#7 Die erste wirkliche Verwandlung ✔️

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Abwesend warf Moon ihren Schulranzen in irgendeine Ecke und schmiss sich dann samt Jacke auf das Sofa im Wohnzimmer. Sie verstand einfach nicht, wie sich Maiko hatte mit dieser Schlampe verabreden können. Wie hatte sie nur so naiv gewesen sein können zu glauben Maiko sei auf ihrer Seite? Andersherum, war Maiko derjenige gewesen, der sich freiwillig neben sie gesetzt hatte und der freundlich zu ihr war. Derjenige, der die ganze erste Pause mit ihr verbracht hatte und der die zweite dann auf sie gewartet hatte. Das hatte davor noch nie jemand getan. Es passte einfach nicht, dass er sich jetzt ausgerechnet mit dieser Blondine treffen wollte. Es machte keinen Sinn, verdammt! Moon merkte, wie sie wütend wurde. Wütend auf Maiko und wütend auf Akome, doch am meisten traf ihre Wut sie selber, denn sie realisierte, dass Maiko, hätte sie nicht auf Akome gehört und sich dennoch zu ihm gesetzt, sich vielleicht doch nicht mit Akome verabredet hätte. Moon war wütend auf sich, weil sie sich von Akome hatte einschüchtern lassen. Es hatte doch so gut angefangen! Sie war sogar dazu imstande gewesen, Akomes Spruch zu kontern, ohne einen Schlag zu kassieren. Und doch hatte sie sich dann im entscheidenden Moment von ihrer Angst und Unsicherheit leiten lassen und war ihm aus dem Weg gegangen. Rückblickend war es also doch ihre Schuld gewesen. Moon merkte gar nicht, wie sich Tränen der Verzweiflung in ihren Augen bildeten und schniefte lediglich, sich in die weichen tröstenden Kissen zurücklehnend.

Es war letztlich alles ihre Schuld.

Sie wusste nicht, wie lange sie auf dem Sofa gesessen hatte, um in ihrem Selbstmitleid zu versinken. Doch irgendwann setzte sie sich dann doch wieder auf. Das leise Ticken der Uhr und die Stille im Rest des Hauses hatte sie daran erinnert, dass sie alleine war und bei dem Gedanken an das gestrige Gespräch mit ihrem Vater und an den Brief ihrer Mutter, kam dann auch Akira und das, was sie gesagt hatte wieder in Moons Kopf. Augenblicklich realisierte sie, dass sie nicht ganz alleine war. Es gab immer noch eine Wölfin, die nur darauf wartete, dass Moon sie besuchte. Ohne es zu verstehen, bemerkte sie, wie ihr Herz anfing zu klopfen. Vorausgesetzt, es gab sie wirklich. Jetzt, wenn Moon ihren Morgen geistig reflektierte, bezweifelte sie, dass Akira ihr wirklich in der echten Welt begegnet war. Vielmehr musste sie da draußen in diesem Wald einen geistigen Zusammenbruch oder so erlitten haben. Das würde so einiges erklären. Doch als Moon dann ihre Hand um die silberne Kette legte und darüber nachdachte, was sie heute Morgen dem Fleisch gegenüber gedacht hatte und dass sie gerade eben hatte rennen können, ohne eine Pause zu machen, gab sie dem Thema Akira doch noch einmal eine Chance. Vielleicht sollte sie es ja einfach noch einmal versuchen? Zu dieser Lichtung gehen und warten? Wäre die weiße Wölfin echt, dann würde sie kommen, da war sich Moon sicher.

Mit neuem Mut, abgelenkt von ihrem Maiko und Akome Thema, stand sie dann wieder auf, um auf die Haustür zuzusteuern, sie zu öffnen und sich dann letztlich durch ihren alles andere als gut gepflegten Garten zu begeben, das morsche Holztor zu öffnen und dann schließlich in den Wald zu gehen. Als sie dann die Grenze zwischen Wiese und Wald überschritten hatte, konnte sie nicht anders, als kurz stehen zu bleiben. In Erwartung was gleich passieren würde und was nicht, klopfte ihr Herz wie verrückt und Moon musste einmal tief den Geruch der feuchten Blätter einatmen, um ihren Weg fortzusetzen. Die großen Bäume neben ihr, sahen mit ihrem rot, gelb, orangenem Blätterdach seltsam majestätisch aus und Moon war sich sicher, dass ihr der Wald noch nie so schön und so friedlich vorgekommen war, wie an diesem Nachmittag. Endlich auf der Lichtung angekommen, musterte sie noch einmal prüfend die Ansammlung von Steinen, bevor sie sich auf dem größten niederließ, plötzlich unsicher darüber, dass wirklich was passieren würde. Jetzt, wo sie da so saß, kam sie sich sogar ein wenig albern vor. Die Chance, dass ihr gleich ein Wolf erscheinen würde, um ihr zu erklären, dass sie tatsächlich ein Werwolf war und sich wie in den Filmen und Serien in einen echten Wolf verwandeln konnte, war so hoch, wie die Chance, dass Akome und sie noch einmal beste Freunde würden. Versunken in Gedanken wie diesen, bemerkte sie gar nicht, wie sich ein ganz bestimmter Wolf zu ihr setzte. Erst, als sie wieder diese Stimme in ihrem Kopf hörte, schreckte sie auf und fokussierte mit klopfendem Herzen die weiße Wölfin ihr gegenüber.

Wolf und DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt