27. Kapitel

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„Du musst dich fragen, was dies hier soll." Kapitän Luzifer beugte sich über seinen Schreibtisch zu dem Platz, an dem ich saß.

„Nein, ich sitze jeden Tag hier rum." Unnötig zu sagen, dass meine Worte vor Ironie troffen.

„Elodie!" Luzifer klang ungehalten. „Etwas mehr Respekt, bitte!"

„Respekt muss man sich erst verdienen! Und... Das hier ist nicht gerade fördernd." Ich beugte mich mordlustig vor. „Ich hasse sie. Ich hasse es, dass sie mich hier gefangen halten und ich hasse es, dass niemand auf der Pandora auch nur weiß, dass sie leben!"

Der Soldat, der direkt hinter mir stand, rückte noch einen Schritt vor, bereit, mich jederzeit von einem Attentat abzuhalten. Was vermutlich auch nötig war.

Ich fuhr herum. „Und ich hasse es, dass ich hier nicht mal einen Finger rühren darf!"

Ich schäumte vor Wut. Wut über die Tatsache, dass ich hier sein musste, Wut, weil Kapitän Luzifer nichts dagegen unternahm, dass man an Elementaris vorbeiflog, und Wut, weil man den Rand gestürmt hatte.

„Beruhige dich, Elodie!" Kapitän Luzifer blieb scheinbar ganz gelassen, aber seine Augen blitzten gefährlich.

Ich verschränkte die Arme und starrte in die Luft.
Luzifer seufzte. „Du machst es mir nicht gerade leicht, dir zu sagen, was ich sagen will!"
„So? Ziel erreicht!"
„Du musst verstehen, dass es so besser ist. Die Menschheit ist nicht bereit, einen neuen Planeten zu bevölkern! Wir haben ja vor 17 Jahren gesehen, wo dies hinführt."

Auf meine Mutter anzuspielen sollte mich treffen und leider tat es das auch. Dennoch schwieg ich beharrlich weiter.

„Ich war in den letzten Jahren nicht für dich da und das tut mir leid."
„Hä?" Vor Verwirrung vergaß ich sogar meinen Streik.
„Elodie, ich... bin dein Vater." Erwartungsvoll sah er mich an.
Ich runzelte die Stirn. „Nein, bist du nicht! Mein Vater ist Liam de Winter!" Was nicht ganz stimmte, wie mir auffiel, aber das würde ich ihm bestimmt nicht unter die Nase reiben.

„Nein." Feierlich sah Luzifer mich an. „Mein richtiger Name ist... War Andreas de Winter. Liam Black hat mich damals mit... Einem Fehler  von mir bestochen."
„Etwa damit, dass du meine Mutter betrogen hast?", platze ich wütend heraus.
Luzifer presste die Lippen zusammen. „Wie gesagt, ein Fehler, mit dem ich nicht an die Öffentlichkeit treten konnte was Black ausgenutzt hat. Vor Allem, da ich zu diesem Zeitpunkt als Kapitän vorgeschlagen wurde."
Er erwartete eine Antwort, aber die Genugtuung gönnte ich ihm nicht. Also sprach er zögernd weiter: „ich musste also von Ferne ansehen, wie du in einer Fremden Familie aufwuchst und..." – „Spar dir den Unsinn!", unterbrach ich ihn.
„Wie dem auch sei." Andreas räusperte sich. „Ich bin dein Vater und ich verbiete dir, für Elementaris zu kämpfen!"

Ich sprang bebend vor Zorn auf und beugte mich näher zu ihm. „Ich versichere dir, du bist nicht mein Vater. Liam de Winter ist mein Vater, ist es immer gewesen. Er ist der beste Vater, den ich mir jemals vorstellen könnte. Er hat mich immer geliebt, war immer für mich da. Er ist es jetzt noch! Du. Wirst. Niemals. Mein. Vater. Sein." Die letzten Worte presste ich nur noch zwischen den Zähnen hervor. „Und für wen ich kämpfe, ist allein meine Entscheidung."

Mein persönlicher Wächter zog mich hart an der Schulter und drückte mich wieder auf den Sitz. Ich wirbelte herum und gab ihm eine Ohrfeige, so fest ich konnte. „Fass mich nicht an!", brüllte ich, den pulsierenden Schmerz ignorierend, der sich jetzt in meiner Hand breitmachte.

