31. Yin & Yang

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Am nächsten Morgen ging Marco in Marios Zimmer. Gut, er war Nachts auch zwei-dreimal drin gewesen, nur um nachzuschauen, ob alles in Ordnung sei. Mario schlief aber die ganze Zeit. Oft hatte er sich hin- und hergewälzt. Hatte Schweissausbrüche und zitterte.

Das war ähnlich wie bei einem Entzug. Nicht ganz so gravierend natürlich, aber doch ähnlich. Mario hatte in den letzten Tagen viele starke Medikamente bekommen. Davon waren ein paar inzwischen abgesetzt worden. Er bekam noch immer zwei verschiedene Schmerzmittel und 3 bis 4 unterschiedliche Psychopharmaka, aber das war schon wenig im Vergleich zu vorher.

"Mario. Wach auf. Mats und ich haben Frühstück gemacht." flüsterte er leise und berührte Mario vorsichtig an der Hand.

Mario blinzelte mit den Augen. Er sah sich erschrocken im Zimmer um. Dann entspannte er sich wieder. "Wir sind in Deutschland richtig?"

"Ja, in Dortmund um genauer zu sein." ergänzte Marco und fuhr dann fort: "Hunger?"

"Nein, mir gehts nicht gut." antwortete Mario und drehte sich weg um Marco nicht ansehen zu müssen.

"Dann musst du erst recht was essen, du musst auch noch die ganzen Tabletten einschmeissen und das geht nicht auf nüchternen Magen." sagte Marco besorgt.

Mario drehte sich zurück und sah ihn nicht gerade freundlich an. "Also gut! Ich nehme an, du lässt sonst eh nicht locker oder?" fragte er ihn nun deutlich gereizt.

"Geh erstmal duschen. Die Tür links vor dem Wohnzimmer. Und die Küche ist gleich rechts von deinem Zimmer."  Marco verließ das Zimmer augenblicklich, Streit konnte er nicht vertragen. Er ignorierte die Stimmungsschwankung von Mario ihm gegenüber, aber gefallen hatte ihm das trotzdem nicht. Der war ohne Tabletten nicht zum ausstehen, dachte er. Aber es sollte alles noch schlimmer kommen.

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Als Mario nach einer halben Stunde frisch geduscht in die Küche kam, war er schon wieder ganz anders drauf. Etwas schüchtern. Das hatte wohl mit dem Anblick des Fremden....wie hieß der noch gleich?....zu tun gehabt. Er sah hilfesuchend zu Marco. Der hatte gerade sein Gespräch mit Mats unterbrochen und sah in kritisch an.

"Geht's dir besser?" fragte Marco noch leicht angepisst.

Doch Mario sagte kein Wort. Er stand nur da. Sein Blick wurde ängstlich, fast weinerlich.

Marco riss sich sofort zusammen und änderte auch seinen eigenen Gemütszustand.

"Hey Kleiner, ist ja gut. Komm her. Trink erstmal einen Kaffee." sagte er nun sanft, schob eine Tasse über den Küchentisch und wartete Marios Reaktion ab.

Mario setzte sich zu den beiden und beäugte Mats noch immer verängstigt.

"Ich mag keinen Kaffee, glaube ich." sagte Mario leise.

Marcos Gesicht erhellte sich. Auch Mats grinste bis zu beiden Ohren. Jaja, die beiden wussten ganz genau, dass Mario Kaffee nicht mochte. Das ganze war auch nur ein kleiner Test gewesen. Nun freuten sie sich, das Mario ihn "bestanden" hatte.

"Das wissen wir." sagte Mats. "Deshalb ist da ja auch Tee drin."

Mario lächte verlegen.

"Jetzt Hunger?" lachte Marco

"Nicht wirklich, aber ich muss ja." seufzte Mario.

"Und wenn du erstmal einen kleinen Happen isst, dann reicht das ja schon vorerst. Aber garnichts essen geht nicht." sagte Mats.

"Wie geht es dir eigentlich heute?" fragte Mats ihn dann.

"Geht so. Mir tut alles weh." antwortete Mario ihm schüchtern. Eigentlich hatte er sich nicht mit dem Fremden unterhalten wollen, aber der war so nett, da konnte man doch nicht....doch man konnte.

