11. Kapitel

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Es fiel mir schwer, mich am nächsten Morgen wieder meinem normalen Rhythmus anzupassen. Ich hatte mir das Holo extra etwas früher gestellt, und sprang beim ersten Piepten auf. Ich lief zu dem Käfig, den mein Vater mir geschenkt hatte, und blickte hinein. Es war noch da! Süß. Ich blickte auf den kleinen, schlafenden Knuddle hinunter. Mein Vater war gestern nicht sehr begeistert gewesen, als ich ihm den Knuddle wortlos unter die Nase gehalten hatte, doch dann schlich sich ein schiefes Lächeln auf seine Züge. "War ja Klar, dass du das Machst. Annabell hätte genau dasselbe getan." hatte er gesagt, und kurze Zeit später hielt er mir den Käfig unter die Nase. "Nicht, dass er noch wegläuft!"

Bei der Erinnerung musste ich lächeln. Zärtlich strich ich über meinen Knuddle. Er räkelte sich verschlafen und riss den Mund zu einem Gähnen auf. Eine Reihe von Minizähnchen blitzte auf, und erinnerte mich daran, dass er etwas zu Essen brauchte. Ich ging in die Küche und bestellte mir mein Frühstück, Müsli, und ein Brötchen mit Käse und ohne Butter für den Knuddle.

Während ich Frühstückte, fütterte ich den Knuddle mit kleinen Brotstückchen. Nach dem Brötchen schien er immer noch Hunger zu haben, aber ich hatte keine Zeit mehr. Ein Blick aufs Holo sagte mir, dass es bereits zu spät war: Ich hatte noch 10 min. bis zum Stundenanfang und war noch nicht mal angezogen. Ich sprang auf, setzte den Knuddle wieder in den Käfig und zog mir eine schwarze Hose und ein beigefarbenes Hemd an. Mit einer Bürste fuhr ich mir durch die Haare und ließ sie der Einfachheit halber offen.

Ich ging im Laufschritt in die Küche und öffnete den Schrank mit den Gleitern. Dann fiel mir auf, dass ich meinen ja Laura geliehen hatte, und mit dem von meinem Vater war dieser ja schon seit etwa einer halben Stunde unterwegs.

Ich fluchte unterdrückt und hastete auf die Straße, wo ich mir einen Gleiter bestellte, der natürlich auch nicht sofort da war.

Eine halbe Stunde später kam ich verschwitzt und viel zu spät in den Unterricht gehastet.

Wir hatten ausgerechnet Physik bei Herr Kahter. Er war total streng und dazu noch eifersüchtig auf mein Geld und meine Kontakte. Bei jedem andern Lehrer wäre mein Zuspätkommen geduldet worden, aber bei Herr Kahter...

Er fing natürlich sofort mit einer Strafpredigt an. "Elodie De Winter. Du bist zu spät!" Ich nickte und versuchte, betreten auszusehen. "Tut mir leid, ich hatte..." Er schnitt">Lieber drei Stunden zu früh als eine Minute zu spät. < Von wem kommt das?" Verdammter Mist. "Äh... Von Goethe?" stotterte ich. Einen kurzen Moment sah ich Triumph in seinen Augen aufblitzen. "Nachsitzen, De Winter. Heute noch!" zischte er und wandte sich zum Gehen. An jedem bisherigen Tag meines Lebens hätte ich das hingenommen, doch jetzt wartete zu Hause ein hungriger Knuddle auf mich und vertraute mir. "Bei allem Respekt," fing ich an, "Ich glaube nicht."

Betont langsam drehte er sich um. "Wie meinst du das?" Ich räusperte mich. "Die Schulregeln besagen, dass man wegen einer falschen Antwort nicht nachsitzen muss."

Siegessicher grinste er. "Ich lasse dich auch nicht wegen einer falschen Antwort nachsitzen. Ich lasse dich nachsitzen, weil du..." Er blickte auf die Uhr. "Genau 29 Minuten zu spät bist." Ich nickte triumphierend. "Eben! Und laut Paragraf 17 a darf ein Lehrer dem Schüler erst ab 30 Minuten nachsitzen!" Manchmal war es schon praktisch, wenn man zu viel Langeweile hatte. Kochend vor Wut ging er zum Lehrertisch, und ich war mir sicher, dass er sich ein Regelbuch herbeiwünschte, um das nachzuschlagen. Er könnte natürlich behaupten, dass das unwahr wäre. So aber liefe er in Gefahr, sich zum Affen zu machen, wenn es doch wahr wäre.

"Hefte auf, Seite 29!" er warf mir einen flammenden Blick zu. "Wir zwei sprechen uns später!" Ja, vermutlich dann, wenn er endlich unbemerkt in dem Regelbuch hatte nachschlagen können.

Ich setzte mich und bereitete mich darauf vor, im Unterricht mehr als einmal dran zu kommen.

Elementaris #viaaward2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt