Es ist okay wenn du fragst, aber nicht wenn ich antworte

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Wir blieben vor einem schwarzen Auto stehen, dass auch ich als Nicht-Autokenner als einen Mustang auszeichnen konnte. Er klopfte auf die Motorhaube und das Auto brummte ein wenig zur Antwort. Er sah mich an: "Und? Bereit auf eine Fahrt in den Frühstückhimmel mit meiner Ruby?" Zögernd sah ich zuerst ihn an und dann sah ich mich um: "Ruby?" Shawn lachte und wies dann mit der Hand auf den Wagen: "Meine treue Ruby." Ich lachte und schüttelte dabei ungläubig den Kopf: "Ich dachte ehrlich gesagt dass nur Leute aus den Staaten sowas komisches machen, wie ihren Autos Namen zu geben. Dabei bist du ja Kanadier! Für deine komischen Angewohnheiten müsste ich mich gerade schämen, weil du ja ein Landsmann von mir bist. " Shawn legte die Stirn in Falten und sah mich dann mit hochgezogenen Augenbrauen an: "Solche Worte von meiner Gryffindor Freundin zu hören, ist echt enttäuschend! Jetzt ist Ruby sichtlich beleidigt! Schau sie dir nur an!", meinte er und schlug die Hände besorgt zusammen. Ich schaute ihm zu liebe dass Auto an und meinte dann: "Ehrlich gesagt sieht sie genauso aus, wie vor einem Moment zuvor auch noch." Tadelnd hob er den Finger und zog dann die Mundwinkel nach unten: "Okay, DAS ist ziemlich verletzend." Abwehrend hob ich die Hände und sagte dann: "Tut mir leid Ruby, ich bin halt vorher noch nie mit einem Auto bekannt gemacht worden, das Gefühle hat." Ich tätschelte dem Auto das Dach und Shawn sah zufrieden aus : "Ruby kann zwar ziemlich nachtragend sein, aber ich glaube sie hat dir verziehen. Wollen wir los?" Ich lachte herzhaft und sah ihn an: "Bist du dir ganz sicher? Ich meine ich will nicht Schuld sein, dass sie mitten auf einer Straße streikt und stehen bleibt." Er nahm meine Hand und drückte sie, dann wies er auf Ruby: "Ach du hast es ja nicht so gemeint und außerdem: Es ist ja nicht so als ob du ihre beste Freundin umgebracht hättest." Er lachte laut, doch ich versteifte mich augenblicklich.

Es ist ja nicht so als ob du ihre beste Freundin umgebracht hättest. Mit diesen Worten hatte er ins schwarze getroffen, ohne dass er es wusste. Die Erinnerung überrollte mich: Ich am Lenkrad, mein Ex und Lucy auf der Rückbank. Wir wollten doch nur im Regen nach Hause fahren. Vom Strand. Das Gewitter wurde heftiger. Wir schwiegen während ich angestrengt fuhr. Dann brach Lucy die Stille: "Ich halte es nicht mehr aus. Ich muss es dir sagen." Ich wusste noch wie mein Herz aussetzte, wie meine Hände feucht wurden und ich stammelte, den Blick immer noch auf die Straße gerichtet : "Was?! Lucy sag es mir!"

Meine Hände waren feucht und Shawn sah mich besorgt an, anstatt die Hand wegzuziehen. Ich an seiner Stelle hätte es bestimmt getan. Meine Erinnerung hatte sich so real angefühlt, weil ich sie also noch einmal erlebt hatte. Mit nassen Hände. Mit festem Griff, wie damals beim Lenkrad. "Louisa? Ist alles okay?", fragte Shawn und beugte sich näher zu mir. Ich schüttelte meinen Kopf und nickte dann wieder: "Alles gut. Ich war nur grade etwas versunken. Hab mich an etwas erinnert. Alles gut, ich glaub ich hab nur Hunger.", beruhigte ich ihn und mir war selbst klar wie lächerlich dass alles klingen musste. Es klang ja sogar für mich ziemlich unglaubhaft. Wegen Hunger wurden die Hände nicht unbedingt von einer Sekunde auf die andere schweißnass, der Blick starr und die Haltung steif. "Bist du sicher dass alles okay ist? Für mich sieht Hunger anders aus.", meinte er misstrauisch. Natürlich sah Hunger anders aus und er wäre nicht Shawn wenn er mich nicht durchschaut hätte. "Jaja alles okay.", meinte ich knapp und entzog ihm meine Hand. Er sollte mich nicht wie in meiner Erinnerung sehen, redete ich mir ein. Shawn legte mir die Hand in den Rücken und führte mich zum Beifahrersitz. Er hielt mir die Tür auf und als ich mich hinsetzte warf er mir nochmal einen besorgten Blick zu, bevor er sich auf den Fahrersitz setzte. Er wusste dass etwas nicht stimmte. Und er hatte Recht.

wait for me | s.mWhere stories live. Discover now