Ich nicke und sage "Es ist schön Euch endlich kennenzulernen." Im Augenwinkel erkenne ich wie Mutter zufrieden lächelt und die Hände ineinander legt. "Wie wäre es, wenn wir ihnen das Schloss und den Garten zeigen würden? Im Herbst sieht es am schönsten aus und der Pavillon für die Feier ist fast fertig!" schlägt meine Mutter vor und das Königspaar nickt. Dann begeben sich alle, außer mir, in Richtung Garten. Ich blicke erst ihnen hinterher, dann schaue ich wieder auf den Boden. Das ging sehr schnell.
Auf einmal höre ich hinter mir ein Räuspern. "Ich habe mir gedacht, vielleicht, möchtet Ihr mit mir einen Rundgang durch das Schloss machen?" Ich drehe mich um und erblicke Prinz Henry. Er mustert mich und grinst leicht. "Ich muss das jetzt sagen." Es folgt eine kurze Pause und er schmunzelt. "Ihr seid wirklich ein wunderschönes Geschöpf. Der Maler Eures Porträts wird eurer Schönheit nicht gerecht."
Ich merke wie ich etwas rot werde. "Das ist aber nett." sage ich und fange an zu lachen. Warum bin ich so verwirrt und schüchtern? Schließlich werde ich mein gesamtes Leben mit diesem Mann verbringen.
"Ihr wollt das Schloss sehen?" frage ich nach und er nickt. "Wie wäre es, wenn wir einfach Du zueinander sagen? Da fühle ich mich wohler. Geht es Euch nicht auch so?" schlägt er vor und ich nicke.
"Das ist besser." gebe ich auch zu und gehe in Richtung Tür.  "Es ist wunderschön hier." sagt er und zeigt um sich. "Die Schlösser in Fensia sind auch angenehm, aber hier fühlt man sich direkt wie an einem warmen, sonnigen Tag. Die Räume sind sehr lichtdurchflutet."
 "Dann solltest du erstmal unseren Ballsaal sehen. Er ist der hellste aller Räume. Mein Vater bestand darauf, dass dort viele Fenster eingelassen werden." 

"Da sind wir." flüstere ich und er bleibt hinter mir stehen. Ich schwinge die zwei Türen auf und vor uns erscheint ein goldener, großer Saal. "Ihr... Verzeiht. Du hast Recht. Es ist atemberaubend." sagt er und nimmt sich einen Stab, der an der Wand lehnt. "Prinzessin Anne, zukünftige Königin von Fensia!" kündigt er an und ich mache einen Knicks. "Sehr süß." sagt er aufrichtig und ich gehe elegant die Treppen zum Saal hinunter. "Wenn ich um diesen Tanz bitten darf?" er verbeugt sich und ich gebe ihm meine Hand. "Es wäre mir eine Ehre." Doch dann werde ich durch einen spitzen Schrei unterbrochen.
"Anne ! Was habe ich Euch gesagt?" Donna Leone kommt auf uns zu. "Prinz Henry." begrüßt sie ihn und macht einen tiefen Knicks. "Warum seid ihr hier? Das dürft ihr nicht." sagt sie nun ruhiger und schüttelt dabei ihren Kopf. "Donna Leone." beginne ich, aber sie schüttelt nur den Kopf. "Das ist unakzeptabel. Ihr solltet mit den Königsfamilien draußen im Garten sein." macht sie weiter. Der Prinz lächelt sie charmant an und entschuldigt sich bei ihr, woraufhin sie aufhört. "Bitte, Eure Königlichen Hoheiten. Die Könige und Königinnen spazieren am See." Ich nicke und sie verbeugt sich und geht.
"Sie ist sehr aufbrausend." Henry schaut der Donna hinterher und schüttelt den Kopf. "Unsere Kinder bekommen nicht so eine aufbrausende Gouvernante." Ich muss lachen und nicke zustimmend. Wir verlassen den Ballsaal und laufen langsam in Richtung des Gartens.
"Ich möchte dir etwas zeigen." sagt Henry, dreht sich in eine andere Richtung und geht zügig weiter. "Wie du weißt, bekommst du viele Geschenke. Du bist die Braut. Und ich habe gehört, dass du gerne reitest. Das sollte warten, aber.." erklärt er und bleibt vor einem schönen, großen, braunen Hengst stehen. "Er ist..." ich bringe nichts heraus. Ich gehe nur auf ihn zu, und streichle seinen Rücken. "Wollen wir einen Ausritt machen?" schlägt er vor und geht zu einem schwarzen Hengst. "Ja." erwidere ich. Einige Diener kommen mir zur Hilfe, damit ich mit meinem Kleid aufsteigen kann. "Gefällt er dir wirklich?" fragt er und bleibt mit seinem Pferd neben mir stehen. "Ja, sehr." Dabei schnaubt das Pferd leise und ich lehne mich vor, um ihn zwischen seinen Ohren zu kraulen. In einem angenehmen Trab reiten wir an meinen Lieblingsort, uns folgen zwei Wachen. Nach einiger Zeit und einem langen Gespräch über das Land, kommen wir an. Es ist ein Hügel, umgeben von vielen Bäumen und mit einer unglaublichen Aussicht auf das weite Meer.
"Es ist wunderschön hier." flüstert Henry und schaut mich an. "Wirst du das hier vermissen?" fragt er an und mir kommen die Tränen. "Ja." flüstere ich und schaue weg. "Es tut mir leid." entschuldigt er sich. "Ich würde dir das alles ersparen. Es ist schwer von zu Hause wegzugehen." sagt Henry und seufzt. Ich drehe mein Pferd und lächele ihn leicht an. "Bald ist Fensia mein zu Hause und ich bin stolz darauf." Henry erwidert mein Lächeln und fährt sich durch die Locken. "Ich wollte nie heiraten. Als kleines Kind wollte ich einfach nur raus aus dem Schloss und segeln." er blickt wieder zurück auf das Meer. "Aber das sind nur Träume eines kleinen Jungen gewesen. Jetzt werde ich eine wunderschöne Frau heiraten." Dann schaut er mich wieder an und stellt sich mit dem Pferd neben meines. Er nimmt meine Hand und drückt sie leicht. "Ich möchte, dass wir beide ein glückliches Leben haben. Das ist unser Leben und wir leben es jetzt. Du sollst keine Angst vor mir oder vor der Zukunft haben."
Mir steigen wieder Tränen in die Augen und ich nicke nur leicht. "Es ist schon spät. Lass uns zurückreiten."

"Sie sind da!" ruft mein Vater und schaut uns an. Alle sitzen am Esstisch. Mutter mustert mich skeptisch und ich laufe auf meinen Platz. "Entschuldigt uns. Die Prinzessin und ich haben einen kleinen Ausritt gemacht. Es ist wirklich schön hier." schmeichelt Henry meinem Vater und setzt sich. "Das freut mich." erwidert dieser und erwartet auch eine Erklärung von mir. "Entschuldigung." murmele ich und senke meinen Blick. Mein Vater seufzt und wendet sich an das andere Königspaar. "Habt ihr in Fensia auch so schöne Landschaften?"
"Das hoffen wir doch sehr. Hoffentlich ist die Prinzessin damit zufrieden, was wir ihr bieten können." lacht der König. Dann fangen alle an zu essen.

Henry p.o.v.

Nachdem sie ihre Entschuldigung gemurmelt hat, senkt sie ihren Blick. Ihre dunklen, langen Locken fallen ihr ins Gesicht. Noch nie habe ich so eine Schönheit gesehen. Hier ist alles anders. Besonders sie. Nachdem alle gegessen haben, erheben sie sich, und gehen in die Schlafgemächer.

Meines ist ein paar Flure von Annes entfernt. Einige Minuten lang überlege ich ob ich sie kurz besuchen soll. Ich möchte sie wiedersehen. Es ist riskant, aber sie zieht mich an, und ich kann nichts dagegen tun. Ihre Augen und ihre Ausstrahlung sind einfach umwerfend.
Ich warte einen kurzen Moment und dann gehe ich hinaus auf den Flur. 
Als ich in der Nähe ihres Zimmers bin, höre ich ihre Stimme. "Er ist so wunderschön."
Spricht sie von mir? Komischerweise sind auch keine Wachen vor ihrem Zimmer positioniert. Ich gehe näher an ihre Tür heran.
"Er gefällt dir also?" Eine männliche Stimme dringt zu mir durch und ich erschrecke. Ist dort ein Mann bei ihr? Ich reiße die Tür auf, was vermutlich eine dumme Idee war, da man niemals unangekündigt irgendwo reinplatzen sollte. Aber hier geht es um meine Verlobte. Ich sehe Anne in einem Mantel auf einem Sessel vor dem Kamin sitzen. Neben ihr sitzt der Familienfreund Antonio. "Prinz Henry." sagt sie überrascht und steht auf. "Darf ich Euch.. dir meinen besten Freund Antonio vorstellen?" Antonio verbeugt sich tief und Anne muss augenblicklich lächeln. Eifersucht flammt in mir auf. "Setz dich doch zu uns." schlägt sie vor und setzt sich wieder. Die Tür lasse ich offen.

Ich bin sprachlos. Wie leichtfertig sie damit umgeht, dass ein Mann in ihrem Zimmer steht. "Wisst Ihr, Hoheit. Anne und ich kennen uns schon seit unserer Geburt. Meine Mutter war Gräfin und die beste Freundin der Königin. Anne ist wie meine Schwester." erklärt er und schaut sie an. Anne kichert zaghaft und schüttelt ihre langen gewellten Haare zurück. Antonio und ich starren sie an. Sie sieht aus wie ein Engel. "Ich gehe dann mal." sagt Antonio und steht auf. "Gute Nacht, Eure Hoheiten." verabschiedet er sich und geht. Nun sind Anne und ich alleine.
"Er ist nett." sage ich und sie fixiert mich. "Ich hab gesehen, dass du geschockt warst. Er ist wirklich wie ein Bruder für mich. Keine Sorge. Und ich bin schon versprochen." sagt sie und zwinkert. Dann gähnt sie und ich muss lachen. "Und müde."
Sie nickt und steht auf und begleitet mich zur Tür. "Gute Nacht." flüstert sie und ich gehe aus ihrem Zimmer. "Schlaf gut, Prinzessin."



Liebe PrinzessinWhere stories live. Discover now