t w e n t y t h r e e

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Vor mir breitete sich eine wunderhübsche Skyline aus, mit riesig Hochhäusern, in denen selbst jetzt noch das Licht funkelte, mit großen Trainingshallen und Wohnblöcken.

Scarlett lächlelte stolz. ,,Ziemlich cool, was?". ,,Oh ja.", hauchte ich beeindruckt.

Die gesamte Wand war verglast, sodass man einen perfekten Ausblick hatte. Scarlett zog mich sanft zur gegenüberliegenden Wand, bei der nur ein Teil verglast war. Von ihr aus hatte man einen Blick auf einen Innenhof, von dem wiederum eine große Tür abging. Sie zeugte darauf und sagte: ,,Also wir sind hier im Hauptgebäude untergebracht, und das dort hinter der Tür ist der Speise- und -Versammlungssaal. Wir gehen dort jeden Morgen, Mittag und Abend essen, dort finden auch alle möglichen Ankündigungen, Veranstaltungen und so weiter und so fort statt. Kannst du mir folgen?"

,,Mmh.", machte ich, ohne wirklich bei der Sache zu sein. Ich hatte nähmlich etwas sehr interessantes entdeckt: In den Innenhof mündeten viele Fenster wie unsere. In manchen war das Licht schon erloschen, hinter einem saß ein sich küssendes Paar, in einem anderen veranstalten zwei Mädchen eine Kissenschlacht und hinter einem weiteren saßen zwei Jungs aus unserem Alter auf der Couch und zockten Fifa. Aber bei einem gab es etwas besonderes. Es befand sich ein paar Stockwerke unter uns und gegenüber, aber etwas weiter rechts. Das Fenster stand sperrangelweit offen und zwei kleine Jungs im Alter von sieben Jahren oder so saßen, mit den Füßen baumelnd am Abgrund der Hauswand und stellten ihre Fähigkeiten zur Schau. Der Größere der beiden, der rechts saß und blonde Haare hatte, schloss seine Augen, legte die Hand an die Wand und schien sich zu konzentrieren

Erstmal geschah überhaupt nichts, doch dann schossen hübsche Ranken mit weißen, fast durchsichtigen Blüten aus dem Boden und wanden sich die ganze Wand des Innenhofes nach oben. Es dauerte ein wenig, bis sie bei uns ankamen, denn unser Zimmer lag relativ hoch.

Der blonde Junge lächelte dem anderen, kleineren mit roten Haaren stolz zu und grinste überheblich. Der Rothaarige sah zuerst enttäuscht aus, doch das verflog schnell wieder, denn er legte seine Hände auf die Ranke neben dem Fenster der beiden und schloss die Augen. Ein paar Sekunden später waren die Ranken nicht mehr grün mit durchsichtigen Blüten, sondern Ranken, die komplett wie aus Glas schienen und von eisblauen Blitzen durchzuckt wurden.

Scarlett trat mit hinter dem Rücken verschränkten Armen neben mich und sagte leise ,,Faszinierend, nicht wahr?"

Ich nickte nur, weil ich die Stimmung nicht zerstören wollte. Es wahr schön hier. Auf eine andere Art schön als ich es von London gewöhnt war, aber es war faszinierend, wie Scarlett gesagt hatte. Und hier lag ein Hauch von Magie in der Luft.

Scarlett machte hinter mir das Licht aus und knipste eine Lichterkette an. Sie holte einen Schreibblock und einen Stift, dann setzte sie sich mir gegenüber. In der Zeit, in der ich aus dem Fenster geschaut hatte, hatte sie ihre flammenfarbenden Haare zu einem Pferdeschwanz hochgebunden. Geschäftig kritzelte sie in gut lesbarer Druckschrift etwas auf das Blatt, dann hielt sie es mir hin.

,,So, ich hab dir hier mal die Zeiten für alles aufgeschrieben und dir einen Stundenplan gemacht, dann musst du nur noch alle Fächer hier eintragen.

Sie legte mir den Block auf den Schoß und ich sah mir an, was sie daraufgeschrieben hatte.

Frühstück : 07:00 Uhr

Mittagessen: 12:30 Uhr0

Abendessen: 19:30 Uhr

Ansonsten gab es noch andere Zeiten und viele Leere Felder.

,,Danke!", gerinste ich sie an. Sie lächelte nur und schwieg..k

Ich sah auf meine Digitale Armbanduhr.

Die Ziffern 29:76 blinkten mir entgegen. Verwirrt blinzelte ich ein paar mal, sah kurz weg und schaute noch einmal hin. Nach wie vor zeigte die Uhr die seltsame Zeit an.

Scarlett meinte: ,,Das funktioniert hier nicht. Das sind ein paar Nachteile der Surrealität. Uhren funktionieren nicht, Handys nur bedingt. Du musst dir eine spezielle Uhr anfertigen lassen, eine wie die hier."

Sie hielt ihre linke Hand hoch und zeigte mir eine schwarz-silberne Uhr.

Ich zog ihren Arm zu mir heran um sie genauer zu betrachten, und dabei blitzte etwas schwarzes an ihrem Handgelenk auf. Ich drehte ihren Arm neugierigum und sah ein interessantes Tattoo. In der mitte sah man ein Gesicht, das zur Hälfte fröhlich und zur anderen Hälfte traurig war. Außen um das Gesicht sah man drei schlichte, schwarze Kreise. Um diese Kreise wiederum war ein Pfeil geschlungen, und nach dem Pfeil kam eine Folge von aneinandergereihten Dreiecken. Zwei von ihnen waren komplett schwarz ausgefüllt, die anderen leer.

Das komplette Tattoo war schwarz.

,,Was bedeutet das?", wollte ich, ihren Arm immer noch in der Hand haltend, wissen.

,,Oh, das wirst du auch noch bekommen. Jeder hier hat so eins. Das Gesicht in der Mitte steht für meine Fähigkeit, die drei Ringe dahinter zeigen deinen gesellschaftlichen Stand. Es gibt Stufen von eins bis fünf. Eins ist das schlechteste, das haben die niederen Berufsgruppen und Arbeitslosen. Zwei ist dann etwas besser, drei ganz normal. Vier haben nur wenige, das sind sehr hohe Beamte oder Mitglieder des Adelsgeschlechts. Fünf hat, nun ja, fast niemand außer Chris, Joseph oder John. Unsere drei Anführer. Nach dem gesellschaftlichen Stand kommt deine Ausbildung. In meinem Fall eine Ausbildung als Schattenjägerin. Die Dreiecksreihe danach steht für deine Familie. Die schwarz ausgefüllten Dreiecke symbolisieren deine Eltern, wenn du eins grau ist, zeigt das, dass du verheiratet bist, wenn ein großer schwarzer Punkt zu sehen ist, bedeutet es, dass du ein Kind. Hast.

Bei weißen Punkten musst du etwas aufpassen, sie werden über das jeweilige Symbol tätowiert und zeigen den Tod von der Person an, auf dessen Feld er liegt. Soweit alles verstanden?"

Sprachlos angesichts dieser Flut von Informationen schwieg ich kurz verdattert. Ich sortierte kurz meine Gedanken, dann sagte ich: ,,Ja, denke schon. Danke für die Erklärung."

,,Gut! Ich gehe jetzt schlafen, kommst du mit oder bleibst du noch wach?"

,,Mmh ... ich denke, ich geh auch schlafen. Muss ja morgen ausgeruht sein, ich will nicht gleich an meinem ersten Tag hier übermüdet sein.", gähnte ich.

>>>><<<<

Im unglaublich warmen, fluffigen und gemütlichen Bett liegend angelte ich mir mein Handy von Nachttischschränkchen und machte es an. Der noch auf Tageslicht eingestellte Bildschirm blendete mich total, weshalb ich ihn hastig dunkel stellte und mir müde die Augen rieb.

Ich öffnete Whatsapp und ging auf Jakes Kontakt.

Hey. Was machst du so?, schrieb ich. Er war nicht online, deshalb sah ich mir kurz sein Profilbild an. Es zeigte ihn, wie er mit Dog auf einer laubübersäten Wiese herumtollte. Er lachte und kniff seine smaragdgrünen Augen zusammen.

Ein leises Pling signalisierte mir, dass eine Nachricht eingetroffen war. Als ich sah, dass sie von Jake stammte, schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht.

Die Schattentänzerin | AbgebrochenNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