Probleme

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"BITTE?", kreischte ich auf und versuchte meinen Herzschlag zu beruhigen. Sein Dad war seit drei Jahren nicht mehr in Person aufgetaucht und nachdem er bei der Armee gewesen war, als Cam noch ein Baby war, hatte er sich immer mehr distanziert.
"Er ist wieder da", wiederholte er und kaute auf seiner Lippe.
"Ich hab dich schon verstanden. Aber...wow... was machst du denn nun?", fragte ich ihn und mein Magen vollführte einen Salto nach dem anderen. Cameron lachte bitter auf und lehnte sich weiter gegen das Sofa.
"Weiß ich nicht. Ich weiß es ehrlich nicht. Er...er war so lange weg und hat sich nie wirklich für mich interessiert.  Und jetzt ist er wieder da. Wie soll das erst für meine Mum sein? Verdammt, er hat wohl sogar ein junges Mädchen dabei. Wenn das seine Freundin ist, dann nehme ich mir einen Strick und geh mich erhängen. Die ist so alt wie wir, Jules!", sprach er aufgelöst und ich umarmte ihn kurz. Vielleicht wurde aus uns kein Paar, aber ich mochte ihn sehr und wollte ihn trösten.
"Ich bin immer für dich da, okay?", flüsterte ich und er lachte wieder auf.
"Na klar, du willst ja nicht mal auf ein Date mit mir", erwiderte er und sein ganzer Körper strahlte Sarkasmus aus. Sofort reagierte ich darauf, wenn auch unbewusst, rückte von ihm ab und stand auf.
"Das ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür", stellte ich klar und meine Stimme war wieder emotionslos. Ich hörte mich genauso an wie meine Mutter. Super. Er fuhr ebenfalls hoch und ahmte meine Haltung nach.
"Wann ist dann der richtige Zeitpunkt dafür?", knurrte er und ich musste mich ermahnen ihm keine runterzuhauen. Cameron war gerade nicht er selbst. Wenn die Emotionen aufhörten in ihm zu wüten, dann würde er schon zu sich kommen.
"Nicht wenn du so aufgebracht bist und schon gar nicht auf einer Kursfahrt", entgegnete ich und hob eine Augenbraue. Cameron fuhr sich frustriert durchs dunkle Haar und schien dann eine neue Idee zu haben.
"Zuhause aber schon?" Lächelnd tätschelte ich ihm die Schulter.
"Ja, Zuhause schon", sagte ich und schnappte meine Tasche.  Wieso sollte ich mich weiter zieren? Es war wirklich unnötig noch weiter dagegen anzukämpfen. Ich mochte ihn und er mochte mich. Date. Ganz einfach und simpel.
"Was? Ehrlich?", rief er und ich ging von ihm weg. "Jules!" Ich zuckte mit den Schultern, lachte und winkte Mr Ford zu, der uns interessiert beobachtete. Seine "Freundin" musste abgelöst worden sein, denn eine Frau, die wie Fräulein Rottenmeier aussah tippte aggressiv auf einer Tastatur herum.

Mit klopfendem Herzen betrat ich unser Zimmer und steckte den Kopf vorsichtig durch die Tür. Susan saß auf ihrem Bett und las, während Maggie mit geschlossenen Augen über Kopfhörer Musik hörte. Wortlos schmiss ich meine Tasche auf einen Stuhl neben meinem Bett und begann es zu beziehen. Maggie schien zu schlafen und Susan warf mir nur ab und zu seltsame Blicke zu. Die blöde Kuh sollte mal was sagen, dann würde sie was zu hören bekommen. Ich ging mit langen, selbstbewussten Schritten ins Badezimmer. Auch wenn mir das ganze Chaos hier nahe ging, wollte ich diese Schwäche nicht zeigen. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, seufzte ich und stützte die Hände aufs Waschbecken. Meine Augen waren groß und die Pupillen durch das helle Licht klein. Irgendwie sah ich nicht nur traurig sondern auch erschöpft aus. Das hatte ich so an mir: Bei Streit wurde mein persönlicher Akku sofort ausgelutscht. Was sollte ich jetzt mit Maggie anfangen? Wir waren Freunde und ich wollte diese Freundschaft nicht aufgeben, nur weil ich zu stolz war. Auf der anderen Seite hatte ich nichts falsch gemacht. Ohne Grund war sie mir einfach über den Mund gefahren.
Ein leises Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ich hob den Kopf und wandte den Blick zur Tür. Maggie öffnete sie und biss sich auf die Unterlippe. Auch sie wirkte besonders blass.
"Kann ich kurz mit dir sprechen?", fragte sie und schaute mich flehend an. Wer war ich um Nein zu sagen.
"Klar", antwortete ich matt und setzte mich auf die geschlossene Toilette. Sie nahm gegenüber von mir auf dem Badewannenrand Platz und knetete nervös ihre Hände.
"Es tut mir so leid, Jules. Ich wollte keinen Streit", sagte sie leise und starrte auf ihre Hände.
"Und doch hast du einen angefangen", erwiderte ich und musterte ihr niedliches Gesicht.
"Ich bin nur gereizt. Können wir uns nicht wieder vertragen?"
"Mir tut's auch leid. Aber komm schon, da ist doch ein Grund für deine Laune", setzte ich an und verschränkte die Arme unter der Brust. Vielleicht mochte ich aggressiv wirken, aber ich wollte eine Erklärung.
"Du darfst es aber niemandem erzählen", forderte sie und hielt mir ihren kleinen Finger hin. Skeptisch blickte ich zwischen ihrem Gesicht und ihrem Finger hin und her.
"Ich verspreche es", meinte ich, doch sie hielt mir ihren Finger weiter unter die Nase.
"Fingerschwur!"
"Was, sind wie jetzt wieder in der dritten Klasse?"
"Fingerschwur!", wiederholte sie und ich hakte meinen Finger ein. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte ich sie an und schürzte die Lippen. Maggie wandte sich von mir ab und raufte sich die Haare. Dabei sah sie aus, als stünde sie in einem Windkanal.
"Maggie, komm schon. So schlimm kann es doch nicht sein", sagte ich und kreuzte meine Knöchel. Was war denn nur mit den Menschen in meinem Leben los? Überall war die Kacke am dampfen, doch ich bekam erst auf den letzten Drücker davon mit.
"Es ist mir so peinlich. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das Problem wirklich existiert", meinte sie und seufzte. Ich setzte mich besorgt neben sie und legte eine Hand auf ihrer schmalen Oberschenkel. Durch das kleine Fenster im Badezimmer fiel bereits das Licht der Abenddämmerung und es war nur noch eine halbe Stunde bis zum Abendessen. Auf der Hälfte ihres Gesichts lag ein Schatten und ihre bedrückt Mine wirkte noch düsterer. Gedankenverloren fummelte sie an den Fransen ihrer Lederweste rum und wackelte mit den Zehen.
"Maggie, ich kann dir nicht helfen, wenn ich nicht weiß, worum es geht", meinte ich und sie schaute an meiner Schulter vorbei.
"Ich glaube ich bin von Brody schwanger."

Fighting Cameron Where stories live. Discover now