《Kapitel 6》 ▪James▪

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„Danke, Sir", nickte Victor in meine Richtung, bevor er sich verbeugte und schließlich davonging, um sich seine wohlverdiente Mahlzeit zu genehmigen.

Ich eilte in mein Schlafzimmer und legte Claire vorsichtig auf meinem Bett nieder. Sie sah so zerbrechlich und blass aus, wie sie da zwischen den Kissen und Decken schlummerte. Ich hüllte sie mit einer weiteren Decke ein und verließ das Schlafzimmer. Es gab jetzt nichts mehr, was ich noch für sie tun könnte. Da sowohl mein als auch ihr Blut mein ganzes Hemd und meinen Oberkörper beschmutzte, beschloss ich kurzerhand, eine Dusche zu nehmen. Vielleicht war Claire ja danach endlich aus ihrer Ohnmacht erwacht.

Als das warme, saubere Wasser meinen Körper umfloss, konnte ich einen Teil meiner Angespanntheit loslassen. Was war nur mit mir los? Seit wann kümmerte es mich, ob ein Mensch wegen mir starb oder nicht? Und seit wann hatte ich mich so wenig unter Kontrolle, dass ich nicht aufhören konnte, mich zu nähren?

Kontrolle war alles. Sie hatte mir all die Jahre geholfen zu überleben. Ein Vampir, der sich nicht beherrschen konnte, war ein toter Vampir. Ja, die Kontrolle war alles, was übrig geblieben war.

Wieso erwischte ich mich dann dabei, wie ich mit meiner Zunge über meine geschärften Fänge fuhr, um Claires Aroma in meinem eigenen Blut zu schmecken?

Ich stöhnte, als der erste Tropfen meine Zunge benetzte. Darum ging es mir die ganze Zeit. Es ist allein ihr Blut, das mich um meinen Verstand bringt, davon war ich überzeugt. Es lag nicht an ihr, dass ich sie gerettet hatte. Ich wollte nur ihr Blut weiterhin trinken, dafür brauchte ich sie. Keine Frau hatte jemals die längst gestorbenen Gefühle in meinem kalten Herzen geweckt. Wenn sie etwas Besonderes wäre, dann hätte ich sie nicht so behandelt und vor ihren Augen Hopes Arm zerquetscht. Denn genau das machte mich aus; ich war ein eiskaltes Wesen, das andere ohne mit der Wimper zu zucken verletzte.

Nach der Dusche schlüpfte ich in eine schwarze Jogginghose und schlich zurück in mein Schlafzimmer. Dann legte ich mich neben Claire und schmiegte mich an ihren kleinen Körper. Eines stand fest: Ich würde sie jetzt nicht mehr gehen lassen können.

Neugierig betrachtete ich ihr kastanienbraunes Haar, das im schwachen Licht der Nachttischlampe golden schimmerte, und ihre großen, runden Augen hinter der Brille. Selbst in ihren langen, ungeschminkten Wimpern, die oberhalb ihrer bleichen Wangen ruhten, fand ich goldene Reflexe. Ihr sinnlicher Mund stand leicht offen und bekam mehr von seiner ursprünglich beerenroten Farbe wieder, auch ihre Atmung regulierte sich. Mein Blut begann zu wirken und heilte sie.

Belustigt dachte ich an den Moment zurück, als Claire aus dem Aufzug in mein Büro getreten war. Anstelle eines Kleides oder einer Bluse war sie in Jeans und Chucks gekommen, die Brille stur gerade gerückt unter dem Fransenpony. Sie unterhielt mich gewiss, das war keine Frage. Doch auch sie musste lernen, wo ihr Platz war.

Außerdem verwirrte mich die Frau. Ich hatte ihr alles besorgt, was ein Mensch sich wünschen konnte, genügend Essen und die perfekte Atmosphäre, und trotzdem schien sie sich nicht wirklich über unser Date gefreut zu haben. Aber machten es die sterblichen Männer nicht genauso? Sie luden ihre Begleiterinnen zu einem Essen ein, und wenn sie fertig waren, erwarteten sie von ihnen gewisse Dienste. Ich erinnerte mich an die Angst, die ich in Claires faszinierenden blauen Augen gesehen hatte, kurz bevor meine Lippen ihren Hals berührten. Ich war der erste Vampir, der sich von ihr genährt hatte, und ich würde auch der einzige und letzte sein.

Genau da sprang mir eine ihrer Adern an ihrem Hals ins Auge, die unter ihrer Haut pochte und bläulich durch ihre zarte Haut schimmerte. Begeistert strich ich sanft mit meinen Fingerspitzen darüber. Die Sterbliche war ein Wunderwerk, ein Phänomen für sich. Und sie wird allein mir gehören.

Eine Nacht mit einem Vampir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt