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,,Also, Ruby." Ich blinzle mehrmals. Er kennt meinen Namen. Woher kennt er bitte meinen Namen. Ich atme tief durch und setzte mich wieder normal auf, weg von dieser unbequemen Haltung in die er mich geschmissen hatte und weg von der viel zu nahen Position. Ich setze an zu reden und spüre erst dann wie brüchig und schwach meine Stimme geworden war. Er musste ja auch meine Erinnerungen zu der Nacht, zu Mom und zu Dad auffrischen. Ich weiß, dass ich kein perfektes Leben habe, doch wer besitzt so eines schon.  ,,Du kennst meinen Namen, nur ich deinen nicht. Findest du das nicht auch etwas unfair mir gegenüber  ?"  ,,Natürlich, meine Teuerste. Wie ungerecht von mir, verzeih.", grinst er und beißt sich dabei auf seine volle Unterlippe. Er nimmt neben mir auf der Couch platzt, was mich dazu veranlasst noch ein Stück von ihm weg zu rücken. Verzeih. Als sei er schon immer ein gut erzogener und höflicher Mann gewesen. Wie lächerlich. Er dreht seinen Körper zu mir und schmunzelt über meinen Sicherheitsabstand. ,,Also meine Teuerste, mein Name ist Stephen James. Ich bin zweiundzwanzig und habe eine Supercharged Vincent Black Lightning, die ich L.A nenne, mein Mottorad von dem ich mich nie trennen würde." Ich drücke meine Augenbrauen zusammen. Warum verflucht erzählt er mir das, meines Erachtens habe ich nicht nach persönlichen Informationen gefragt. Ich wollte lediglich seinen Namen erfahren und den Grund, weswegen er meinen kannte. Stephen. Mit diesem Namen habe ich nicht gerechnet. Dennoch passt dieser zu ihm. Er klingt so stark, so dominant - genau so wie er. Als würde sein Name seine Persönlichkeit widerspiegeln. Wenn er schon zweiundzwanzig ist, was möchte er von einem sechzehn jährigem Kind wie mir ? Mich nun mit ihm 'normal' zu unterhalten erscheint mir eher als unsinnige Idee. Obwohl ich bedenken habe, stelle ich gerade heraus die Frage, die mir seit Tagen auf der Zunge liegt ,,Hast du Menschen umgebracht ?" Und schon bereue ich es.

Eine Kälte zieht über sein Gesicht, welche mir mehr Angst macht als ich es geplant hatte oder gar wollte. Er soll nicht sauer sein. Ich möchte ihn nicht außer Kontrolle erleben, wenn Dad ihn als Massenmörder bezeichnet. Langsam erhebt er sich wieder und sieht sich in meinem Zimmer genau um. Nein, er fixiert regelgerecht jede Ecke, jeden Millimeter. Als würde er etwas suchen. Und seine Aussage bestätigt meine Vermutung.  ,,Keine Wanzen.", murmelt er vor sich hin und lässt die eisige Maske auf seinem Gesicht fallen, als seine Lippen wieder ein Grinsen zeigen. Seine Augen finden meine.  ,,Möchtest du wissen ob ich an sich schon Menschen umgebracht habe ? Oder nur ob dein Vergewaltiger noch immer am Leben ist." Ich spüre mein Herz hart gegen meine Brust schlagen. Mich interessieren Andere nicht, ich muss lediglich wissen ob er noch auf freiem Fuß ist. Erschöpft schließen sich meine Augen für einen Augenblick. Wie unmenschlich das klingt. Jedes Menschenleben ist wichtig. Nicht nur meines. Ich bin nicht die einzige, die Dinge durch machen musste. Aber eine fast Vergewaltigung lässt mich egoistisch denken. Ich starre auf meine Hände und habe wieder das Bedürfnis einfach los zu weinen. Fast hätte er mir meine Jungfräulichkeit genommen. Fast hätte er es geschafft. Ich war schutzlos, alleine, verzweifelt. Wäre Stephen nicht in diesem Augenblick gekommen...




Meine Füße laufen in Richtung Ausgang, während ich meine Jacke anziehen und sie zu mache. Obwohl ich hätte länger bleiben können, so muss ich nun gehen. Die Bibliothekarin schaut mich streng an und freut sich insgeheim wahrscheinlich darauf mich endlich los geworden zu sein, da sie die Bibliothek nun schließen kann. Ein kühler Windstoß weht mir ins Gesicht und lässt mich kurz zittern. Meine Hände schleichen sich in die Jackentaschen, wo sie angenehme Wärme begrüßt und so ist ein weiterer, kleiner Teil vor der Kälte geschützt. Die stille Nacht macht mir etwas Angst, nicht ein Auto fährt die Straßen entlang, obwohl es gerade einmal einundzwanzig Uhr ist. Aber ich trage selber die Schuld. Wäre ich einfach einpaar Stunden früher nach Hause gegangen, so hätte ich nun nicht das Problem mit dem Frieren und der Dunkelheit. Aber es ist nun auch nicht mehr zu ändern. Ich laufe jetzt eben die zwanzig Minuten nach Hause. Mein Körper freut sich schon insgeheim auf das wärmende und flauschige Bett, auf das ich mich gleich legen kann und so beschleunige ich meine Schritte.

Die Hälfte habe ich bereits hinter mir gelegt, als wie aus dem Nichts ein schmerzerfülltes Stöhnen zu hören ist. Woher ? Ich bleibe sofort stehen. Mein Kopf schießt in alle Richtungen und mit zusammen gedrückten Augenbrauen suchen meine Augen die Gegend ab. Ich stocke. Ein Mann liegt auf dem Boden. Zusammen gerollt und hält sich schmerzvoll den Bauch. Ohne überhaupt darüber nach zudenken was gerade geschieht oder was ich tue, beginne ich zu rennen. Zu ihm zu rennen, zur Hilfe. Ich erreiche den Mann. Seine Augen sind zusammen gepresst, als er zu mir hinauf sieht und ein leises  ,,Helfen Sie mir" keucht.

Bxdboy.Where stories live. Discover now