47. Ein guter Freund

632 40 10
                                    

Nachdem Marco und Mats, Mario in die LWL gebracht hatten, kamen sie ziemlich erschlagen zuhause an.

Marco konnte einfach Marios Blick beim Abschied nicht vergessen. Der hatte ihn auch die ganze Zeit an der Hand festgehalten und wollte Marco garnicht loslassen. Mats musste ihn an die Presse erinnern. Noch ein trauriger Blick zurück, ...dann war er Mats gefolgt.

Marco hatte dieser Blick verstört. Ja, Mario war offensichtlich furchtbar traurig. Das war Marco auch gewesen. Aber da war noch etwas anderes in seinem Blick, nur konnte Marco das nicht zuordnen.

Marco hatte sich gerade seine Jacke ausgezogen, da wollte er schon in seinem Zimmer verschwinden. Doch Mats hatte da noch etwas mit ihm zu klären.

"Marco?"

Oh nein, wie Mats das betont hatte! Marco drehte sich augenblicklich der Magen um. Er seufzte und drehte sich zu Mats. Bloß nicht angucken, dachte Marco sich.

"Ich glaube, wir müssen da noch etwas klären." sagte Mats mit dem gleichen Tonfall wie zuvor.

Er wollte das nicht machen, solange Mario noch da war, aber jetzt musste er unbedingt wissen was da am vergangenen Mittwoch passiert war.

"Ist doch alles wieder sauber."  versuchte Marco die Situation zu umgehen.

Mats stemmte beide Arme in seine Hüften. "Du weist genau wovon ich spreche Marco!"

"Weis ich das?"  Marco versuchte sich einfach dumm zu stellen. Aber wenn Mats eines mehr als alles andere hasste, dann war es veräppelt zu werden.

Mats Schnaufen, verriet Marco auch sofort, dass er das tunlichst hätte unterlassen sollen. Er seufzte tief und lehnte sich an die Wand.

"Also gut, schrei mich an oder hau mir eine rein. Ich hab's ja verdient." sagte er bedrückt.

Mats antwortete nicht sondern ging, wie mittwochs in der Küche, wieder wortlos auf Marco zu. Der zuckte jetzt heftig zusammen. So extrem heftig, das sich sogar Mats erschrak. Das hatte er nun wirklich nicht gewollt, dass Marco ihm nicht mehr traute oder er sogar Angst vor ihm hatte.

Der hatte zwar immer eine große Klappe gehabt, aber nun war er doch ganz klein mit Hut. Man konnte Marco nicht ändern. Es war sein Naturell. Ärger verursachen an allen Fronten und das auf Teufel komm raus. Sogar dann, wenn er es garnicht beabsichtigt hatte. Marco hatte da eben das gewisse Talent, sich jedesmal in Schwierigkeiten zu bringen. Aber er hatte ein Herz aus Gold und er war immer für die Menschen um sich herum da gewesen, wenn sie ihn brauchten. Das war Mats noch nie so klar wie in diesem Moment.

Mats wusste nicht was er tun sollte. Er drehte sich weg und seufzte. Ein paar Mal rieb er sich mit der Hand durchs Gesicht. Was hatte er nur mit Marco gemacht? Marco war sein Freund und das schon soviele Jahre. Und dieser Freund traute ihm jetzt nicht mehr. Das fühlte sich garnicht gut an.

Marco der noch immer verharrte, weil er dachte das doch gleich etwas passieren müsste, richtete sich nun langsam wieder auf. Er sah, das Mats verzweifelt war.

"Vielleicht sollte ich für eine Weile, in mein Haus zurückkehren. Wenn ich darf, komme ich erst am Dienstag wieder, wenn wir Mario abholen."  sagte er leise zu Mats.

Marco wandte sich auch sofort zur Garderobe und wollte nach seiner Jacke greifen. Mats musste jetzt handeln. Vielleicht hätte er sonst seinen Freund verloren.

Marco war ganz erschrocken, als Mats ihn in die Arme nahm. Er war nicht darauf gefasst gewesen. In diesem Moment, hatte Marco auch das erste Mal seit langem das Gefühl, dass es außer ihm und Mario noch andere Menschen auf der Welt gab. Menschen, die sich wirklich Gedanken um ihn machten und die in jeder noch so beschissenen Lage, zu ihm hielten. Einer dieser Menschen war Mats. Und Mats hatte sich in letzter Zeit soviel gefallen lassen, das hätte kein anderer mitgemacht.

"Du hast die Tabletten nicht geschluckt, nicht wahr?"  fragte Mats leise und merklich traurig. Eigentlich wusste er die Antwort ja schon, aber er wollte es nochmal von Marco hören.

Marco entspannte sich etwas. Er legte nun auch seine Arme um Mats.

"Nein. Ich wollte, das gebe ich ganz ehrlich zu, aber ich konnte es nicht."

Mats schniefte. "Was hat dich davon abgehalten? Mario?"

"Nein du." sagte Marco, zu Mats Überraschung und drückte ihn nun ganz fest an sich.

Mats konnte versuchen was er wollte. Die Tränen kamen einfach so heraus. Nicht schon wieder, tadelte er sich selbst. Aber auch Mats hatte Gefühle, selbst wenn er das nicht immer hatte wahrhaben wollen.

"Ich wollte dir keine Angst machen. Aber ich, ....ich hatte so schreckliche Angst um dich."

Jetzt musste auch Marco wieder heulen. Gut, das tat er ja in letzter Zeit regelmäßig. Auch seine Seele brauchte ein Ventil. Mats rieb beruhigend über Marcos Rücken. Er war froh, das es Marco gab und er würde ihn immer akzeptieren, egal was der auch noch so alles anstellen würde.

An diesem Abend, standen zwei Männer auf dem Flur und hielten sich fest umarmt. Wenn das nicht wahre Freundschaft war, dann weiß ich es auch nicht.

***********************************************************

Marco hatte am Mittwoch, nachdem er die Tabletten, nach seiner Verwüstungstour, gefunden hatte, nach wenigen Sekunden begriffen, dass er diesmal mehr als nur einen Schritt zu weit gegangen war. Er hatte sich, mit der Packung in seinen zitternden Händen, im Haus umgesehen und war selbst total fertig, als ihm bewusst wurde, was er angerichtet hatte. Er musste an Mario denken. Der brauchte ihn doch jetzt so sehr. Aber in erster Linie dachte er auch an Mats. Der hatte ihm vertraut und er war gerade dabei dieses Vertrauen mal wieder  mit den Füßen zu treten.

Marco hatte die Tabletten allesamt in den Ausguss des Waschbeckens geworfen und Ewigkeiten das Wasser nachlaufen lassen. Danach hatte er keine Kraft mehr und setzte sich verzweifelt auf den Küchenboden. So wie der Boden aussah, so fühlte sich Marco auch. Einfach schrecklich.

Wie wollte er das alles Mats erklären? Der würde ihm doch sicher wieder nicht glauben. Zumindest hatte er das, nach seiner unüberlegten Spritztour, mit seinem Aston Martin zur LWL, zu ihm gesagt. Diesmal fiel ihm nichts mehr ein, um Mats zu erklären, was da überhaupt in ihm vorgegangen war und warum er selbst nicht mehr die Kraft gehabt hatte darüber mit ihm zu sprechen. Wenn er nun aber mit Mats, seinem so verdammt guten Freund, schon nicht mehr sprechen konnte, mit wem dann?

Einen Ausweg hatte er nicht gesehen. Die Zeit hätte niemals gereicht, um alles wieder in Ordnung zu bringen, bevor die zwei zurück gekommen wären. Er sah sich in seiner Verfassung, sowieso nicht im Stande dazu. Und dann hätte er ja doch noch, die Sache mit den Tabletten beichten müssen. Eine Zwickmühle. Marco dachte, dass er Mats' Freundschaft für immer verspielt hatte, doch an diesem Freitag abend auf Mats Hausflur, wusste er, dass dem nicht so war. Und dafür war er Mats auf ewig dankbar.

****************************************************

Eine trügerische Ruhe hatte auf dem Flur geherrscht. Es wäre ja auch alles zu schön gewesen, wenn nun endlich alles wieder bergauf gehen würde.

Kaum hatten die beiden zusammen Abendbrot gegessen und sich auf die Couch geworfen, um noch irgendeinen belanglosen Film zu schauen, da klingelte Mats Handy. Mats gefror das Blut in den Adern.

Die LWL war am anderen Ende der Leitung.


Ende Kapitel 47.

I adore you forever -Götzeus-Where stories live. Discover now