Abendliche Treffen...

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Nach dem Abendessen wollte ich mich gerade erheben, als zwei Eulen zu mir geflogen kamen. Eine davon war Loki, die andere kannte ich nicht. Unerfreut nehme ich Loki die Nachricht ab und scheuche ihn davon, bevor ich neugierig nach dem Brief der anderen greife, die diesen in ihrem Schnabel trägt. Wer außer meinem Vater würde mir schon schreiben? Um die Spannung noch ein wenig heraus zu zögern öffne ich zuerst den Brief meines Vaters, der mich wie schon das letzte Mal viel zu spät an meine heutige Frist erinnern soll. Da ich aber bereits meinen Brief abgeschickt habe, um ihm eins auszuwischen, lese ich den seinen gar nicht erst zuende. Die zerknüllte Nachricht verbrenne ich und lasse die Asche einfach auf meinem Teller liegen. Skeptisch mustere ich den Brief, der keinen Absender trägt. Bevor ich ihn öffne prüfe ich mit einem antippen meines Zauberstabs, ob der Brief auch keine bösen Scherze enthällt. Da nichts passiert mache ich ihn kurzerhand auf und erkenne auf der Stelle Grangers grazile Handschrift.

Komm heute Abend um 20 Uhr zum Astronomieturm. Ich will nicht mit dir gesehen werden.
H.G.

Wie es aussieht hat sie meinen Aufsatz fertig.
Ein Blick rüber zum Tisch der Gryffindors bestätigt mir, dass Granger versucht möglichst unauffällig zu mir hinüber zu sehen, was ihr jedoch deutlich misslingt. Ich kann es mir nicht verkneifen ihr ein besonders schönes Lächeln und ein Zwinkern zu schenken, als Potter ihrem Blick folgt und das Wiesel ebenfalls neugierig nachschaut, was es denn da zu sehen gibt. Auf vielsagende Art lasse ich ihren Brief in meinem Umhang verschwinden und verlasse dann den Tisch. Granger hat sich mittlerweile abgewandt und redet flüsternd auf ihre beiden Freunde ein, während Potter und Weasley mir immernoch zweifelnd nachsehen. Insgeheim freue ich mich auf das kleine Treffen, auch wenn es dabei nur um einen bescheuerten Aufsatz geht. Mit lässigen, beschwingten Schritten suche ich Crabbe und Goyle, um mit ihnen die Zeit bis zum Treffen tot zu Schlagen. Wo sind die beiden nur wieder?
Ich finde sie mit Pansy zusammen im Gemeinschaftsraum. Sie lassen irgendwelche unwichtigen Dinge von irgendeinem anderen Schüler wild durch die Gegend fliegen und ineinander krachen. Als ich den Raum betrete lassen sie den Scheiß sofort sein und legen ihre Zauberstäbe beiseite. Gut gelaunt lasse ich mich zwischen Pansy und Crabbe fallen. Goyle sitzt auf der anderen Seite von Pansy. Sofort lehnt sich das Mopsgesicht an meine Schulter und sieht mich zuckersüß an, während ihre nasale Stimme in meinen Trommelfellen dröhnt.

"Sag mal, Draco... Was läuft da zwischen dir und der Granger? Ich habe euch beim Abendessen beobachtet. Sah schon sehr verdächtig aus."

Crabbe und Goyle sehen sich gegenseitig überfahren an und wenden ihre Blicke mit offenen Mündern dann mir zu.

"Ich habe sie lediglich ein wenig geärgert. Potters und Weasleys Gesichter waren das wert. Vielleicht solltest du im beobachten nochmal Nachhilfe nehmen, Parkinson."

"Solange ich sie von dir bekomme."

"Vergiss es."

Schnell schiebe ich ihre Hand weg, die begonnen hat kleine Kreise auf meine Brust zu malen. Braucht sie es in Brief und Siegel, damit sie mein Nein versteht? Selbst wenn sie die letzte Frau auf Erden wäre würde ich sie nicht wollen. Doch anscheinend muss ich ihr das irgendwann mal auf die harte Art und Weise beibringen. Aber im Moment habe ich dafür keinen Nerv. Stattdessen lästern wir ein wenig über Longbottoms Gesicht heute in Moodys Unterricht, bis es Zeit für mich wird aufzubrechen.

"Ich werde noch einen Brief zu meinem Vater schicken. Ihr braucht nicht mitkommen."

Crabbe und Goyle hatten sich bereits erhoben, doch diesmal konnte ich sie an meiner Seite einfach nicht gebrauchen. Um zehn vor acht mache ich mich langsam auf den Weg zum Astronomieturm. Entgegen meiner Erwartung spüre ich, wie sich ein widerliches Kribbeln in meiner Magengrube breit macht. Noch immer habe ich den Zauber, mit dem man das abstellen kann, nicht gefunden. So muss ich also in Kauf nehmen, dass meine Schritte mit jeder Sekunde schneller werden. Obwohl ich eigentlich zu spät kommen wollte und deshalb extra spät los gegangen bin, komme ich pünktlich am unteren Eingang zum Astronomieturm an. Granger steht bereits mit verschränkten Armen im Türbogen und wackelt nervös mit ihrem rechten Fuß.

"Da bist du ja endlich."

"Wow, Granger. Ich wusste ja nicht, dass du dich so sehr auf mich freust."

"Träum weiter, Malfoy!"

Mit diesen Worten kommt sie auf mich zu und presst mir die Pergamentrolle mit dem Aufsatz in die Hand. Leicht streife ich mit meinen Fingern ihren Handrücken und spüre sofort, wie ein Schlag durch meinen Körper geht. Granger scheint es genauso zu gehen, denn für einen Moment sieht sie mich einfach nur an, ohne zurück zu zucken. Doch viel zu schnell ist dieser Moment vorbei geflogen, wie ein schneller Wimpernschlag und Granger tritt zwei Schritte zurück. Nervös streicht sie sich eine Strähne ihrer Haare hinter die Ohren und sieht zu Boden, während ich grinsend stehen bleibe.

"Jetzt sind wir quitt, Malfoy."

"Ach wirklich? Denkst du im Ernst, dass ich schweigen werde, nur weil du mir diesen Aufsatz geschrieben hast? Da unterschätzt du mich aber ziemlich, Granger. Weißt du... Ich wollte schon lange einen eigenen Diener haben."

Geschockt sieht sie mich an und ich wette, wenn ich näher dran gestanden hätte, wäre ihre Hand schon lang in meinem Gesicht gewesen. Jetzt aber schaut sie mich einfach nur an und wird immer roter. Wütend schnaubt sie los.

"Traue nie einem Malfoy, das hätte ich gleich wissen müssen! Kauf dir doch einen Hauself, wenn du so dringend jemanden brauchst, der dir den Arsch abwischt!"

"Ein Hauself ist aber nicht so hübsch."

Was? Scheiße, verdammt! Das hab ich jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Ich muss dringend sehen, wie ich aus dieser Situation wieder heraus komme.

"Was?"

"Verarscht! Du denkst doch wohl nicht wirklich, dass ich ein Schlammblut hübsch finden würde. Aber du hast was im Kopf. Das ist sehr hilfreich. Ich will dich ab jetzt jeden Abend um die selbe Uhrzeit hier sehen, oder aber jeder wird dein Geheimnis erfahren."

Ohne noch ein weiteres Wort drehe ich mich um und gehe, obwohl Granger mir nachruft. Am Ende sind es nur noch wüste Beschimpfungen, die mir, immer leiser werdend, auf meinem Rückweg zum Gemeinschaftsraum folgen. Indem ich sie so unter Druck gesetzt habe, habe ich nun die perfekte Ausrede, um sie regelmäßig sehen zu können. Ich schaffe es einfach nicht dagegen an zu kommen und so kann ich dem Verlangen, sie zu sehen, nachgeben, ohne mich dabei wie ein Versager zu fühlen, denn immerhin benutze ich sie ja nur für meine Zwecke.
Niemand aus meiner näheren Umgebung könnte mir das übel nehmen, im Gegenteil: Mein Vater würde mir wahrscheinlich sogar noch beglückwünschend auf die Schulter klopfen, weil ich mir ein Schlammblut als Sklaven halte. Genau aus dem Grund hält sich auch mein schlechtes Gewissen bezüglich meiner Verliebtheit in Grenzen, als ich noch immer grinsend den Gemeinschaftsraum betrete und direkt weiter in den Schlafsaal gehe. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

Im Schlafsaal angekommen öffne ich die Rolle und lese mir den Aufsatz wieder und wieder durch. Fast schon zärtlich fahre ich mit den Fingern die einzelnen Buchstaben nach, die in ihrer schönen Handschrift verfasst sind. Eigentlich hatte ich vor den Aufsatz einfach so abzugeben, denn Snape ist die Handschrift sowieso egal. Ich überlege es mir jedoch anders und setze mich mit Feder und Pergament an den Tisch. Nach einer guten Stunde habe ich Alles eins zu eins abgeschrieben und stecke die Rolle mit Grangers Aufsatz in die Truhe an meinem Bett. Dort wird sie bleiben, auch wenn ich mich selbst langsam für bekloppt halte. Sentimentalitäten sind eigentlich nicht mein Stil, aber was ist schon normal, seit ich mich verliebt habe?

Amortentia und LibidoWhere stories live. Discover now