t w e n t y f i v e

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,,Lass uns frühstücken gehen.", meinte ich, um Scarlett aus ihrer Melancholie zu holen.

,,Gut.", sagte sie knapp, ,,ich mach mich grade noch fertig."

Also setzte ich mich auf mein Bett und wartete auf Scarlett, die schon nach ungefähr zehn Minuten erschien und fertig angezogen, frisiert und geschminkt war.

,,Okay, wir können. Meinst du ... meinst du, wir könnten runterfliegen? ", bat sie mich, beschämt zu Boden schauend. Etwas überrascht bejahte ich ihre Frage und wies sie an, auf meinen Rücken zu steigen und sich an meinem Hals festzuhalten. Sie tat, was ich ihr befohlen hatte und wir gingen zum immer noch geöffneten Fenster.

Hoffentlich würde es funktionieren. Ach was, ganz sicher würde es funktionieren. Mit Rose hatte es ja auch geklappt.

Also sprang ich - vorsichtig - aus dem Fenster und Scarlett entfuhr ein kleiner Angstschrei, aber ohne Grund. Wir segelten gemächlich auf den Boden des Innenhofs hinunter, wobei wir uns viele erstaunte Blicke unserer 'Mitschüler' einfingen. Ich versuchte, mein Pokerface zu bewahren, weil es einfach cooler war, als zu einem spektakulären Auftritt herumzualbern. Anscheinend hatte Scarlett den gleichen Hintergedanken wie ich, denn auch sie verzog keine Miene, während alle uns anstarrten als wir zu zweit in die Halle kamen. Scarlett marschierte entschlossen auf einen Tisch zu und setzte sich neben eine Gruppe aus Jungs und Mädchen, die ungefähr in unserem Alter waren. ,,Hey, Scarlett. Was hast du uns denn da für ein Schneckchen mitgebracht?", fragte er mit einem anzüglichen Grinsen.

Das brünette Mädchen mit Brille, was neben ihm saß, stupste ihm mahnend den Ellenbogen in die Seite, doch er ignorierte es.

Scarlett hatte nur einen beiläufigen Blick für ihn übrig. ,,Hallo, Jasper.", sagte sie, bereits jetzt mit einem genervten Unterton in der klaren Stimme. Ich blickte in die Runde und sah außer Jasper und seiner Sitznachbarin nur noch einen anderen Jungen mit blonden Haaren und Brille. Scarlett stellte sie mir der Reihe nach vor. sie zeigte auf Jasper und sagte: ,, Dieser reizende Junge Mann ist Jasper, seine Sitznachbarin ist Emily. und dieser Junge hier,", sie klopfte dem bis dato namenlosen blonden aufmunternd auf die Schulter, ,,ist Darren. und sie hier ist Zoe.", sagte sie mit einer Handbewegung zu mir.

alle vier begrüßten mich herzlich, da hatte Scarlett ich auch schon am Arm gepackt und mit ausgehungertem Blick aufs ausladende Frühstücksbuffet zugezogen. Sie belud sich einen Teller mit Toast, Marmelade, Nutella, Käse, Obst und eine Schale mit Cornflakes.

Ich schlendere am Buffet auf und ab und holte mir Wurst, Toast und Müsli. dann ging ich zurück zum Tisch von Scarlett und ihren Freunden. Gerad als ich mich setzte, schnappte ich einen Gesprächsfetzen, der von Scarlett kam, auf. ,, ... fliegen, echt Krass. Als ich mich auf meinen Stuhl fallen ließ. starrten mich alle an, und die Brünette, Emily, fragte bewundernd: ,,Und du kannst echt die Schwerkraft beeinflussen und fliegen und alles?" Ich nickte nur, da ich gerade an meinem Toast kaute, und sie hauchte ,,Krass."

Ich zuckte mit den Schultern und kaute weiter.

Die anderen drei wandten jetzt auch die Augen von mir ab, und in die peinliche Stille hinein sagte ich: ,,Ist aber ... ziemlich geiles Essen hier. Ist das Mittag- und Abendessen genauso gut?"

Synchrones Nicken von allen Seiten.

Das drückende Schweigen hielt an, doch bald nahmen sie wieder ihr Gespräch auf, beziehungsweise sie fingen ein neues an, da es davor ja um mich gegangen war.

,,Was habt ihr heute für Kurse?", wollte Liv wissen. Allen gaben ihren Senf dazu und ich wusste nichts zu sagen, ich wusste ja nicht einmal, was es für Kurse gab. Liv, offenbar die freundliche und hilfsbereite hier im Bunde, fragte mich freundlich, ob ich denn schon wisse, was ich für Kurse habe, und das Chris sie mir sicher bald erklären würde.

Ich wollte gerade Antworten, da tippte mir jemand auf die Schulter. Alle Blicke richteten sich auf jemanden, den ich nicht sehen konnte, und Darren sagte leise ,,Wenn man vom Teufel spricht ..."

Langsam drehte ich den Kopf, und erblickte Chris, der hinter mir stand. Zum Glück hatte ich schon zu Ende gegessen, denn er sagte nur ,,Bronx, Anderson, mitkommen."

Scarlett und ich erhoben uns mit synchronem Kratzen der Stuhlbeine über den Boden. Wir folgten ihn hinaus in den Flur, dort blieb er dann abrupt stehen und wandte sich zu uns um. Scarlett, auf meinem Schreibtisch wartet noch etwas Arbeit auf sie. Danach besuchen sie bitte den regulären Unterricht. Sie nickte geschäftig und ging schnellen Schrittes weg. Chris wandte sich zu mir um. ,,So, Bronx. Wir werden jetzt zu einem Geschäft gehen, auf dem weg dorthin werde ich ihnen etwas erklären."

Wir liefen los, aus dem Gebäude hinaus, und ich warf mir meine Floriane über, die ich eben nur mitgenommen hatte.

,,Du hast bestimmt schon bemerkt, dass alle hier ein Tattoo an ihrem linken Handgelenk tragen, oder? Nun ja, du wirst auch eines bekommen. "

Er setzte gerade zu einem weiteren Erklärungssatz an, da unterbrach ich ihn und sagte: ,,Okay, aber Scarlett hat mir alles schon erklärt. Gehen wir zum Tattoostudio?"

Einen Moment lang sah er mich überrascht an, dann lächelte er und meinte: ,,Gut, gut. Dann gehen wir jetzt auf kürzestem Weg zum Tattoostudio, wie du es nennst. Hier nennen es alle nur "den Präger", weil er dich für dein Leben prägt. Danach erkläre ich dir unser Bildungssystem, und du wählst deine Ausbildung und bekommst alle Pläne. Okay?"

Ich nickte und wir setzten schweigend unseren Weg fort, bis wir in die Innenstadt gelangten und schließlich vor einem komplett schwarzen Laden hielten, der im Schaufenster ein Schild mir der schwarzen Schrift Prägungen jeder Art vorweisen konnte.

Wir gingen hinein und gelangten in einen blitzblank geputzten Raum, in dem nur eine Ladentheke mit kleinem Glöckchen stand. Chris drückte lässig darauf, und nur wenige Sekunden nach dem hellen Pling ertönten schwere Schritte und ein Mann um die Vierzig betrat durch eine Tür mit dunkler Farbe den Raum, welche an der dunkel gestrichenen Wand nicht auffiel. Er setzte sich auf einen Stuhl hinter der Theke und begrüßte uns mit einem ,,Guten Tag, ich bin Thomas, ihr Präger vor Ort. Wie kann ich ihnen helfen?"

Chris fragte ungläubig: ,,Tommy? Ich bin's, kein Fremder!" Thomas blickte von seinen Unterlagen hoch und schien Chris zu erkennen, denn ein Lächeln breitete sich auf seinem runden Gesicht aus, er stemmte sich hoch und kam um den Tresen herum. ,,Chris, alter Freund! Lange nicht gesehen! Wie geht's denn so?"

Das sah nach einer alten Freundschaft aus, und wenn zwei alte Freunde sich länger nicht gesehen haben, kann es immer ein wenig dauern also hörte ich ihnen nicht mehr zu und lief ein bisschen im Raum umher. An manchen Wänden hingen Bilder von Tattoos, und ich bekam langsam einen Eindruck davon, was ich bald auf meinem linken Handgelenk tragen würde.

Scheiße! Ich konnte mir doch nicht einfach ein Tattoo verpassen lassen! Was würden mein Vater, Jake oder meine Freundinnen nur denken?

Die Schattentänzerin | AbgebrochenWhere stories live. Discover now