Der Kapitän stand auf. Das einzige Anzeichen dafür, dass er ebenso zornig war wie ich, war eine stark heraustretende Ader an der linken Schläfe.

„In Ordnung. Wie du willst, Tochter!", fauchte er höhnisch. „Aber solange du dieser Ansicht bist, wirst du auch nicht mehr in dein normales Leben zurückkehren!" Er wandte sich ab. „Markus, bring sie in ihr Quartier!"

Das war er. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. All die Nervosität und Wut, die sich im Laufe des Tages in mir aufgestaut hatten, platzten jetzt aus mir heraus. Ich stürzte vor und brachte den Kapitän zu Fall, indem ich mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn warf. Gemeinsam rollten wir über den Boden und ich fing an, auf ihn einzuschlagen wie eine irre. Ich dachte nicht nach, ich wollte ihm nur weh tun. Doch leider hatte ich da die Rechnung ohne Markus gemacht. Innerhalb von Sekunden riss er mich von seinem Chef und drehte mir die Arme schmerzhaft auf den Rücken.
Ich versuchte, gegen ihn anzukommen. Ich schrie, trat und zerrte, was das Zeug hielt. Doch jetzt hatte Markus mich unter Kontrolle und ich musste tatenlos zusehen, wie Luzifer sich aufrappelte und ein Tuch auf die blutendende Nase drückte.

„Das... War... Zu viel!", keuchte er. „Bring sie weg, Markus."

Gegen meine Proteste zerrte der Wachmann mich aus dem Zimmer. „Das kannst du nicht tun!", brüllte ich mit Tränen in den Augen. „Ich hasse dich!"

Markus drückte mich einmal um die Ecke und öffnete mit einer Hand dann eine schwere Tür, ohne seinen Griff auch nur zu lockern.

„Ich zahle das dreifache!", versuchte ich es wider besseren Wissens mit Bestechung. „Egal was er zahlt, ich zahle das dreifache!"

Markus ließ sich nicht einmal zu einer Antwort herab, sondern schubste mich einfach in den Raum. „Nein!", brüllte ich, als die schwere Tür hinter mir zufiel. Ein leises Klicken ertönte, dann war es vollkommen still. Nicht einmal die leisen Geräusche des Antriebs der Pandora drangen bis hier durch.

„Arrg!" Ich packte das erste, was ich zu fassen bekam (Eine teuer aussehende Vase mit Blumenmuster) und warf sie gegen die Tür. Sie zerschellte und Scherben regneten auf den Zimmerboden.
Erschöpft wandte ich mich ab und betrachtete das Zimmer, in dem ich eingesperrt war.

Obwohl ich hier gefangen war, hatte mein Vater sich nicht lumpen lassen.
Neben mir stand ein kleines Sofa mit einem hübschen Glastisch, auf dem ehemals eine ebenfalls hübsche Vase gestanden hatte. Ein Bücherregal erstreckte sich auf der einen Wand, neben einem großen Schrank und einer Frisierkommode. Natürlich gab es keine Fenster, dafür war ein riesiger Bildschirm auf der anderen Wand angebracht. Im Moment zeigte er eine grüne Waldlandschaft.
Auf einer Erhebung stand ein riesiges Himmelbett, dass ziemlich antik aussah und eine kleine, unscheinbare Tür aus echtem Holz war daneben angelehnt. Ohne große Erwartungen ging ich auf sie zu und landete in einem Badezimmer mit einer riesigen Badewanne.

Alles war in hellen Farben gehalten und wiederstrebend musste ich zugeben, dass dies vermutlich ein angenehmes Gefängnis war.

Mit einem letzten Funken Hoffnung trat ich auf den Bildschirm zu und aktivierte ihn mit einem Klicken. Aber wie zu erwarten war der Zugang zum Internet der Pandora gesperrt und auch die Nachrichtenfunktion war deaktiviert. Wütend schaltete ich sie wieder aus.

Wie es Julian jetzt wohl gehen mochte? War er immer noch eingesperrt? Ich vermisste ihn und wünschte, er wäre hier bei mir.
In diesem Moment war ich so einsam wie noch nie zuvor in meinem Leben.

Ich werde dich finden, Julian. Ich werde hier rauskommen und dann werden wir zusammen für Elementaris und ein neues Leben kämpfen! schwor ich. Und diesmal werden wir siegen!



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⏰ Last updated: Sep 02, 2017 ⏰

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