Fighting Cameron

Tapfer

Ich war so überrumpelt, dass ich das  Gleichgewicht auf dem schmalen Rand der Badewanne verlor und in sie fiel. Entsetzt starrte ich Maggie an, die meinen Blick unter Tränen erwiderte.
"Wie, echt jetzt?", fragte ich und hoffte, dass sie mich nur verarschte. Auf jeden Fall musste ich mir dringend etwas einfallen lassen. Dringend.
"Seh ich so aus, als würde ich lügen?", zischte sie und schluchzte dann. Gott, war sie launisch. Aber wer konnte es ihr verdenken. Wenn ich von Cam schwanger wäre, dann würde ich Morde begehen. Okay, Moment. Diesen Gedanken musste ich ganz schnell wieder loswerden. Schwanger? Von Cam? Das sollte und durfte nicht in einem Satz vorkommen. Niemals. Ich hatte zwar zugestimmt, aber was war schon ein Date? Nicht die Welt und schon gar nicht ein Zugeständnis.
"Was machen wir denn nun?", fragte ich Maggie und sie krabbelte zu mir in die Badewanne. Ich schlang die Arme um sie und sie schluchzte noch heftiger.
"Ich weiß es nicht, Jules. Ich brauche wirklich deine Hilfe", jammerte sie und ich lehnte meinen Hinterkopf gegen die kühlen Fliesen an der Wand.
"Die bekommst du doch schon, Maggie", flüsterte ich und strich ihr über den Kopf. Sie war so eine Frohnatur, deshalb schmerzte es besonders, sie so zu sehen.
"Wie konnte mir das nur passieren? Ich bin nicht so ein Mädchen", murmelte sie und ich seufzte. Jedem konnte das passieren. Jedem. Es war egal, woher du kamst. Wenn du ein Mädchen bist, dann kann dir das passieren. Doch das sagte ich ihr nicht. Sie war nicht dumm, sie wusste es selber. Also schwieg ich und starrte auf ihre roten Locken. Einige klebten an ihrem tränennassen Gesicht und verdeckten die Spuren, die Tränen und Mascara hinterlassen hatten.
"Also, wann hast du mit Brody... na...du weißt schon", setzte ich an und sie kuschelte sich weiter an mich. Mein weißes Top war an diesen Stellen sicher alles andere als weiß, aber das konnte ich ihr vergeben. Wenn sich mich anlog, dann könnte ich das nicht.
"Worauf willst du hinaus?"
"Ich möchte nur wissen, wann ihr...Wann ihr euch dazu entschieden habt Matratzensport zu betreiben", sagte ich und verdrehte die Augen. Klar war es schwer für sie, aber ich hing nun mit drinnen und hatte deshalb das Recht alles zu erfahren.
"Das läuft schon ein wenig länger. Nach dem Footballspiel, da wo Brody Cam von Will entfernt hat... Danach hat er mich gefragt, ob wir mal was unternehmen wollen. Ein paar Tage später ist es dann einfach so passiert. Und jetzt bin ich schon zwei Wochen drüber", murmelte sie zaghaft und ich zuckte zusammen.
"Das ist ja schon MONATE her", rief ich und schüttelte mit dem Kopf.
"Jules, ich weiß wie sich das anhören mag...aber du und Cam, ihr habt selber solche Probleme... und das mit Brody ist nicht mal was Festes", versuchte sie zu erklären. Ich war überhaupt nicht wütend, ich war verletzt. Wo ich ihr doch mein Leben in einer Spur auskotzte, erzählte sie mir nicht mal, dass sie was mit Brody hatte. Da fiel mir noch etwas ein. Ängstlich schlang ich die Arme stärker um sie.
"Nimmst du... hast du...", begann ich, doch brach ab. Sie zog ihre Nase hoch und lehnte sich weiter gegen mich.
"Was ist los, Jules? Du bist doch sonst auch nicht auf den Mund gefallen", meinte sie und ich fasste mir ein Herz.
"Hast du Drogen mit ihm zusammen genommen?", fragte ich und fürchtete mich vor der Antwort. Maggie begann traurig zu lachen und ich runzelte die Stirn.
"Eine drogensüchtige Teenager-Mom. Das wäre doch mal was", murmelte sie und ich verdrehte die Augen.
"Maggie, hast du?"
"Gott, nein", seufzte sie und ich atmete erleichtert aus. "Hey, hast du etwa so wenig Vertrauen in mich?"
"Du bist schwanger, Maggie!" Sie war nicht in der Position mir Vorwürfe zu machen.
"Vielleicht schwanger", stellte sie klar und legte ihr Kinn auf meinen Arm. Wir hatten höchstens noch zehn Minuten bis zum Abendessen und wir mussten heute noch was unternehmen. Sonst würden wir beide durchdrehen.
"Weiß Brody davon?", hakte ich nach und sie schüttelte mit dem Kopf. Bitter lachte ich auf. Natürlich nicht.
"Was soll ich ihm denn deiner Meinung nach erzählen? Tut mir leid, aber dein Leben ist in neun Monaten komplett versaut, weil wir zu dumm waren ein Kondom zu benutzen?", zischte sie und schüttelte mit dem Kopf.
"Nein, aber...",meinte ich, doch selbst mir fiel kein schlauer Rat ein. Mir fehlten schlicht und einfach die Worte.
"Oh Jules, in was bin ich da nur rein geraten?", fragte sie und seufzte.
"Willst du das Baby behalten?", stellte ich eine Gegenfrage und zuckte zusammen, als sie sich ruckartig aufrichtete.
"Was?"
"Komm schon, du kannst mir doch nicht erzählen, dass du noch nicht darüber nachgedacht hast", bemerkte ich gereizt und zog die Augenbrauen zusammen. Sie biss sich auf die Lippe und sah so gequält dabei aus, dass ich meine Worte am liebsten zurückgenommen hätte.
"Ich kann das nicht", flüsterte sie und ich nickte.
"Ich weiß, Maggie. Ich weiß." Nach ein paar Sekunden voll Schweigen kam mir schließlich eine Idee.
"Wir fahren in Krankenhaus. Das ist hier gleich um die Ecke. Wenn du dann die Gewissheit hast, dass du schwanger bist, dann können wir uns immer noch was überlegen", schlug ich vor und sie lächelte.
"Meinst du?"
"Na klar!"
Sie wischte sich energisch die Tränen von den Wagen und kletterte aus der Wanne.
"Na dann mal los", rief sie und grinste. Ich wollte gerade etwas erwidern, als Susan an die Tür klopfte.
"Ist bei euch alles in Ordnung?", fragte sie und ich öffnete genervt die Tür.
"Willst du dich selber überzeugen?"
"Jules", brummte Maggie und ich verdrehte die Augen.
"Ja, es ist alles okay. Danke der Nachfrage", antwortete ich und lächelte schief. Susan strich sich durch ihre braunen Haare.
"Wir müssen gleich zum Essen", meinte sie und ich unterdrückte ein Stöhnen.
"Wirklich?", fragte ich sie sarkastisch und kreuzte meine Beine. Susans Blick fiel auf Maggie im Hintergrund und dann wieder auf mich.
"Maggie, ist echt alles okay?"
"Hast du etwa Watte in den Ohren? Es ist alles in Ordnung", zischte ich und Maggie nickte.
"Mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns beim Essen", sagte sie und lächelte tapfer. Das musste sie jetzt auch sein: Tapfer.