Breakfast

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Shawn hielt vor einem kleinen Cafe, das nicht sehr belebt aussah. Und ich kannte es auch nicht, weil es etwas außerhalb von Woodbridge lag, also eher am Rand. Kein Mensch kam und ging und nur ein Parkplatz war von Shawns Ruby besetzt, die restlichen waren frei. Ich mochte es zwar, abseits von Menschenmassen zu sein, vor allem nach dem Vorfall, doch so einsam wollte ich es auch nicht haben. Das Gebäude sah aus, wie aus einem alten Krimi: Verrostete Blumenkästen mit verwelkten Blumen, ein kleines Schild auf dem stand: "Eat or go home!" Ich meine, dass klang nicht gerade einladend. Als wir ausstiegen warf ich Shawn einen unsicheren Blick zu und meinte: "Warst du schon mal hier?" Er sah mich kopfschüttelnd an. "Wie kommst du dann auf die Idee hierher zu kommen?", fragte ich ihn irritiert. "Mein Dad hats mir empfohlen. Vielleicht gibt's ja Muffins.", meinte er und seine Augen strahlten. "Muffins?" Wie kam er jetzt auf das? "MUFFINS SIND MEIN LIEBLINGSESSEN!", rief er und ich sah dass er voll in seinem Element war. Wir gingen zur Eingangstüre des Cafe's und ich erkundigte mich: "Welche Muffins denn?" Erst hielt er mir die Tür auf und als ich hindurch gegangen war, antwortete er grinsend: "Chocolate Chip Muffins."

"Sowas sollten wir da haben.", grummelte eine tiefe Stimme aus dem hinteren Teil des Geschäfts. Das Cafe war fast menschenleer, nur ein alter Mann saß an einem kleinen Holztisch und schlürfte hinter seiner Zeitung einen Kaffee. Aber von ihm war die Antwort nicht gekommen: Eine alte Dame, ungefähr siebzig Jahre alt, mit einem weiß-grauen Dutt und einer roten Schürze umgebunden trat hinter die Verkaufstheke: "Ich glaube ein paar Blueberry Muffins sollte ich auch noch haben, bin mir aber nicht sicher.", offenbarte sie uns mit rauer Stimme. "Zum mitnehmen oder hier essen?", schnauzte sie uns an. "Äh ich weiß nicht so recht...", fing ich an da ich von ihrer Unhöflichkeit ziemlich eingeschüchert  war, doch Shawn unterbrach mich: "Wir würden gerne hier Frühstücken Ma'am." Sie zog die Augenbraue in die Höhe und brachte uns dann zu einem Tisch an einem Fenster, durch dass man kaum noch hindurchsehen konnte.  "Wollt ihr unseren hauseigenen Tomatensaft für den Anfang?", sagte sie genervt. Shawn verzog das Gesicht, sodass sich tiefe Stirnfalten bildeten und ich bildete mir ein, sowas wie einen Würgelaut gehört zu haben. Ich selber war auch nicht so scharf auf einen Saft gemacht aus dem roten Gemüse also erwiderte ich höflich: "Nein danke, dass ist sehr freundlich, aber normaler Kaffee tuts uns auch. Könnten sie uns Milch dazu bringen?" Jetzt verzog sie das Gesicht und murmelte etwas genervt vor sich hin, als ob ich sie gefragt hätte ob sie mir Kaviar besorgen könnte, dann verschwand sie hinter der Theke. "Danke dass du mich vor ihrem Saft gerettet hast.", meinte Shawn lächelnd und berührte flüchtig meine Hand die auf dem Tisch lag.  Ein Kribbeln durchfuhr mich, doch ich antwortete so gelassen wie möglich: "Du scheinst Tomaten ja nicht sehr zu mögen, oder?" Sein Gesichtsausdruck von vorhin erschien wieder auf Knopfdruck und er schüttelte energisch den Kopf: "TOMATEN SIND DAS BÖSE DER WELT! Ich kann nicht verstehen wie man diese kleinen, roten, matschig-schleimigen Fieslinge mögen kann! Und dann noch einen Saft gemacht aus purer Boshaftigkeit zum Frühstück trinken! Wie können diese Menschen nur?! Ich würde eher Benzin trinken!" Sein Kopf war ganz rot geworden und ich sagte kichernd: "Du bist so rot wie eine Tomate!" Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an, doch mit einem Lächeln auf den Lippen: "Das hast du jetzt nicht gesagt!" Ich kicherte noch lauter und der alte Mann drehte sich kurz zu uns um und ich vernahm so etwas wie: "Heutige Jugend, hat man nie seine Ruhe."  Die Frau stellte uns mit einem Räuspern, das sich mehr wie ein wütendes Knurren anhörte eine Kanne Kaffee auf den Tisch und danach die Milch. Dann stellte sie noch einen Teller voller Gebäck mit : Muffins, Croissants, Schokobaguetten, frische Semmeln, Nuss und Zimtschnecken und auch Apfeltaschen nebendran. Mit großen Augen betrachtete ich die riesige Auswahl, die sie uns einfach ohne unsere Bestellung wie selbstverständlich gebracht hatte und brachte vor Staunen fast kein Wort raus, dafür aber Shawn: "Das ist zu lieb von ihnen, vielen Dank Ma'am ich glaube sie haben nicht zu viel versprochen. Vielen Dank! Es würde mich nicht wundern, wenn das die absolut besten Muffins sein werden, die ich je gegessen habe." Konnte sein Liebwürdigkeitslevel eigentlich noch höher steigen? Das dachte sich vielleicht auch die Frau und errötete leicht. Dann winkte sie leicht mit der Hand ab: "Ach das. Lasst es euch schmecken!" Dann verschwand sie wieder und zupfte im Gehen unschlüssig an ihrer Schürze herum. "Du Charmeur!", meinte ich zu Shawn und er grinste mir verschwörerisch zu, bevor er sich einen Muffin nahm und herzhaft abbiss. Er schluckte bevor er genießerisch die Augen verdrehte und seufzte: "Ich glaube dass ist echt der beste Muffin auf dieser Erde! " Ich kicherte über seine Worte und er fügte hinzu: "Ich liebe dich Muffin!" Ich biss mir auf die Lippe, das Lächeln immer noch unauslöschbar da. Er war so süß wie er dem Muffin seine Liebe gestand und ich hätte ihn am liebsten gefilmt. Etwas zaghaft nahm ich mir auch einen Muffin und probierte ihn: Es war wahr! "Du bist nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken!", gestand ich und Shawn sah mich mit wackelnden Augenbrauen an: "Ich oder das göttliche Gebäck in deiner Hand?" Ich wurde rot und fand es plötzlich furchtbar interessant, wie viele Krümel schon auf meinem Platz lagen. Er legte seine Hand auf meine und eine Wärmewelle durchflutete mich: "Ich kann dir verzeihen, immerhin habe ich meinem Muffin ja auch die Liebe gestanden. " Er lächelte mich schief an und ich lächelte zurück. Immerhin hätte ich ihm sicher zu erst gestanden, wie es sich anfühlte seit er in mein Leben getreten war und nicht dem Muffin. Fast. Seine Hand lag noch immer auf meiner und es fühlte sich so normal an, als hätte ich in meinem ganzen Leben nur diese Berührung gekannt. Da klingelte sein Handy und er zog es hervor, und seine Hand somit weg. Ein wenig unschlüssig legte ich einfach meine andere Hand, auf die nun einsame Hand. Shawn blickte auf den Bildschirm und sein Gesicht strahlte noch mehr als vorher. Ich merkte dass es ein Skype Klingelton war und stocherte lustlos mit einem Zahnstocher auf meinem restlichen Muffin herum, während ich wartete was er wohl als nächstes machen würde. Er fragte mich, so höflich wie er war: "Darf ich abnehmen? Mein Mädchen ist dran!" Mein Herz setzte für einen Schlag aus und ich presste die Lippen aufeinander, versuchte eine Träne vom Schock zu unterdrücken. Louisa du bist dumm, so dumm, dachte ich noch während ich Shawn zunickte, er abnahm und ich wie von Trance gesteuert vor die Tür ging.

wait for me | s.mWo Geschichten leben. Entdecke jetzt