"Was geht dich das eigentlich an?!" schnauzte Mario Mats plötzlich aus heiterem Himmel an.
 "Ich kenne dich noch nichtmal!"

Mats hob nur beschwichtigend die Hände und sagte. "So kenne ich DICH auch nicht." Dann sah er zu Marco rüber. Er verstand was dieser die letzten Tage erlebt haben musste in Mailand.

Marco kannte das schon. Er schob wortlos eine Tablettenbox, mit unterschiedlichsten Pillen da drin, zu Mario.

Mario protestierte nicht. Er nahm die Box und nahm wie selbstverständlich die Tabletten ein. Marco seufzte erleichtert. Dann stellte er Mario einen Teller vor die Nase mit etwas zu essen.

"Ich sagte doch ich habe keinen....!!!" wollte Mario gerade wütend loslegen.

"Einfach ignorieren." sagte Marco zu Mats ohne auf Marios Schimpfen zu reagieren. Dann schnappte er sich seinen Kaffee und ging raus in den Garten. Atmen. Ohne Mario. Einfach mal Luft holen.

Mats blieb in der Küche. Er beobachtete wie Mario dann doch das Essen probierte und es langsam begann ihm auch zu schmecken.

"Warum siehst du mich so an?" fragte Mario dann mit bereits weicherer Stimme als zuvor.

"Weil ich sehr froh bin das du wieder hier bist." antwortete Mats ihm.

"Alle schauen mich so komisch an. Das ist nicht so....." Mario suchte nach dem richtigen Wort.

"...einfach?" fragte Mats.

"Genau. Das ist nicht so einfach. Ich fühle mich ständig...." wieder suchte er nach den richtigen Worten.

"Alles ok Mario?"

"Entschuldige, ich habe den Faden verloren." sagte Mario leise.

"Das ist doch nicht schlimm. Bestimmt fällt es dir später wieder ein was du sagen wolltest." Mats lächelte. Die Tabletten schienen plötzlich anzuschlagen. Traurig machte es ihn aber trotzdem. So ein junger Mensch...gerade erst 24 und dann sowas.

Marco kam wieder aus dem Garten. Er stellte sich zu den beiden und sah Mario an.

"Na siehst du, alles wieder in Ordnung." sagte er sanft.

Mario sah ihn an und schwieg.

"Er braucht neuerdings morgends eine Weile um wieder bessere Laune zu bekommen." sagte er dann zu Mats und grinste.

"Na damit müsstest DU dich ja bestens auskennen."  lachte Mats nun Marco an.

Marcos Gesicht verfinsterte sich. Mario jedoch musste nun lächeln. Ob er wollte oder nicht. Die beiden waren ja gut drauf. Er beobachtete eine Weile, wie Mats und Marco miteinander umgingen und miteinander sprachen. Dann platzte es aus ihm heraus.

"Sagt mal, ist das nicht ungewöhnlich das drei Männer zusammen in einem Haus wohnen?" fragte er einfach zwischen das Gelächter.

"Wieso sollte das ungewöhnlich sein?" fragte Mats und lachte noch immer.

"Na ist das nicht irgendwie....." Marco sah ihn abwartend an. Mats musste noch immer kichern.

".....total schwul?"

Marco blieb sein Croissant im Hals stecken und er schüttete versehentlich seinen Kaffee über den Tisch. Hektisch sprang er auf und versuchte möglichst nichts von dem heruntertropfenden Kaffee auf die Hose zu bekommen.

Mats der gerade einen Schluck getrunken hatte, prustete seinen Kaffee auf den Boden. Er musste so lachen über Marios Spruch. Und dann kriegte er sich garnicht mehr ein, über dessen verdutztes Gesicht, weil Mario ungläubig auf Marco starrte, der wie ein Verrückter versuchte schneller zu wischen, als der Kaffee vom Tisch tropfte. Dabei hustete er wie bescheuert, denn das Croissant steckte noch immer irgendwo in seinem Hals.

Ende Kapitel 31.

I adore you forever -Götzeus-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt