Please forgive me

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Louisa

Schwer atmend klingelte ich an Matthews Tür. Innerlich machte ich mich schon mal auf eine anständige Standpauke gefasst. Meistens war Matthew gut drauf und spaßiger als alle anderen Leute die ich kannte, doch bei solchen Sachen verstand er überhaupt keinen Spaß. Ich konnte mich noch zu gut daran erinnern, als ich auch eine Party vor zwei Jahren verlassen hatte, ohne ihm Bescheid zu sagen und dann bei meiner Großmutter übernachtet hatte, die näher als das Haus meiner Tante wohnt, indem die Party stattgefunden hatte. Er hatte die ganze Zeit nach mir gesucht und sich tot um mich gesorgt. Als ich dann am nächsten Morgen unverhofft und unverletzt vor seinem Haus gestanden hatte, hatte er mir zwar die Tür aufgemacht, sie mir dann aber mit grimmigen Blick sofort wieder vor der Nase zugeschlagen. Und dann hatte er mich für eine ganze Woche nicht eines Blickes gewürdigt, geschweige denn mit mir gesprochen. Daraus konnte man wohl mit Sicherheit schließen, dass er ziemlich nachtragend sein konnte. Trotzdem war er der beste Freund den ich mir hätte erträumen können und abgesehen von voriger Tatsache war er immer für mich da, wenn ich ihn brauchte oder jemanden der mir zur Seite stand. Selbst als mein erster Freund sich von mir getrennt hatte, konnte ich ihn mitten in der Nacht während eines 4 stündigen Telefonats volljammern und heulen was das Zeug hielt, obwohl er den Schlaf brauchte und auf Tour war. Obwohl ich mich schon bei Laura ausgeheult hatte, war es nicht dasselbe. Klar mochte ich Laura und sie bedeutete mir die Welt, aber niemand, wirklich niemand verstand mich wie mein Espinosa. Ich hoffte er konnte mir auch jetzt verzeihen, immerhin hatte ich keine Verletzungen. Vielleicht seelische, aber es gab fast nichts was man nicht heilen konnte, fast nichts. Not broken just bent, wie ich zu sagen pflegte, denn es war ein Zitat meiner Lieblingsautorin.

Die Tür wurde vor meinen Augen geöffnet und dahinter stand Matthew der mich schweigend ansah. Er trug immer noch sein Partyoutfit von gestern, genau wie ich noch mein Kleid trug. Nur dass unsere Kleidung beide ziemliche Knicke und Falten abbekommen hatten. Matthews Haare standen in alle Richtungen und unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Was aber am auffälligsten war, war die rote Schramme, die sich über seine rechte Gesichtshälfte, bei den Augenbrauen angefangen zog. Geschockt zog ich die Luft ein und wollte die Hand nach Matt ausstrecken doch er wich zurück, dann griff er sich selbst an seine Wunde, dann meinte er schulterzuckend: "Ist gar nichts passiert Clarkson. Bin nur in was reingeraten." Ich überlegte nicht und schlang einfach meine Arme um seinen Hals und drückte ihn fest an mich, ich würde ihn nicht mehr loslassen. "Ganz schön stürmisch heute, meine Lou.", stellte er grinsend fest und sah mir in die Augen, dann küsste er mich auf den Haaransatz und meinte: "Ich bin wirklich froh dass dir nichts passiert ist, aber sowas machst du mir nicht mehr, verstanden?!" Ich zog eine Schnute und meinte kleinlaut: "Was auch immer du für mich durchstehen musstest." Ich wies auf seine Schramme mit dem vertrockneten Blut. "Ich rechne es dir hoch an." Matthew lachte und sah mich dann grinsend an: "Wieder sentimentale Freundschaftsgeständnisse austauschen Clarkson?" Ich gab ihm einen Klaps gegen den Oberarm und er zuckte heftiger zurück als ich dachte: "Im Ernst, wie ist das passiert Matthew?" Besorgt untersuchte ich ihn nach weiteren Verletzungen, doch er winkte nur ab: "Wenn ich dir das später mal erzählen kann, dann musst du mir was gestern Nacht vorgefallen ist, auch erst später erzählen, okay? Deal?" Ich nickte. Wenn Matthew dieses Mal nicht nachtragend war, musste ich es wohl bei seiner Aussage dass die Wunde halb so schlimm war, belassen. Trotzdem machte ich mir ziemliche Sorgen besonders weil Matthew mir nicht sagen wollte was Sache war, sonst war er immer der geraderaus-Typ und der ehrliche Mensch gewesen.  Er bemerkte wohl meine Sorgen aber er meinte nur: "Die anderen sind an den Strand gegangen. Auch Carter." Meine Augenlieder flatterten. Matthew wusste also Bescheid. Er wusste also mehr als er zugab. "Woher?", raunte ich ihm zu. Ich fühlte mich wieder zum Zeitpunkt von gestern Nacht zurückversetzt. Eine leichte Träne lief mir über die Wange und ich schämte mich so. Wollte mich verstecken. Ich verfluchte meine Emotionalität, meinen Leichtglauben, aber vor allem meine Gefühle. Konnte ich nicht einfach wie ein Stein sein und starr geradeaus schauen?  Matthew wischte mir meine Träne weg und zog mich wieder in seine Arme. Er flüsterte: "Schon gut. Du brauchst dich nicht zu schämen, ich bins, der verrückte beste Freund von nebenan, den du nachts anrufen kannst, wenn dein Aquarium brennt, okay?" Er küsste mich auf die Stirn und ich nickte. "Ich verstehe dich, dass war viel was du verarbeiten musst, aber ich bin immer da wenn du mich brauchst. Ich werde immer da sein um deine Worte zu verstehen." Ich lächelte ihn an. Für dass was er mir bedeutete und was er war. Und dafür dass er immer da war, egal was kam. "Ich glaube du solltest ein bisschen schlafen.", sagte ich zu Matthew und er gähnte herzhaft: "Ich denke du hast jetzt eine Verabredung mit Mendes.", Ich sah dass er gespielt ernst die Augen zukniff und ich erwiderte: "Im Ernst? Davon weiß ich nichts." Matthew wies in den Garten meiner Tante, wo Shawn ungeduldig hin und her lief und immer zu uns herüber linste. "Hmm, sieht so aus als hätte er schon konkrete Pläne. Aber ich sags dir wenn er dich in irgendweise kaputt macht, zerstöre ich  ihn dass man ihn nicht mehr zusammensetzen kann." Er verzog sein Gesicht grimmig und sah dann zu Shawn, um ihm klarzumachen dass er so energisch über ihn sprach. "Oooohhkaayy... Danke für die Info.", sagte ich langezogen und er erwiderte: "Um sechs bist du wieder zu Hause. Ich mach Barbecue wie in alten Zeiten." Ich lächelte breit: "Mit Kartoffel Wedges?"

wait for me | s.mWhere stories live. Discover now