16. Erfroren

1.4K 84 3
                                    

Den Zaun von vorhin zu überqueren wäre für mich wahrscheinlich unschaffbar gewesen glaub ich, aber zum Glück fand ich doch noch ein kleines Loch, durch das ich gerade so noch durchpasste...

Nun irre ich in den Gassen herum. Niemand ist mehr draußen, wirklich niemand. Ich bin die einzige hier. Es ist kalt und finster... Meine Zähne klappern von diesem Frost und ich habe zugegebener Maßen Angst. Nicht mal mehr in den Häusern brennt Licht. Nur die Straßenlampen erleuchten mir noch den Weg. Das einzige, was zu hören ist, ist das Aufkommen meiner Schuhe auf dem Boden. Ansonsten ist es still. Zumindest sollte es das sein, als plötzlich eine Katze hinter einer Tonne miauend hervor springt! Eine zweite folgt. Beide rennen an mir vorbei.

Atmen. Beruhig dich, Lara! Was soll ich jetzt eigentlich überhaupt noch tun? Ich habe kein Plan und sehe hinauf. Es ist wolkig und frostig... Der Winter naht. Mir ist so eiskalt... Ich atme tief aus und gehe tapfer weiter. Nun entsteht auch hier unten direkt vor meiner Nase eine kleine Wolke, die sich sofort wieder aufzulösen beginnt... Ich bin alleine - oder etwa nicht? Da war doch etwas. Ein Geräusch. Ein Knacken. Es war ganz nah. Es fühlte sich so an, als ob es direkt vor mir gewesen wäre. Mein Puls erhöht sich. Meine Augen weiten sich, obwohl sie eh kaum etwas in der Dunkelheit erkennen können. Meine Achtsamkeit hat nun ihr höchstes Level erreicht. Ich wäre zu allem fähig. Weg rennen oder kämpfen. Ein Schatten. Er huscht vorbei. Schock! Eine Ratte oder so etwas ist an mir vorbei gelaufen... Ein Rabe kräht und auf einmal fühle ich mich von allen Seiten umzingelt. Ich weiß zwar nicht genau was es ist, aber da ist etwas. Das heißt noch etwas. Es ist hier... Da! Ist das Gevatter Tod? Nein. Es ist eine alte Frau, die scheinbar eine Leiche in der Hand hält! Ich schreie! Kreische! Die Frau lässt die Leiche fallen und kreischt auch!

"Um Gottes Willen! Was treibst du Mädchen hier?" Ich kann nicht reden. Ich kann es einfach nicht. Ich realisiere, dass die gute Frau einfach nur den Müll rausgebracht hatte und deswegen eine schwarze Tüte bei sich hatte. "Wo sind deine Eltern?" "Ich weiß nicht..." "Tatsächlich? Was tust du um diese Zeit hier noch? Du müsstest längst zu Hause sein!" "Ich bin weggelaufen..." "Weggelaufen? Ach du meine Güte! Armes Mädchen! Na, komm erstmal rein."

"Komm rein, armes Kind. Du bist ja total abgemagert und blass!" Sie nimmt mich mütterlich in den Arm und trägt mich an den Ofen ihrer Wohnung. Wir kennen uns doch dabei gar nicht? "Wärm dich erstmal auf. Morgen sehen wir weiter." Ich bibbere, dabei würde ich mich so gerne bedanken. Und mir ist so kalt... Egal, das verbrennt die lästigen Kalorien. Sie bringt mir noch eine Decke und ein Kissen. Wow... Wofür habe ich das verdient?

Ich weiß es nicht. Ich muss wohl etwas später eingeschlafen sein, denn am nächsten Tag wachte ich wohlbehalten am selben jenen Ort auf...

Den Tod vor Augen (Magersucht)Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum