon beim Rausgehen.

"Ja, bitte."

Auf der einen Seite war ich froh, das Flynn Theo endlich zur Strecke brachte, aber eigentlich hätte ich ihn lieber noch ein bisschen hier bei mir gehabt, um mit ihm unseren Sohn noch ein bisschen mehr zu vergöttern.

Ganz leise kamen alle nacheinander ins Zimmer und freuten sich mit mir gemeinsam über meinen Sohn.

"Darf ich meinen Neffen einmal halten?", fragte Liam vorsichtig. Natürlich willigte ich sofort ein und überreichte ihm meinen Sohn. Liebevoll hielt Liam ihn und erzählte ihm Dinge, die ich aber schon bald nicht mehr mitbekam, da ich vor lauter Erschöpfung einschlief.


Zwei Tage später

Durch die schnelle Heilung der Werwölfe ging es mir nach einem Tag schon wieder fantastisch. Ich sollte allerdings zur Überwachung noch eine Nacht länger bleiben, aber heute durfte ich endlich das Krankenhaus verlassen. Flynn hatte Theo umgebracht und er würde uns nie wieder so weh tun können, wie er es getan hatte. Liam hatte mir erzählt, das Flynn es nicht grausamer hätte machen können. Er hatte Theo noch mehr leiden lassen, als Theo es in seinen Folterstunden mit mir getan hatte. Schrecklicherweise erfüllte mich dieser Gedanke mit so etwas wie Befriedigung. Eigentlich sollte ich Mitleid mit Theo haben. Bloß der Verlust seiner Gefährtin hatte ihn so verrückt werden, aber er hatte mich so zerstört. Mein Körper würde auf ewig mit hässlichen Narben übersät sein und er hatte meinen Geist gebrochen. Ich würde nie wieder so selbstbewusst, wie vorher werden.

Als ich mit Flynn und unserem kleinen Sohn im Rudelhaus ankam, hatten sich schon alle versammelt. Mein Gefährte führte uns zur Bühne.

"Es ist mir eine große Ehre unser neustes Rudelmitglied und zukünftigen Alpha Zacharias vorzustellen. Er trägt den Namen meines verstorbenen großen Bruders. Ich hoffe das mein Bruder, meinem Sohn die Stärke und Unterstützung gibt, alles zu bewältigen!", gab Flynn freudig bekannt und nahm dabei den kleinen Zacharias auf den Arm, um ihn besser dem Rudel zu präsentieren. Lächelnd sah er zu mir, als das Rudel in Freudengejubel ausbrach. Einmal atmete ich tief durch, dann trat ich nach vorne und räusperte mich. Es war lange her, das ich vor dem Rudel ganz alleine gesprochen hatte und sofort wurde es totenstill.

"Ich habe etwas, in eigener Sache. Könnten die Grenzwachen von vor zwei Tagen bitte vortreten."

Einige Männer traten hervor und bildeten eine Reihe direkt vor der Bühne.

"Ich möchte erklären, das euer Training ab sofort täglich stattfindet und ihr härter trainieren werdet, als jemals zuvor", erklärte ich ruhig.

Ein leises Gemurmel breitete sich aus.

"Aber warum?!", fragte einer von den jüngeren Wachen entnervt.

"Warum?!", rief ich aufgebracht, "Hmmm, lass mich überlegen? Weil ihr anscheinend bisher nicht richtig trainiert wurdet."

"Was lässt Sie zu dieser Annahme kommen?", fragte der Ausbilder der Wachen, in seinem Stolz verletzt.

"Vielleicht das eine blonde Psychopathin es geschafft hat, ohne einen einzigen Kratzer zu bekommen, mit einer Waffe in unser Territorium zu spazieren, mich anzuschießen und dabei noch das Leben des zukünftigen Alphas in Gefahr zu bringen. Und entweder wurde sie freiwillig herein gelassen, was Hochverrat wäre und ich nicht hoffe oder dieses kleine Mädchen war stärker als ihr. Und da ich schon einmal mit ihr gekämpft habe und weiß wie stark sie ist oder besser wie stark sie nicht ist, sind unsere Wachen wirklich unglaublich schwach. Wir sind das stärkste und mächtigste Rudel und trotzdem konnte dieses Miststück mich und meinen Sohn beinahe innerhalb unseres eigenen Territoriums töten. Ricardo, meine persönliche Wache, wird das Training überwachen und mir jeden Tag Bericht erstatten. Jeder, der nicht hart genug trainiert oder zu schwach ist, fliegt aus dem Grenzposten raus. Denn genau diese Schwachen sorgen für erhebliche Lücken, in der Sicherheit unserer Heimat!", zischte ich die Wachen an.

Alle sahen bedrückt nach unten. Sie wussten genau, dass sie sich nicht rausreden konnten und keine andere Wahl hatten, wenn sie ihre Stellung im Rudel behalten wollten.

"Ich werde generell die Sicherheit erhöhen und es wird mehr trainiert werden. Das ist unser Zuhause und hier sollten wir uns sicher fühlen können und uns keine Sorgen, um unsere herumrennenden Kinder machen müssen", erklärte Flynn jetzt auch, "Damit ist diese Versammlung beendet."

Alle verteilten sich und verschwanden nach und nach. Die Stimmung war etwas gedrückt, aber das Rudel wusste, das wir sie nicht bestrafen wollten, sondern wieder zum stärksten Rudel und damit zum sichersten werden wollten und mussten.

"Lass uns auch nach Hause gehen", meinte Flynn lächelnd und zog mich in Richtung unseren eigenen Hauses.

"Der kleine Zach will endlich sein Zuhause kennenlernen und wir haben eine Babyparty zu planen."

"Ich hätte nie gedacht, das ich einmal solche Worte aus deinem Mund hören würde", lachte Robbie sich kaputt, der wie aus dem Nichts hinter uns aufgetaucht war, "Vielleicht will ich doch keine Kinder, wenn ich dann so schnulzig wie du werde, lasse ich das lieber!"

Wütend knurrte mein Gefährte seinen Beta an. Robbie würde auch nie erwachsen werden!

"Irgendwann werde ich dich verprügeln für dein Mundwerk, aber ich halte gerade meinen Sohn, also hast du Glück gehabt!", knurrte Flynn ihn ernst an. Wie ein aufgeschrecktes Huhn rannte Robbie davon und ließ uns endlich alleine.

Second chanceWhere stories live. Discover now