Queen-Bee

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Schule. Die Schule ist so ein Mysterium, das viele Menschen an ihre Grenzen treibt. Zwischen Fächern wie Mathe und Englisch hat man nämlich noch mit so Kleinigkeiten wie Freundschaften, Jungs und den Mean Girls jeder normalen High-School zu kämpfen.
Am Morgen meines ersten Schultags auf der neuen Schule konnte ich mich nicht entscheiden, was ich tragen sollte. Jeder würde mich ansehen. Ich wäre die Banane in einem Käfig voller Affen, ich war das Objekt aller Aufmerksamkeiten. Sollte ich mich lieber schlicht kleiden und damit signalisieren, dass ich keinen Ärger wollte oder sollte ich meinen Standardlook anziehen und damit quasi brüllen: "Werdet grün vor Neid, Bitches!"?
Ich wusste nicht, wie die Landeier auf mich reagierten, also zog ich zu einem coolen roten Jumpsuit flache Schuhe an. Ich meine, wir wollen es ja nicht übertreiben.
Tatsächlich brachte Ren mich und Cameron zusammen zur Schule. Übertrieben umständlich versuchte ich den Truck zu erklimmen, da hatte Cam die Nase voll und hob mich kurzerhand auf meinen Sitz.
"Als Gott Körpergröße verteilt hat, warst du wahrscheinlich shoppen", bemerkte er und ich drehte mich zu ihm um. Er saß breitbeinig auf der Rückbank und drehte Däumchen.
"Ach ja? Und du warst dich wahrscheinlich mit den Nutztieren vergnügen, als er Intelligenz ausgab." Er funkelte mich böse an.
"Du bist so blond." Sollte das jetzt etwa wehtun?
"Und du hast schwarze Haare. Na und?" Seufzend lehnte er den Kopf gegen die Rückenlehne und schloss die Augen.
"Du treibst mich noch in den Selbstmord", murmelte er und ich grinste. Tatsächlich quälte ich ihn gerne.
"So Kinder. Los geht die Fahrt", flötete Renald und stieg auf den Fahrersitz. Cams Blick traf auf meinen und in seinen Augen spiegelte sich die gleiche Abneigung wieder, wie in den meinen.
"Du weißt schon, dass wir beide einen Führerschein haben, oder?", fragte Cameron und sprach mir aus der Seele. Ren warf einen Blick in den Rückspiegel.
"Ja, aber Rachel hält es für sicherer, wenn ihr gefahren werdet. Safety First." Cameron stöhnte auf und ich lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe.
"Ich bin auch kein großer Fan von ihr." Renald hustete auf. "Oh nein, wirst du krank?", fragte ich an ihn gewandt und verzog übertrieben mitfühlend das Gesicht. Er ging nicht weiter drauf ein.
"Wenn deine Mum dich so nervt, warum bist du dann hier?", erklang Cams Stimme vom Rücksitz. Ich schaute stur aus dem Fenster und sagte:" Weil meine Mutter Lügen über meinen Dad erzählt hat und das Gericht ihr deshalb das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen hat."
"Bitter."
"Du sagst es."
Der Rest der Fahrt verging ereignislos und als ich aus dem Truck sprang, war ich mir sicher, dass der Tag nur noch besser werden würde. Nach dem provisorischen Vorstellen im Sekretariat, war ich auf den Weg zu meinem ersten Unterricht. Geschichte. Sterbenslangweilig, aber easy für mich. Es war noch kein Lehrer im Raum, allerdings waren die meisten Plätze schon besetzt. Ich suchte mir einen Tisch in der mittleren Reihe und packte meine Unterlagen aus. So schwer konnte der Stoff auf dieser Landschule schon nicht sein. Ich meine, kommt schon: Wir mussten sogar zum Postamt fahren, um unsere Post abzuholen, da sie die Briefe und Päckchen nicht nach Hause lieferten. Ich fühlte mich ja jetzt schon wie im Mittelalter, wie sollte da erst die Schule sein?
Ein Mädchen mit roten Locken, Sommersprossen und grünen Augen setzte sich neben mich. Sie grinste breit und hielt mir die Hand hin.
"Howdy, na wenn du nich' neu bist", begrüßte sie mich und ich erwiderte ihren Handschlag. Er war fest und ziemlich stark, für so ein zierliches Mädchen. Allerdings brachte ihr das schonmal Pluspunkte bei mir ein. Sagt man nicht, dass man vom Handschlag des Menschen viel über den Charakter erfuhr?
"Uiii, Südstaaten, oder?", fragte ich sie und grinste. Sie fasste sich strahlend an die Stirn und antwortete:" Yes, Ma'am. Oklahoma." Sie hatte diesen Singsang in der Stimme, der allen Südstaatlern gegeben war und ich mochte sie immer mehr.
"Ich bin Jules", stellte ich mich vor.
"Maggie O'Hare. 'ber wo kommst du denn her?" Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und betrachtete sie, wie sie ungeduldig zu beben schien.
"New York."
"What to the fuck", rief sie aus und einige Schüler drehten sich nach uns um. Ich grinste ihnen zu und konzentrierte mich dann wieder auf Maggie.
"Deine Familie ist bestimmt irisch." Sie nickte.
"Du bist aus New York. Halten wir alle kurz inne und denken darüber nach. Du bist aus New York nach Falling Stars gezogen. Bist du bescheuert?" Sie gestikulierte wild mit den Händen und am liebsten hätte ich ihr eine Valium verpasst, wenn sie nicht so verdammt witzig gewesen wäre.
"Nicht ich, aber meine Mum. Sie ist zu ihrem Verlobten Renald Johnson gezogen. " Maggies Gesichtszüge entgleisten und ich wollte sie gerade fragen warum, da kam Cameron durch die Klasse geschlendert und nahm hinter mir Platz. Genervt drehte ich mich um.
"Was machst du denn hier?", fragte ich und rutschte mit meinem Stuhl an ihn ran.
"Sitzen", gab er zurück und tippte mir mit einem Stift gegen die Stirn. Ich schlug seine Hand weg und funkelte ihn böse an. "Denk an die Falten." Dafür zeigte ich ihm den Finger. Der Lehrer betrat den Raum. Mr Ford hatte leider absolut gar nichts mit der Automarke oder etwa Harrison Ford zutun. Stattdessen trug er einen Anzug, hatte eine Glatze, eine Rundbrille und sprach, als hätte er die letzten 40 Jahre geschwiegen. Deutsche Geschichte war das Thema und natürlich gab es wie in jeder Klasse ein paar Idioten, die den Nazi-Gruß machten. Und dann gab es da diese Bitches, die darüber wie blöde kicherten. Ich verdrehte nur die Augen und sah zu Maggie, die genervt zu mir rüber schaute. Cameron bohrte mir mit seinem Stift in den Rücken und ich drehte mich um.
"So wird das die ganze Stunde weitergehen. Willst du nicht lieber nach Hause gehen." Pah.
"Netter Versuch." Er grinste mich schief an und zupfte an einer meiner Strähnen.
"Ms Summers? Von wann bis wann herrschte der 2. Weltkrieg?", fragte mich Mr Ford und ich ruckte herum. Ein paar Mädels lachten schon spöttisch. Die gingen davon aus, wenn sie es nicht wussten, dann wusste ich es auch nicht. Falsch gedacht.
"Von 1939 bis 1945, Sir." Er lachte mich an und rief Britney George auf.
"Von wann bis wann fand der 1. Weltkrieg statt, Ms George?" Sie hatte eben am lautesten gelacht und wickelte sich nun eine Haarsträhne um den Zeigefinger.
"Zu lange, Mr Ford." Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Dieses Mädchen war eine Herausforderung.
"Das stimmt. Aber nennen Sie mir doch die Daten." Sie blieb stumm, das 1000 Watt Strahlen auf ihrem geschminkten Gesicht erblasste.
"Von 1914 bis 1918", beantwortete ich seine Frage und zwinkerte Britney spöttisch zu. Dämliche Kuh.
"Ausgezeichnet, Ms Summers. Ausgezeichnet."

Nach der Stunde stand ich mit Maggie und ihrer Freundin Susan vor meinem Spind und ließ mir Geschichten über die Schüler erzählen. Wir tratschten dabei nicht, sondern erörterten nur Tatsachen. Ganz ehrlich.
"Also, Britney George und ihre beiden Schoßhündchen Joyce und Lucy sind die Schlimmsten. Jeder Junge wird von ihnen eingesponnen und dann bei lebendigem Leibe aufgefressen. Und die anderen Mädchen werden mit Gerüchten zu Außenseitern. Britney ist qausi die Queen-Bee und heißt schließlich nicht umsonst George mit Nachnamen. Ihr wisst schon: Regina George aus Mean Girls?", erzählte Susan gerade, als besagte Clique vor mich trat.
"Du denkst, du bist cool", zischte Britney. "Bist du aber nicht."
"Genau", fiel Lucy ein.
"Gib's ihr, Brit", rief Joyce.
"Nee, ich bin einfach nur bildhübsch", sagte ich und lächelte süßlich. Britney tippte mir gegen den Solarplexus.
"Ich mache dein Leben zur Hölle auf Erden, wenn du dich nicht unterordnest!" Ich reckte ihr mein Kinn entgegen und sagte:" Na dann hol schon mal die Streichhölzer."

Fighting Cameron Where stories live. Discover now