《Kapitel 38》▪Claire▪

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Eine unbestimmte Zeit später, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte, flackerten die nackten Glühbirnen über unseren Köpfen und begannen schließlich wieder zu leuchten. Ich fragte mich, weshalb Maxim das Licht überhaupt anschaltete, da ich immer angenommen hatte, dass Vampire über eine ausgezeichnete Nachtsicht verfügten. Gleichzeitig freute ich mich auch darüber, denn in der Dunkelheit konnten Jess und ich natürlich nichts sehen.

Ich blickte zu Jess hinüber, die bestätigend nickte und ihre Hand mit dem geschärften Stück Plastik hinter dem Rücken versteckt hielt. Für den Fall, dass mein Plan nicht aufging, sollte Jess das Stück Plastik, welches früher ein Teil der mit Blut gefüllten Flasche gewesen war, zu ihrer Notwehr einsetzen. Doch jetzt mussten wir beide uns darauf konzentrieren, den Plan zu Ende zu bringen und Maxim die Schlüssel abzunehmen.

Es dauerte nicht lange, bis Maxim mir achtlos eine weitere Flasche Blut in die Zelle warf und anschließend Jess' Zelle öffnete. Mir hüpfte vor Aufregung das Herz fast aus der Brust, als ich sah, wie Maxim auf Jess zuging, die sich mühsam aufgerichtet hatte und sich an einem der Gitterstäbe festhielt, um nicht umzufallen. Stumm formten sich meine Lippen zu den Worten, die Jess gleich genau so sagen würde, wie wir es vorhin besprochen hatten.

„Er wird mich nicht am Leben lassen. Wenn Lestat kommt, um Claire zu töten, dann wird er auch mich töten. Und du wirst Jennevre zum zweiten Mal verlieren." Bei ihren letzten Worten deutete Jess auf sich, um zu zeigen, dass sie mit Jennevre sich selbst meinte, wie es Maxims verdrehten Vorstellungen entsprach. „Du musst also sowohl mich als auch Claire frei lassen, wenn du das verhindern möchtest."

„Netter Versuch. Möchtest du auch noch etwas Kaffee zu deiner täglichen Portion Blut serviert bekommen?", fragte Maxim im Plauderton, bevor er Jess plötzlich an die Wand drückte.


„Jetzt!", befahl ich an Jess gerichtet, damit sie das Stück Plastik benutzte. Wie ich es schon fast erwartet hatte, war Maxim nicht auf Jess' Einwand eingegangen. Doch wenn Jess ihm das Stück Plastik so tief wie möglich in den Hals rammte, dann würde er bestimmt für kurze Zeit außer Gefecht gesetzt sein. Eine kurze Zeit, in der Jess sich die Schlüssel schnappen und meine Zelle öffnen würde, damit wir beide von hier abhauen konnten.

Bltzschnell schoss Jess' Hand hervor. Nur den Bruchteil einer Sekunde schien Maxim verwirrt zu sein und fasste sich an das Stück Plastik in seinem Hals, doch dieser Bruchteil reichte, damit Jess ihn von sich schubsen und aus der Zelle rennen konnte.

„Mach schneller!",rief ich nervös, während Jess mit zitternden Fingern das Schloss zu der Zelle zuschloss und Maxim somit darin einsperrte. Dieser zog sich gerade das Plastikstück wieder aus seinem Hals, wobei Unmengen an Blut aus seiner Wunde und aus seinem Mund sprudelten. Dann verzogen sich seine Mundwinkel zu einem amüsierten Lächeln, als würde unser Fluchtversuch für ihn nur ein Spiel sein.

„Rennt nur, rennt nur. Lauft, so schnell euch eure sterblichen Beine tragen können", kommentierte er unsere Flucht, nachdem Jess auch meine Zelle geöffnet hatte und wir beide den Gang entlang liefen. Ohne uns noch einmal umzudrehen, stürmten wir eine gewundene Treppe hinauf und lehnten uns anschließend von außen gegen die schwere, hölzerne Tür, deren eisernen Riegel wir schnell verschlossen hatten.

„Los, wir müssen weiter." Obwohl ich vor Anstrengung prustete und mein Herz wild klopfte, zwang ich mich, mich von der Tür abzustoßen und mich in dem Raum umzusehen, in dem wir uns gerade befanden. In der steinernen Wand war ein Kamin eingelassen, gleich daneben ein sehr alt aussehender Ofen. Der riesige Tisch in der Mitte des Raumes und die Arbeitsplatten an den übrigen Wänden waren morsch und mit Pilz überwachsen. Insgesamt wirkte die große Küche mächtig – und sehr, sehr alt, als würde sie aus dem Mittelalter stammen.

„Ich kann nicht mehr", murmelte Jess neben mir und presste sich ihre Hände gegen den Kopf. „Es tut so weh. Die Kopfschmerzen werden immer schlimmer, wenn ich etwas tue, was ihm nicht gefällt."

„Komm schon, Jess. Du musst durchhalten!" Ich nahm sie in den Arm und führte sie so durch die Küche, bis wir das angrenzende Esszimmer – oder was davon übrig war – erreicht hatten. Auch hier waren die Möbel von einer grünlichen Schicht überzogen und die Stoffe an den Wänden von Motten weggefressen. So schnell, wie Jess gehen konnte, zog ich sie mit mir durch den langen Esssaal und hoffte, dass wir bald einen Ausgang finden würden. Auf einmal klappte Jess neben mir zusammen und fiel auf den mit Staub bedeckten Boden.

„Ich kann nicht mehr!", jammerte sie. Ich ging neben ihr in die Hocke und sah ihr in ihre tränenverschmierten Augen.

„Ich weiß, dass es anstrengend ist und du furchtbare Kopfschmerzen hast. Keine Sorge, es wird nicht mehr lange dauern, bis wir den Ausgang gefunden haben. Ich wette mit dir, dass er bestimmt hinter der nächsten Tür dort ist", versuchte ich, Jess aufzumuntern, obwohl ich ahnte, dass wir noch länger brauchen würden, um den Ausgang zu finden. Dieser Ort hier war so groß wie ein verdammtes Schloß.

„In Ordnung. Bis zur nächsten Tür." Ich half Jess, bis sie wieder auf ihren Füßen stand, bevor weiter zu der Tür gingen.

„Wir müssen uns beeilen, Jess. Maxim wird sicher gleich hinter uns her sein." Ich hatte das ungute Gefühl, dass das hier zu einem Katz – und –Maus – Spiel werden würde, wenn wir uns nicht beeilten.

„In Ordnung." Wir verfielen in ein schnelleres Tempo und fingen schließlich an zu laufen. Am Ende des Saals rannten wir so schnell, dass wir beinahe in die Tür hineingerannt werden, hätte ich sie nicht rechtzeitig geöffnet. Mit einem letzten Blick über die Schulter verließ ich den Saal und rannte in einen großen, blondhaarigen Mann hinein, der einen langen, dunkelgrauen Trenchcoat trug.

Sein Haar war eher weiß als blond und genauso hell schien auch seine Haut zu sein, die keinen einzigen Makel aufwies. Nur seine Augen strahlten in dem dunkelsten Rot, das ich jemals gesehen hatte. „Hallo, du musst Claire sein. Mein Name ist Lestat. Sollen wir?"

Eine Nacht mit einem Vampir Where stories live. Discover now