《Kapitel 29》

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James

Aufgeregt wippte Claire mit den Füßen auf und ab. „Siehst du sie schon?"

„Obwohl ich bedeutend größer bin als du, nein", antwortete ich und blickte grinsend zu der Sterblichen hinunter. Sie schnitt mir kurz eine Grimasse, bevor sie sich wieder zum Ausgang des Terminals drehte und gespannt auf ihre Familie wartete.

Da ich wirklich um einiges größer war als sie, entdeckte ich ein paar Minuten später die Frau mit dem strengen Kurzhaarschnitt und den Mann, dessen freundliches Lächeln ihn augenblicklich sympathisch erscheinen ließ, zuerst. Hinter dem Ehepaar war der lockige Kopf eines Jungen im Teenageralter zu sehen, der Claire bis auf die Tatsache, dass er männlich und ein paar Jahre jünger war, zum Verwechseln ähnlich sah. Ich beugte mich zu Claire hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich sehe was, was du nicht siehst - und das ist deine Familie, die gerade den Terminal verlässt."

Die letzten Worte gingen in Claires aufgeregtem Freudenschrei unter, als sie ihre Eltern selbst entdeckte und auf sie zulief. Ihr Vater fing sie mit ausgebreiteten Armen auf, danach zog er auch ihre Mutter mit in die Umarmung. Zu dritt standen sie da und wirkten so vollkommen und glücklich, dass ich sie nicht stören wollte. Doch das musste ich auch gar nicht; denn der lockenköpfige Junge, dem die Szene seiner Familie peinlich zu sein schien, räusperte sich und unterbrach die Umarmung. Claire lachte und verwuschelte ihm seine Haare, die dieselbe braun goldene Färbung wie ihre eigenen hatten, bevor sie ihn kurz an sich drückte. Dann schleifte sie ihren missmutig gelaunten, kleinen Bruder hinter sich her und kam auf mich zu.

„Wenn ich vorstellen darf", sie zog den Teenager vor sich, „das hier ist mein Bruder Matthew. Und das sind meine Mom und mein Dad."

„Matthew, Mr und Mrs Demont", begrüßte ich sie und dachte an den Abend zurück, als ich Claire mit dem Tod ihrer Familie gedroht hatte, falls sie nicht das tun würde, was ich ihr sagte. Zum Glück erinnerte sich die Sterbliche im Moment nicht daran, doch ich würde es wohl nie vergessen. Etwas verlegen räusperte ich mich. „Mein Name ist James Hunter."

„Ich weiß schon, wer Sie sind – in keinem meiner Wirtschaftsmagazine ist Ihr Name unerwähnt geblieben." Die kühle, aber dennoch einnehmende Stimme von Claires Mutter stand im Kontrast zu dem herzhaften Lachen ihres Vaters.

„Aber Annie, lass uns doch nicht gleich zu Beginn mit der Tür ins Haus fallen – die Aktienkurse können wir auch nachher beim Essen noch besprechen. James, helfen Sie mir beim Abholen und Verladen des Gepäcks?"

Also half ich eine halbe Stunde später Mr Demont dabei, das schwere Gepäck in den Kofferraum eines Leihwagens zu hieven. Normalerweise hätte ich einfach Victor beauftragt, abends das Gepäck abzuholen und zu verladen, aber Claire hatte darauf bestanden, dass ich mich einen Tag lang „normal" verhalten und wie ein Mensch leben sollte. Also hatte ich meinen Audi zuhause stehen lassen und auch mein übliches Outfit gegen ein einfaches, schwarzes T-Shirt und schwarze Jeans getauscht. Vielleicht lag es daran – und an der Sonnenbrille, die meine Augen vor der Sonne schützen sollte -, dass mich die Menschen am Flughafen nicht erkannten.

„Ganz schön schwer", stöhnte Mr Demont, als er eine besonders große Reisetasche hochhob und in den Kofferraum laden wollte. Ich nahm sie ihm ab und tat so, als würde es mir auch schwer fallen.

„Danke, James", gab Mr Demont in einem beiläufigen Ton von sich. Dann sagte er gerade heraus: „Claire ist meine einzige Tochter. Für mich wird sie immer das kleine Mädchen bleiben, das ich beschützen muss. Ich würde niemals zulassen, dass ihr etwas passiert."

„Ich auch nicht, wenn es das ist, was Sie wissen wollen", antwortete ich auf seine unausgesprochene Frage. Mr Demont nickte nur und schloss den Kofferraum, doch ich verstand, was er mit seiner Frage bezwecken wollte. Es war die einfache Frage eines Vaters, der seine Tochter über alles liebte, an einen Mann, der genau diesem Wesen wehtun könnte. Was Claires Vater aber nicht wusste, war, dass ich eine ständige Bedrohung für Claire darstellte.

Eine Nacht mit einem Vampir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt