siebzehnter Juni, Tag des Apfelstrudels, oder: Chartreuse grün mit Zucker

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So Leute, ja, heute ist tatsächlich Tag des Apfelstrudels. Woher ich das weiß? Nun ja- Google...
Und ansonsten ist dieser Oneshot "Quasigeist" von Twitter gewidmet, die mir die Stichworte: "Zucker, Taschenkalender, grün" gegeben hat.


Und nun viel Spass!


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„Da steht's..." lallte Frodo und knallte seinen Taschenkalender auf den Tisch.
„Da Schteht's... siehste...hicks!"
Und er zeigte mit seinem Finger auf die Seite mit dem heutigen Datum. Tag des Apfelstrudels. Tatsächlich.
„Frodo," versuchte Flo zu intervenieren, aber da er auch schon reichlich angeheitert war, fehlte ihm die notwendige Durchsetzungskraft.
„Frodo, das heißt ja nun abber nich, dassss wir nun auch welchen ba... backen müssen."
„Doch!" motzte Frodo.
„Jenau dit heessst das. Und wennde mir nich... hhhee... helfen magst, denne mach ick ditte eben all... alleene."


Die Party war in vollem Gange, überall in den Räumen der Fewjar- WG waren Leute in mehr oder weniger beschwipstem Zustand, und Frodo hatte sich, jetzt, mitten in der Nacht, in den Kopf gesetzt, einen Apfelstrudel zu backen, als Nachtisch, oder Mitternachtssnack oder was auch immer.
Eigentlich gar nicht so eine schlechte Idee, und es war nun auch nicht so dass Frodo so etwas nicht konnte, aber mit reichlich Alkohol im Blut, und dann ein heißer Ofen... Flo fand das nicht gut und brachte das auch deutlich zum Ausdruck.
„Ick weeß jar nich, ob Felix dit jut findet, wenn wa einfach so an seinen Backofen jehen..."
„Hab ihn schon jefragt," konterte Frodo.
Verflixt. Nicht hilfreich.


„Außerdem, vielleicht ist ja jar nich allet da, was de brauchen tust..."
„Doch, hab ick schon jeguckt. Und allet jefunden."
„Mist."
„Na jut," sagte Flo. „Denn lass... mir dir aber helfen, ja?"
Frodo nickte und begann, Blätterteig aus der Tiefkühltruhe zu holen.
„Welcher Depp hat dit eijentlich erfun...erfunden?" fragte Flo genervt.
„Tag des Apfelsschru...Apfelsch..strudels? Die Amis, glob ick."
„Klar, wer auch sonst?" Flo grinste.
Frodo hatte angefangen, Äpfel zu schälen. Erstaunlicher Weise gelang es ihm ohne Wunden davon zu tragen.



Kurze Zeit später hatte er die Äpfel zerkleinert und mit Zucker und Butter angedünstet. Es roch soweit nicht schlecht.
Felix steckte den Kopf durch die Tür. Er wollte schauen, ob alles klar war, und wie es aussah, hatte Frodo alles im Griff.
Felix, der auch schon reichlich angetrunken war, konzentrierte sich, er wollte etwas sagen und das war gerade schon nicht mehr ganz einfach. Aber es gelang ihm, ein Wort, das reichte:
„Zimt!"
Frodo nickte.
„Haste Recht, Zimt und Appel ist ne jute Kombo."
Und er schmeckte die Apfelmasse mit besagtem Gewürz ab.
Dann kam noch mit Milch angerührtes Vanillepuddingpulver dazu. Kurz aufkochen lassen, fertig.
„Issn Ressept von...Oma," sagte Frodo. „Muss jetze abkühühülen."


Der Blätterteig war aufgetaut und Frodo rollte ihn aus. Erstaunlicherweise gelang auch das ohne größere Unfälle.
„Und nu," sagte er, „während das janze kalt wird, und der Ofen heiß, möcht icke noch n Schnn...Schnaps."


Flo riss die Küchentür auf und rief in Richtung Wohnzimmer, wo Musik und Gelächter zu hören war:
„Der Bäcker will nen Schnaps! Hopp hopp!"
Zwei Minuten später kamen Felix und Jako in die Küche.
Felix schaute Frodo ernst in die Augen und fragte mit einiger Anstrengung: „ZZZimt?"
Frodo nickte bedächtig.
Felix war fürs erste Zufrieden, und zog von dannen.


Jako hatte eine Flasche in der Hand.
Er war als einziger noch ziemlich nüchtern, denn er hatte heute einfach keine Lust auf Alkohol gehabt. Die Party war lustig, und er amüsierte sich über die angeheiterten Freunde.
Und er dachte an die Kopfschmerzen, die am nächsten Morgen kommen würden. Da seine Freunde selten etwas tranken und Alkohol in etwas größerer Menge nicht gewohnt waren (und das war gut so!), würden sie morgen früh alle recht ausgewachsene Kater mit sich herum tragen.
Er würde sich gemütlich zurücklehnen und breit grinsen.
Naja, und er wäre so gnädig, sie mit Kaffee zu versorgen. Man war ja schließlich nicht so.


Er holte zwei Gläschen aus dem Schrank.
„Was ist das eigentlich?" fragte Frodo, das seltsame grüne Zeug misstrauisch beäugend.
„Chartreuse grün. Kräuterschnaps," sagte Jako.
Die Flasche war fast leer, aha, jetzt war klar, was für den Zustand der meisten feiernden verantwortlich war. Normalerweise hatten sie so ein Zeug gar nicht im Hause. War ein Geschenk von wem auch immer gewesen.
„Schmeckt schauderhaft..." sagte Frodo.
„Mö... möchte trotzdem noch einen Schluck."
Jakob goss ein. Frodo und Flo wollten gerade anstoßen, da sagte Frodo: „Halt!"
„Wat denn nu, Frodo?"
„Meine Oma hat immer jesagt...." (Wie es aussah war Frodos Oma als Grund für alles mögliche gut...), „Scha... Schartrööö ... also den Kräuterschnaps kann man auch mit Sssucker trinken."
Er streute ein paar Krümel Zucker in die beiden Gläser und dann stießen sie an und kippten das Zeug hinunter.
Flos Gesichtsausdruck war... nun sagen wir ausdrucksstark.
„Baaaahhh so schmeckt dit Jesöff ja noch schlimmer..."
Frodo kicherte. Dann legte er den Arm um Flo, glitt in eine sitzende Position auf dem Küchenfußboden, wobei er Flo mit sich zog.
„Müde..." sagte er und schlief einfach ein. Flo sah zu Frodo, dann zu Jako, dann wieder zu Frodo, dann zuckte er mit den Schultern und schlief auch.


Jako grinste nur. Dann machte er den Apfelstrudel eben fertig, schob ihn in den Ofen und zog ihn zu gegebener Zeit wieder raus. Man will ja schließlich nichts verkommen lassen.


Am nächsten Morgen waren die Kater tatsächlich entsetzlich. Sie hatten allgemein die Größe von Säbelzahntigern und fauchten gar schröcklich.
Jako stand fröhlich pfeifend in der Küche und kochte Kaffee. Schwarz, stark und literweise.
Er hätte ja auch den Frühstücktisch gedeckt, so nett war man schließlich, aber außer ihm würde sich wohl jedem anderen in dieser Wohnung erst einmal schon beim Anblick von Essen der Magen umdrehen.
Also machte er nur für sich Frühstück. Er frühstückte Apfelstrudel, ja, das musste man Frodo lassen, der war ziemlich gut.


Was für eine Party dachte Jako.
Er pfiff weiter vor sich hin und war sich sicher:
Schnaps würde es auf ihren Parties so schnell nicht wieder geben.

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