#1 Der Neue ✔️

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Moon lag in ihrem Bett und starrte an die Decke. Neben ihr klingelte ihr Radiowecker und die nervtötende Stimme des Nachrichtensprechers verkündete lauthals das Wetter des heutigen Tages: „...und jetzt das Wetter: Heute wird es an die 17 Grad warm! Das Wetter kühlt also wieder ab...".

Genervt seufzte sie laut. Man, wie sie es hasste morgens durch ihren Radiowecker geweckt zu werden. Sonst wurde sie immer von Musik geweckt und nicht vom Wetterbericht des übermotivierten Mannes im Radio. Doch über den Grund des unerwarteten Tones des Erwachens wollten sich ihre schlaftrunkenen Gedanken noch nicht wundern. Seufzend richtete sich das Mädchen auf und drückte auf den Knopf des Weckers, welcher diese nervtötende Stimme zum Schweigen bringen würde und die willkommene Ruhe stattdessen wiederherstellen. Ihr Blick fiel auf die rot blinkenden Zahlen der Uhranzeige und augenblicklich war ihre ganze Müdigkeit verschwunden. „Scheiße!", fluchte sie laut und sprang aus ihrem Bett. Es war bereits 07:02 Uhr und in 33 Minuten würde ihr Unterricht anfangen!

Während sie sich aus ihrem Bett quälte, versuchte sich Moon wieder an die Aussage des Nachrichtentypens zu erinnern. Sie hatte dieser offensichtlich nur mit einem halben Ohr zugehört, doch sie erinnerte sich noch daran, dass er gesagt hatte, dass es heute nur 17 Grad warm werden würde und diese Tatsache, ließ ihre so oder so schon nicht vorhandene Motivation noch ein Stückchen weiter ins Nichts sinken. Die letzten Tage war es immer um die 30 Grad heiß gewesen, was bedeutete, dass die sie die letzte Stunde aufgrund der Hitze frei bekommen hatte. Für Moon jedes Mal eine erleichternde Nachricht, schließlich konnte sie somit früher aus der Schule stürmen, um dem Trubel und den abwertenden Blicken ihrer Mitschüler zu entkommen. Aber wie es aussieht, würde ihr dieser Luxus wohl heute verwehrt werden. Eigentlich hätte sie dankbar sein sollen, für die letzten Tage Sonne, denn es war mittlerweile, zumindest laut Kalender, Herbst. Doch dieser hatte wohl wie Moon heute verschlafen und war erst jetzt vom Sommer geweckt worden, da dieser wohl mehr als nur erschöpft zu Bett gefallen war.

Wie gerne wäre auch Moon jetzt wieder zurück ins Bett gestiegen, doch die Zeit spielte ihr Spiel leider nicht mit. Demotiviert und doch hellwach durch den Adrenalinschub, stellte sie sich vor den Spiegel und betete zu Gott, dass sie nicht allzu schlimm aussehen würde, denn die Prozedur mit dem Haare kämmen, Gesicht waschen und so weiter dauerte wohl länger, als sie es sich gerade erlauben durfte. Doch Gott schien auf derselben Seite wie die Zeit zustehen, gegen sie, und ein weiteres Mal seufzte Moon. Ihre langen schwarzen Haare hingen verstrubbelt an ihr herunter und umrahmten ihr dürres Gesicht mit den dunklen Augenringen mehr als nur schlecht. Sie sah blass aus. Ihre hellgrünen Augen funkelten allerdings lebhaft und ließen den bereits verschwindenden blauen Fleck, welcher ihr rechtes Auge wie das eines Pandas aussehen ließ, ein wenig harmloser wirken. Ihre Lippen, welche Moons Meinung nach ein wenig zu voll waren, hatten eine aufgeplatzte Stelle an ihrem Mundwinkel, entstanden durch eine Attacke einer Mitschülerin.

Moon war an ihrer Schule alles andere als beliebt. Sie besuchte diese bereits für mindestens drei Jahre und jedes davon waren ein Jahr voller Demütigungen und Beleidigungen gewesen. Wenn Moon so darüber nachdachte, fragte sie sich, wie sie es überhaupt geschafft hatte, bis heute durchzuhalten... Sie besaß eine gewisse innere Stärke, welche sie nur allzu gerne zu ihrer Verteidigung nutzte. Und das war oftmals mehr ein Fluch als ein Geschenk. Wie oft hatte sie eine Situation durch so manchen Spruch schon verschlimmert?

Moon hatte aufgehört mitzuzählen...

Sie nahm, mit kurzem Zögern, ihre Bürste in die Hand und versuchte sich durch die schwarzen Locken zu kämpfen. Nach ihrer Morgenroutine, welche heute wohl etwas sparsamer als sonst ablaufen musste, zog sie sich halbherzig eine Hose und einen Hoodie aus dem Schrank, um sie dann anzuziehen. Danach erlaubte sie sich einen weiteren Blick auf ihren Wecker. Es war jetzt Zehn nach Sieben. Hektisch löschte sie das Licht und rannte die viel zu steile Treppe nach unten in den Flur. Sie konnte es sich nicht leisten heute zu spät zu kommen. Zum einen nicht, weil sie sonst ihren Mitschülern einen weiteren Grund zum Ärgern liefern würde und zum anderen nicht, weil ihr Lehrer einen neuen Schüler für heute angekündigt hatte und sie nicht wollte, dass dieser sie gleich am ersten Tag in schlechter Erinnerung halten würde. Sie seufzte bei dem Gedanken... Ja, es würde ein Neuer kommen... Moon konnte ihre Freude darüber kaum in Grenzen halten...

Wolf und DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt